In den verschiedenen Vorträgen wurde nochmal ganz klar, was wir alle schon lange wissen: Corona tat uns nicht gut. Vor allem auch unserer psychischen Gesundheit nicht. Die Isolation, Einschränkungen und Ungewissheit während der Pandemie haben bei vielen Spuren hinterlassen.
Glücklicherweise wird dem Thema Mental Health eine immer größere Bühne geboten.
In der Keynote „Coaching 2.0“ mit Fokus auf mentaler Gesundheit gab Ireen Wüst, ehemalige niederländische Eisschnellläuferin, persönliche Einblicke, wie sich die Wahrnehmung psychischer Gesundheit im Sport verändert hat. Sie erzählte von ihren Erfahrungen mit Psychotherapie und wie sich dies von einem Tabuthema zu einem anerkannten Teil ihrer Trainingsroutine entwickelte.
„Früher ist man nicht zu einem Psychologen gegangen. Natürlich ging man zu einem Physiotherapeuten oder Orthopäden, aber für die psychische Gesundheit tat man das nicht. Als ich mit der Psychotherapie anfing, hatte ich also Angst, in die Öffentlichkeit zu gehen. Ich bin nach Feierabend durch die Hintertür zu meinem Psychologen gegangen, um mit ihm zu sprechen. Aber am Ende meiner Karriere war es ganz natürlich, dorthin zu gehen, denn man wollte Leistung bringen und brauchte daher auch eine gute geistige Leistung.“
Viele Menschen haben während der Pandemie einen weiteren Ausweg gefunden, erklärte Rudy Trobrillant, Brand Consultant und Ambassador bei HOKA, im Panel „Wie die psychische Gesundheit neue Outdoor-Erfahrungen erfordert“:
„Mit der Pandemie wollten die Menschen experimentieren und rausgehen. Viele verschiedene Sportarten wie Wandern, Klettern und Trailrunning wurden immer beliebter. Die Menschen wollten nicht nur in den Städten laufen, sondern auch die Natur sehen und mit ihr verbunden sein.“
Was das nun für Brands bedeutet? Die müssen jetzt auf die veränderten Anforderungen der Konsument*innen reagieren. Im Fokus steht vor allem, Outdoor für mehr Menschen erlebbar zu machen. Sei es durch funktionelle und gleichzeitig stylische Produkte, die das Draußen alltagstauglich oder nahbarer machen oder durch inklusive Angebote, erklärte Marco Cassanmagnano, Head of Communication bei Oakley:
„Eines der Dinge, die wir ganz praktisch tun, ist, die Menschen in die freie Natur zu bringen. Wir haben eine Plattform mit dem Namen ‚Community Days‘, auf der wir Veranstaltungen auf der ganzen Welt durchführen. Wir bringen Menschen auf den Berg, in den Schnee, und lassen sie etwas erleben, das sich unerreichbar oder schwierig anfühlt.“
Die soziale Verantwortung von Brands hört hier jedoch nicht auf, so Patrick Seitter, Leitung Kongresse & Akademie, ESB Marketing Netzwerk in seinem Vortrag „ISPO meets top sports: New Deal: Sponsoring und soziale Verantwortung“.
„Sport schreibt die besten Geschichten“, erklärte der Experte und brachte den Zuhörer*innen nahe, dass Brands im Bereich des Sportmarketings genau diese Aufgabe haben: Diese Geschichten auch zu erzählen. Warum? Die Sportförderung in Deutschland ist immer noch ausbaufähig, was Sportsponsoring umso wichtiger macht. Brands achten bei der Auswahl von Sponsoring-Möglichkeiten auf drei KPIs: Brand Experience/Purpose (70 %), Community (45 %), Conversion (20 %). Und so richten sich Unternehmen häufig an bereits große Influencer, um diese zu sponsern. Das macht Sportmarketing reaktiv.
Patrick Seitters Appell an Publikum und Brands: Sportmarketing muss proaktiv werden und Menschen fördern, an die man glaubt und die zur Brand passen, die aber noch nicht unbedingt bekannt sind. Es ist unsere Verantwortung, die Geschichten von Sportler*innen zu erzählen, die es verdienen.
