6 Stunden, 41 Minuten und 20 Sekunden – so viel Zeit verbringt ein Mitglied der Gen Z, also ein Mensch zwischen 15 und 27 Jahren, in Deutschland täglich vor diversen Bildschirmen. Solch ein digitales Verhalten der Jugend führt zu Ergebnissen wie jenen, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2022 in ihrem „Global Status Report on Physical Activity“ bekannt gab: 81 Prozent der Jugendlichen erreichen derzeit nicht das von der WHO empfohlene Maß an körperlicher Aktivität. Dabei kann Bewegungsmangel zu extremen Gesundheitsschäden führen, die sich bereits heute in der Gesellschaft bemerkbar machen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Depressionen, Demenz und weitere fatale gesundheitliche Folgen werden durch zu wenig Bewegung begünstigt. Sollte sich an dieser Entwicklung nichts ändern, werde die Behandlung der wegen Bewegungsmangel erkrankten Menschen laut WHO bis 2030 etwa 300 Milliarden US-Dollar kosten.
ISPO Munich Premiere: GameChanger Sports Hub
Besucher*innen der ISPO Munich konnten 2023 zum ersten Mal den GameChanger Sports Hub erleben. Das Konzept, das von Force of Disruption entwickelt wurde: Kreative und digitale Innovationen fördern, die unsere Gesellschaft wieder in Bewegung bringen. Neben Vorträgen zu Gamification im Sport und Debatten zum Thema eSports konnten auch digitale Sportkonzepte live vor Ort getestet werden. Ein Highlight des GameChanger-Programms bildeten die Workshops, in denen Expert*innen der Branche gemeinsam mit Nachwuchs-Talenten kreative Lösungen für die Herausforderungen der Sportbranche entwickelten.
In einer Welt, die von modernen Annehmlichkeiten und digitalen Bequemlichkeiten geprägt ist, steht die steigende Inaktivität als eine der maßgeblichen Herausforderungen für die Gesundheit unserer Gesellschaft im Fokus. Der heutige, digitale Lebensstil begünstigt vermehrt sitzende Tätigkeiten – sei es am Arbeitsplatz, während des Pendelns oder in der Freizeit. Dieses bequeme, aber zunehmend inaktive Leben hat weitreichende Konsequenzen für unsere körperliche und geistige Gesundheit.
Wie können wir lernen, gesund in einer digitalisierten Welt zu leben? Können wir die Digitalisierung sogar nutzen, um als Gesellschaft wieder gesünder zu werden? Die Teilnehmenden des Hackathons im GameChanger Sports Hubs der ISPO Munich 2023 haben sich diesen Fragen gestellt.
Schnell war klar: Die Integration von Bewegung in den Alltag ist entscheidend für eine nachhaltige Veränderung hin zu einem aktiveren Lebensstil. Moderne Technologien bieten hierzu nicht nur innovative Lösungen, sondern auch die Möglichkeit, Menschen auf neue Weise zu motivieren. Digitale Technologien wie Wearables, Fitness-Apps, virtuelle Realität, Online-Communitys, Challenge-Plattformen und soziale Medien können als Werkzeuge dienen, um unsere täglichen Routinen aktivitätsfreundlicher zu gestalten. Die Digitalisierung eröffnet somit einen Weg, Menschen wieder zu einem aktiven Lebensstil zu inspirieren und ihre Gesundheit positiv zu beeinflussen.
Die Teilnehmenden des Workshops „Digitalisierung im Sport“ haben schließlich fünf Forderungen an die Branche entwickelt, die dafür sorgen sollen, wieder mehr Menschen in Bewegung zu bringen.
1. Digitale Bildungsansätze bauen und fördern
Die Förderung von Bewegung erfordert nicht nur die Bereitstellung von Technologien, sondern auch eine umfassende Bildung und Aufklärung über deren Nutzung. Eine Verbindung von Technologie mit analogen Bildungsaktivitäten, wie etwa dem Sportunterricht an Schulen, kann jugendliche Bewegungsmuffel dort abholen, wo sie jeden Tag sind. Die Verbindung von Technologie und Bildung schafft somit eine Grundlage für langfristige Veränderungen im Verhalten.
2. ESG-Kriterien für Digitalisierung
Für einige Institutionen der Sportbranche, beispielsweise kleinere Vereine, kann die Digitalisierung ihres Angebots hohe Kosten verursachen, die ihre Existenz bedrohen. Dabei sind sie ein essenzieller Bestandteil unserer Gesellschaft und damit auch des Sports. Die Teilnehmenden des Workshops schlagen deshalb die Entwicklung eines „ESG-artigen-Kriteriums“ für Digitalisierung im Sport vor, um für mehr finanzielle Unterstützung in diesem wichtigen Bereich zu sorgen.
3. Digitale Ansätze für mehr Inklusion und weniger Einstiegshürden
Vielen Menschen fehlt Zugang zu einem Sport, der sie wirklich begeistert. Die Digitalisierung kann dabei helfen, eventuelle Einstiegshürden zu beseitigen: Mit Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) können Sportarten realitätsgetreu simuliert, Kontakte zu Communitys erleichtert oder neue Umweltbegebenheiten geschaffen werden. Virtuelle Umgebungen ermöglichen es den Menschen, sich in faszinierenden Landschaften zu bewegen oder an interaktiven Fitnesskursen teilzunehmen, ohne das Haus zu verlassen. Durch diese immersiven Erlebnisse werden Bewegung und Unterhaltung miteinander verschmolzen, was dazu beiträgt, Hürden für den Zugang zu Fitnessaktivitäten zu überwinden.
