Der moderne Nachhaltigkeitsbegriff wurde 1987 von den Vereinten Nationen definiert: Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart erfüllt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Das Prädikat „nachhaltig“ geht ursprünglich aber auf die Forstwirtschaft zurück. Schon seit dem 18. Jahrhundert beschreibt es die Praxis, nur soviel Holz zu schlagen, wie im gleichen Zeitraum nachwachsen kann.
Was wir heute sicher wissen: Es wurde wesentlich mehr Holz geschlagen als nachwachsen kann. Das 1,5-Grad-Ziel wurde in 2024 erstmals überschritten und Beschlüsse, wie zuletzt auf der Klimakonferenz COP29 erscheinen unzureichend, um die globale Erwärmung zu bremsen. Wo die Politik nicht ins Handeln kommt, müssen andere Verantwortung übernehmen; besonders die Textilindustrie, die für rund zehn Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist.
Was wir heute sicher wissen: Es wurde wesentlich mehr Holz geschlagen als nachwachsen kann. Das 1,5-Grad-Ziel wurde in 2024 erstmals überschritten und Beschlüsse, wie zuletzt auf der Klimakonferenz COP29 erscheinen unzureichend, um die globale Erwärmung zu bremsen. Wo die Politik nicht ins Handeln kommt, müssen andere Verantwortung übernehmen; besonders die Textilindustrie, die für rund zehn Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist.
Tatsächlich gibt es aber auch Unternehmen, die diese Verantwortung seit Jahren übernehmen. Allen voran Patagonia: „Unternehmen haben eine moralische Verantwortung, den Planeten zu schützen”, so Gründer Yvon Chouinard. Seit 2022 gehört das Unternehmen der Erde und dient somit nicht den Interessen einzelner Investierender, sondern dem Planeten und der Bekämpfung des Klimawandels. Auf der ISPO Munich hostete Patagonia das Sustainability Hub, um den Wissensaustausch voranzutreiben.
Entgegen der politischen Entwicklungen rund um den Globus belegen unzählige Studien, dass Verbrauchende von Marken erwarten, mehr für den Umweltschutz zu tun. Der Blick der jüngeren Generationen ist geschärft. Sie sind bereit, mehr Geld für wirklich nachhaltige Brands auszugeben und suchen aktiv nach weltverbessernden Geschäftsmodellen.
Besonders wirksam, um diese Gruppe zu erreichen, sei die Kraft der Gemeinsamkeit in Aktion, sind sich Beth Thoren (Patagonia), Hunter Lovins (Natural Capitalism Solutions) und Laura Santucci (Future Economy Forum) sicher. Lovins fordert einen Perspektivwechsel:
Beth Thoren von Patagonia erzählte in diesem Kontext von der beispielhaften Unterstützung einer kleinen kroatischen NGO, die sich für den Schutz wilder Flüsse einsetzt: Über acht Jahre engagierte sich die Brand in Form von Spenden und Briefen an die Regierung. „Unser höchster Wert ist es, die Natur zu schützen“, so Thoren. Patagonia macht immer wieder auf Missstände aufmerksam und unterstützt die Protestbewegung. In Kroatien waren Mitarbeitende und Kundinnen bei Aktionen dabei: „Zusammen haben wir tatsächlich erreichen können, dass die Flüsse bis heute unberührt sind!“
Durchhaltevermögen und eine klare Haltung in Umweltfragen gehörten zum Erfolgsrezept Patagonias, erklärte Thoren. „Vor allem in Amerika liebt man die Brand für diesen Kampfgeist.“ Umweltaktivistin Hunter Lovins untermauerte diesen Eindruck: „Nichts ist wirksamer als die Kraft der Gemeinschaft. Es braucht Jahre, eine treue Community aufzubauen. Du musst hundertprozentig ehrlich sein, über Herausforderungen offen zu sprechen und immer wieder deine Werte betonen.“
Transparenz ist nicht nur im Hinblick auf Kundenbindung das oberste Gebot einer nachhaltigen Wirtschaft. Auch entlang der Lieferkette wird es wortwörtlich zum Gesetz. In der EU gilt seit letztem Jahr eine strenge Sorgfaltspflicht, die in den nächsten Jahren auf die gesamte Textilindustrie ausgeweitet wird. Und auch in Australien gibt es bereits entsprechende Rechtsprechungen.
Doch wie den Durchblick bekommen? „Wir müssen Zulieferern dabei helfen, ihre Angst zu überwinden alle Informationen zu teilen“, sagte Nick Allen, Transparency-Direktor von Patagonia. Langfristige, vertrauenswürdige Beziehungen seien der Schlüssel zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, bestätigte auch Bettina Roth von VAUDE. Als Head of Quality Management & CSR Supply Chain weiß sie um die Herausforderungen, die Lieferketten zu durchleuchten. „Wir wollen unser Wissen mit der Branche teilen und hoffen auf technische Lösungen, um Daten zu erheben, zu sammeln und auszuwerten. Am besten standardisiert.“
Weil das als Wirtschaftsunternehmen gar nicht so einfach ist – Stichwort: Kartellrecht – braucht es gute Partnerschaften. Institutionen wie bluesign technologies sind die Hände nicht gebunden, wenn es darum geht, Datensätze zusammenzuführen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und offenzulegen.
“Den größten Impact hat die Materialverarbeitung”, belegt bluesign CCO Barbara Oswald anhand ihrer Datensätze. Bei bluesign bewertet man Textilien im Hinblick auf Energieaufwand, Rohmaterial, Wasserverbrauch, Chemikalien, Wasserverschmutzung und Müll. Das Siegel soll der (Sport-)Industrie dabei helfen, bessere Materialentscheidungen zu treffen und schließlich Designprozesse, Zulieferungen und Recyclingmaßnahmen nachhaltig zu verändern.
