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Walter Martin/unsplash.com
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Sportbusiness/13.06.2024

Monitoring – Wie sich zirkuläre Lieferketten verfolgen lassen

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„Nachhaltigkeit ist zum Standard geworden und bei allen Gewinner*innen auf die ein oder andere Weise gegeben”, schreiben die Kolleg*innen über die Textrends auf der OutDoor 2024. Aber was heißt das genau? Irgendwelche Kennzahlen auf Produktlabels, nette Leitsprüche auf den „Unsere Werte”-Landingpages der Brands und undurchsichtige Recycling-Angebote? So schön die Fülle an Ideen ist, so gefährlich ist der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Nachhaltigkeit” auch. Er wird langsam aber sicher abgewertet und letztendlich unglaubwürdig, Stichwort: Greenwashing.

Circularity 2.0 – Wie zirkulär sind eure Lieferketten wirklich?

Sicher trifft es zum Großteil zu, dass die Outdoor-Branche ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit ist. Es herrscht Konsens, dass zirkuläre Lieferketten die Lösung vieler Probleme sein könnten. Doch wie erreichen wir damit tatsächlich Net Zero? Was sind die wirklich wichtigen nächsten Schritte?

Sorry to say: Ohne harte Fakten und Zahlen wird es nicht gehen. Monitoring ist das Thema der Stunde. Wie unspaßig, oder? Ein Glück, dass einige Branchenexpert*innen schon richtig gute Methoden und Technologien entwickelt haben, um die Umweltauswirkungen zirkulärer Lieferketten zu messen. Auf der OutDoor gab’s nicht nur motivierende Impulse, sondern auch Monitoring-Tools, mit denen ihr sofort loslegen könnt.

Das beste Tool: Die Lifecycle-Analyse

“Du musst Detektiv spielen und so viele Daten sammeln, wie möglich”, sagt Bowie Willis auf der OutDoor 2024. Die Textildesignerin hat sich zur Expertin für LCAs weitergebildet, um die Umweltauswirkungen im Lebenszyklus eines Produktes besser zu verstehen und sichtbar zu machen, an welchen Stellschrauben zu drehen ist, um Emissionen zu reduzieren. 

Das erfordert Durchhaltevermögen, lohne sich aber in jedem Fall, sagt Willis. LCAs seien das beste Tool, um proaktiv zu werden: Hotspots im Lebenszyklus eines Produktes zu identifizieren und dann zu handeln.

Zum Lebenszyklus eines Produkts gehören: 

  • Rohmaterial
  • Fabrikation
  • Transport
  • Verwendung
  • eventuelles Recycling
  • Entsorgung

Wie an die Daten kommen?

Fangen wir vorne an. Schon in der Lieferkette gibt es unendlich viele Datenlücken zu füllen. Wer weiß schon so ganz genau, welchen Kraftstoff der Farbstoff-Zulieferer des Garn-Fabrikanten tankt? Und in welches Fahrzeug überhaupt? 

Weil man es bei Ortovox genau wissen will, hat ein Team im Rahmen der ProtACT Academy innerhalb eines Jahres ein eigenes Supply Chain Monitoring Konzept entwickelt. Mittels Fragebogen werden alle Beteiligten der Lieferkette einmal im Jahr zur Auskunft gebeten. Die Auswertung erfolgt anhand von Zertifikaten wie zum Beispiel OEKO TEX, Higg FSLM verified oder bluesign. Die Einstufung in eine der drei Kategorien, die bei Ortovox für eine Zusammenarbeit infrage kommen, erfolgt auch anhand sozialer Faktoren wie den Arbeitsbedingungen, Zeiten und Löhnen.

„Die lückenlose Lieferketten-Information ermöglicht eine viel bessere Dokumentation und somit ein deutlich besseres Risiko-Management. Unsere Lieferketten sind transparent und der Workload geringer”, berichtet das Team um Chemical Managerin Anna Mack. Das Monitoring-Tool ist für alle zugänglich und darf gerne genutzt werden. Am 4. Juli 2024 gibt es dazu ein Webinar der ProtACT Academy via European Outdoor Group.

Kritische Phasen und Textil-Recycling als Gamechanger

So sinnvoll eine lückenlose Information der Lieferketten ist – es habe sich gezeigt, dass vor allem die Verwendung und das Lebensende die kritischen Phasen eines Produkts darstellen, berichtet Bowie Willis. Um hier etwas besser zu machen, ist Recycling unausweichlich. 

Konkrete Learnings und Ergebnisse dazu gab’s auf der OutDoor 2024 von Martha Willis vom Textilrecycling-Projekt Accelerating Circularity. Das Nonprofit-Unternehmen recycelte in den vergangenen Jahren 72 Tonnen Textilien aus der EU und den USA. Heraus kamen 27,5 Tonnen recycelte Baumwolle und recyceltes Polyester.

Besonders herausfordernd sei dabei die Vorbereitung gewesen, erzählt Martha im Vortrag. Analyse und Sortierung der Textilien seien die größten Zeitfresser im Prozess. Auch die Logistik in der EU ist kompliziert und will gut und früh geplant sein. Außerdem berichtet sie von viel Überzeugungsarbeit, weil Recycling in der Branche immer noch stigmatisiert werde. Wer noch Argumente dagegen braucht, findet mit dem kostenlosen Playbook von Accelerating Circularity eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Einstieg in ein zirkuläres Geschäftsmodell.

Materialzirkularität muss alles mit einbeziehen

„Ich wünsche mir, dass wir mit der Überwachung unserer Materialzirkularität genauso präzise werden, wie mit der Überwachung unserer Finanzen”, sagt David Quass von der VF Cooperation. Er widmet sich seit Jahren der nachhaltigen Transformation und vor allem der Frage: Wie lässt sie sich tracken?

Ein wichtiges Mittel dafür sind die Circular Transition Indicators, open source KPIs vom WBCSD für Kreislaufsysteme in der Textilbranche. In der VF Cooperation werden sie auf den Sport- und Outdoorsektor angewendet, um Firmen wie The North Face, Eastpak, Vans oder Napapijri zu beraten. North Face Renewed oder der Eastpak Slogan „Built to last” sind Ergebnisse dieser Synergien.  

Quass vergleicht den Prozess mit dem Turmbau zu Babel: Alle müssen die gleiche Sprache sprechen, den gleichen Wissensstand haben und dasselbe Ziel vor Augen, damit wir Net Zero tatsächlich erreichen. In der Lieferkette, in der Produktion, im Design, im Gebrauch und auch in der Verwertung unserer Produkte.

„Es wird nicht perfekt sein – niemals!”

Bowie Willis wollte im Speakers Corner auf der OutDoor 2024 um jeden Preis Berührungsängste mit Monitoring-Tools abbauen. Sie berichte aus eigener Erfahrung, wenn sie von der Abneigung gegen ellenlange Excel-Listen spreche. Es führe aber kein Weg daran vorbei: „Wir wachsen nur, wenn wir lernen.” Alle müssten am Ende lernen, mit den Daten umzugehen, sagt sie in ihrem Panel-Talk. 

Besonders plausibel war ihr Anstoß, bei der Analyse mit Inhalten, nicht mit fertigen Produkten zu arbeiten. Ähnlich wie beim Backen: Was lässt sich aus Mehl, Butter, Zucker und Eiern alles machen! Bereits kleine Veränderungen in der Menge oder der Verarbeitung der Zutaten führen zu ganz anderen Ergebnissen. Zum Gelingen braucht es lediglich gute Basisinformationen: Sehr genaue Daten, direkt von Anfang an eines jeden Lebenszyklus unserer Produkte.

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