4. Gamification als Motivationsansatz
Die Integration spielerischer Elemente, auch als Gamification bekannt, hat sich als erfolgreiche Methode erwiesen, um Menschen zur Bewegung zu animieren. Fitness-Apps und Plattformen nutzen Belohnungssysteme, Herausforderungen und virtuelle Abzeichen, um ein spielerisches Element in den Aktivitätsalltag zu integrieren. Die Idee, körperliche Aktivität als unterhaltsame Herausforderung zu präsentieren, kann verschiedene Altersgruppen ansprechen und eine positive Einstellung gegenüber Bewegung fördern.
5. Nachhaltige Modernisierung der Branche
Die Teilnehmenden des Workshops „Digitalisierung im Sport“ erkennen die dringende Notwendigkeit einer nachhaltigen Modernisierung der Sportbranche an. In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen und der sich verändernden gesellschaftlichen Ansprüche muss die Sportbranche eine Vorreiterrolle in Bezug auf Nachhaltigkeit und zukunftsweisende Technologien einnehmen. Dies bedeutet, digitale Technologien wie Smart-Technologien, datengetriebene Analysen und künstliche Intelligenz auszubauen, um effizientere Prozesse zu gewährleisten, sowie soziale Verantwortung, Transparenz und Bildung zu fördern.
Doch auch Menschen, die aktiv Sport treiben möchten, stehen zuweilen vor Problemen. Seit über zehn Jahren nimmt die Zahl der Sportvereine in Deutschland konstant ab, vor allem auf dem Land ist die Sportversorgung der Jugend sehr gefährdet. In einem weiteren Workshop betrachteten die Teilnehmenden deshalb gemeinsam mit zwei Expert*innen das deutsche Vereinsleben, das sich spätestens seit der Corona-Pandemie mit einer Vielzahl an Problemen konfrontiert sieht: steigende Energiekosten, Inflation, weniger ehrenamtliche Helfer*innen, Generationswechsel, Konsolidierung der Sportlandschaft auf wenige, große Vereine im urbanen Raum usw.
Während Fitnessstudios und andere kommerzielle Sportanbieter mit glänzenden Social-Media-Kampagnen und Influencern junge Menschen anlocken, kämpfen viele traditionelle Sportvereine mit medialer Aufmerksamkeit. Ihre Online-Präsenz ist oft spärlich, ihre Botschaften verhallen ungehört in der digitalen Wüste. Die Herausforderung, sich neu zu erfinden und die jüngere Generation dort abzuholen, wo sie steht, kann für diese Sportvereine zur Überlebensfrage werden.
Die Teilnehmenden des Workshops erarbeiteten Lösungsansätze zu den genannten Herausforderungen und gossen sie in einen Vier-Punkte-Plan:
1. Vereinskultur fördern
Vereinsarbeit wird für junge Leute attraktiver gestaltet, indem man es nicht nur als Verpflichtung, sondern als Chance zur persönlichen und gemeinschaftlichen Entwicklung präsentiert. Mit finanziellen Anreizen, Anerkennung und einem starken Gemeinschaftsgefühl werden junge Menschen ermutigt, sich ehrenamtlich zu engagieren. Dieser frische Ansatz verwandelt das traditionelle Bild des Ehrenamts in ein lebendiges und lohnendes Engagement, das junge Talente anzieht und die Zukunft der Vereine sichert.
2. Kommunikation modernisieren
Vereins-Influencer werden zu den neuen Gesichtern und Stimmen, die den Sportverein in die Zukunft tragen. Engagierte Jugendliche bringen frischen Wind in die Online-Präsenz der Vereine, nutzen Instagram, TikTok und andere Plattformen, um authentische, lebendige Geschichten aus dem Vereinsleben zu erzählen. Mit ihrem Enthusiasmus und ihrer Kreativität verwandeln sie die Vereine in dynamische, digitale Gemeinschaften, die weit über die Grenzen des Sportplatzes hinausreichen.
3. Verbesserung interner Faktoren
Eine landesweite digitale Plattform, die alle Sportverbände und Vereine miteinander vernetzt. Diese Innovation vereinfacht bürokratische Prozesse und macht Förderungsanträge zugänglicher. Sie eröffnet eine neue Ära der Effizienz und Einheitlichkeit, in der Informationen und Ressourcen nahtlos fließen. Dieser digitale Knotenpunkt ist nicht nur ein Werkzeug der Verwaltung, sondern auch ein Symbol für die moderne und vernetzte Zukunft des Sports.
4. Verbesserung externer Faktoren
Eine verstärkte finanzielle Unterstützung für den Breitensport setzt ein klares Zeichen für die systemische Relevanz von Sportvereinen. Gleichzeitig werden Vereinsstrukturen und -prozesse optimiert, um zeitgemäße, effiziente und inklusive Abläufe zu schaffen. Diese Reformen zielen darauf ab, die Vereine an die moderne Gesellschaft anzupassen, den Generationswechsel zu erleichtern und eine neue Ära der Sportvereinskultur einzuleiten.
In Anbetracht der gemeinsamen Überzeugung und dem starken Engagement aller Workshop-Teilnehmenden des GameChanger Hackathons für eine nachhaltige Modernisierung der Sportbranche sollen die erarbeiteten Forderungen Sportorganisationen, -vereine und -veranstalter ermutigen, gemeinsam den Weg zu einer innovativen und sozial verantwortlichen Sportbranche zu ebnen.
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