![112624_So hilft die Zusammenarbeit mit bluesign bei der Umsetzung künftiger Gesetze_Zahlen Zahlen](/sites/default/files/styles/content_column_width_phone/public/2024-11/bluesign%20Impact%20Numbers.png?itok=mFkg1ZNO)
Obwohl Recycling gemeinhin als großer Hoffnungsträger gilt, werden aktuell lediglich 15-20 Prozent aller Textilien wiederverwertet – und zeitgleich so viel produziert wie noch nie. Geht es so weiter, wird sich die Menge an Plastik(-Müll) auf der Erde in den nächsten 50 Jahren verdreifachen. Dann schwimmt mehr Plastik in unseren Ozeanen als Fisch.
In der oben erwähnten Netflix-Doku „Buy Now! The Shopping Conspiracy“ (2024) wird das Desaster besonders deutlich. Mithilfe von KI visualisiert der Film die Absurdität der globalen Überproduktion, insbesondere der Textilindustrie, für die der Ex-Adidas-Präsident Eric Liedtke stellvertretend zu Wort kommt: „Wir können nicht länger ignorieren, dass ein Großteil der Kleidung aus Plastik besteht – Plastik, das letztlich in unseren Ozeanen und unseren Lebensmitteln landet. Wir müssen das System von Grund auf neu denken.“
Auch wenn bei Patagonia kein Plastik mehr verarbeitet wird, macht die Materialfertigung noch 90 Prozent des CO2-Fußabdrucks der Brand aus. Wie sich das ändern ließe, zeigten viele gute Vorschläge im Material Hub auf der ISPO Munich – in Form von biobasierte Materialien aus Algen oder Pilzen.
„Wir sind noch ganz am Anfang der Entwicklung biobasierter Materialien für die Textilindustrie“, sagt François Delaunoy von Gecko Components. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass auch High Performance Sportswear in Zukunft aus Algen, Pilzen oder Flachs gefertigt werden kann. In der Automobilbranche sei Biomaterial bereits salonfähig, berichtete eine Trendforscherin und zeigte Beispiele von BMW und Peugeot; Flachs kann so robust sein wie Karbon.
Dagegen eröffnete das Start-Up Kuori aus Zürich mit ihrem elastischen Biomaterial ganz andere Möglichkeiten; es kommt in Form von Pellets und eignet sich zum Beispiel für Schuhsohlen, Reifen oder Griffe – natürlich BPA-frei.
![](/sites/default/files/styles/content_column_width_phone/public/2024-06/4a_Material_Lab_at_outdoorbyISPO_2024_ThomasPlettenberg_0386.jpg?itok=A7zDjw6n)
Jean Marc Dijan von The North Face hat einmal in einem ISPO-Gastbeitrag gesagt, dass nichts kraftvoller zu einem bewussten, nachhaltigen Lifestyle beiträgt, als (sportliche) Naturerlebnisse. Wer erlebt, wie viel die Natur einem gibt, möchte sie bewahren, so einfach sei das.
Können das auch Sportevents bewirken? Der UEFA Nachhaltigkeitsbeauftragte Charles Frémont berichtete vom Sustainability-Konzept der Olympischen Spiele in Paris letztes Jahr. Die Austragungsorte mitten in der Stadt hätten dazu geführt, dass mehr Menschen partizipieren, und die Sportbeteiligung signifikant angestiegen ist. Maßnahmen wie die Säuberung der Seine, vegetarische Foodtrucks und recyceltes Verpackungsmaterial hätten darüber hinaus zur Sensibilisierung der Besucher:innen für einen nachhaltigen Lifestyle beigetragen. Und dass die Sport- und Outdoorbranche per se einen besonderen Anteil zum Umweltschutz und einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung beiträgt, verstärke den positiven Effekt.
Frémont sieht die Zukunft sportlicher Events in kleineren, urbanen Veranstaltungen: „Der Transport, also An- und Abreise von Sportler:innen und Publikum sind der klimaschädlichste Faktor.“ Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, beweist die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2034 nach Saudi Arabien. Doch weder die FIFA noch Donald Trump oder Elon Musk können die Motivation einer vorwiegend jungen, aktiven Unternehmer:innen-Generation, trüben, die gerne alles dafür gibt, kroatische Wildflüsse zu schützen. Auf der nächsten Outdoor sind sie mit Sicherheit ein kleines Stück weiter.
Die Diskussion über Nachhaltigkeit zeigt: Unternehmen müssen handeln, um echte Veränderungen voranzutreiben. Die Sport- und Textilindustrie setzt zunehmend auf innovative Lösungen, um Nachhaltigkeit glaubwürdig zu leben.
- Transparenz als Schlüssel: Klare Lieferketten und offene Kommunikation sind essenziell, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu schaffen.
- Kreislaufwirtschaft vorantreiben: Recycling allein reicht nicht – es braucht langlebige, nachhaltige Materialien und ressourcenschonende Produktionsprozesse.
- Nachhaltige Geschäftsmodelle sind gefragt: Verbraucher:innen, besonders die junge Generation, bevorzugen Marken, die Verantwortung übernehmen und echte Lösungen bieten.
- Gemeinschaftliche Verantwortung: Unternehmen, Konsument:innen und Politik müssen zusammenarbeiten, um den Wandel in der Wirtschaft voranzutreiben.
- Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor: Wer langfristig bestehen will, muss Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie verankern.
- Sports Business5 Stimmen über Trumps Verbot von Transgender-Frauen im Sport
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