Und wer erzählt diese Geschichten? All die Menschen, die hinter den Kulissen der großen Brands stehen. Und welche Rolle spielt Work-Life-Balance für diese? Marco Grund, Gesundheits- und Leistungscoach & freiberuflicher Dozent, verriet in seiner Keynote zu „Employee-Wellbeing mit ‚Balanced Performance‘: Wie eine gesunde Führung junge Talente anzieht und bindet“, dass er den Begriff Work-Life-Balance meide, „denn [er] habe nur ein Leben, und die Arbeit ist ein Teil davon.“ Und recht hat er. Gerade, wenn man einen Blick auf die Prioritäten der nachfolgenden Generation wirft. Denn die sehen das ähnlich, sogar noch strenger. Für 70 % der jungen Arbeitnehmer*innen ist die Bedeutung von Gesundheit am Arbeitsplatz ein wichtiges Kriterium bei der Wahl eines Arbeitgebers. Warum?
Die Anforderungen nehmen sowohl in der Arbeitswelt als auch im Privatleben stetig zu. Zum einen ist die Komplexität der Arbeitsaufgaben als auch der privaten Beziehungen angestiegen. Zum anderen verändert sich unsere Welt immer schneller und entwickelt Eigendynamiken, die sich unserer Kontrolle entziehen, wie etwa die Erderwärmung oder die Finanzkrise. Diese Mischung aus wachsender Dynamik und Komplexität bringt einige Herausforderungen mit sich und wird als „Dynaxity“ oder „Dynaxität“ bezeichnet. Und das stresst die Menschen immer mehr.
Eine Lösung stellte Marco Grund in seiner Keynote mit dem Konzept der „Balanced Performance“ vor. Das bedeutet vor allem für Führungskräfte:
- Zuhören und nicht nur reden
- Vertrauen zu den Mitarbeitenden aufbauen bzw. das Vertrauen der Mitarbeitenden gewinnen
- Sicherheit und Orientierung geben
- Das Team befähigen
Während sich bei uns Unternehmen auf die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen fokussieren können, sehen wir in anderen Teilen der Welt ein ganz anderes Problem. Das zeigten Dr. Anne-Marie La Rosa, Shafiqul Islam und Martine Riblan, die sich in ihrem Panel Talk die Frage stellen: „Sind Arbeitnehmer*innen in Bangladesch gut gegen arbeitsbedingte Verletzungen geschützt?“ Die Antwort ist so simpel, wie traurig: Nein.
Selbst 10 Jahre nach der tragischen Rana-Plaza-Katastrophe besitzt Bangladesch als einziges der 20 wichtigsten Exportländern für Konfektionskleidung (RMG) keinerlei Form von Sozialversicherung, auch nicht für arbeitsbedingte Verletzungen.
Auf der ISPO Munich 2023 wurde eine Lösung vorgestellt: der EIS-Pilot (Employment Injury Scheme). Eine transformative Initiative, deren Vision der nationale Wandel hin zu einem umfassenden Schutzsystem mit wirksamen Abhilfemaßnahmen ist. Die Aufgabe des Pilotprojektes: Bei dauerhaft arbeitsunfähigen Personen nimmt das Programm eine Entschädigungszahlung vor und unterstützt ebenfalls die Angehörigen verstorbener Arbeitnehmer*innen. Und das für alle 4 Millionen Angestellten der exportorientierten Bekleidungsindustrie von Bangladesch.
Wie das möglich wird? Durch freiwillige Beiträge von teilnehmenden Marken. Puma, Montagne oder die Oberalp Group gehen bereits mit gutem Beispiel voran und unterstützen das Pilotprojekt. Für Martine Riblan, Sustainability Specialist Oberalp, ist das „ein No-Brainer“, er geht als Vorbild für andere Brands voran:
„Wir haben uns entschieden, weil wir sehr an die Tatsache glauben, dass wir auch eine Verantwortung haben, was unsere Quellen und Entscheidung angeht, aber auch, weil wir wirklich am Wohlergehen der Arbeiter*innen interessiert sind.“
Von der Näherin in Bangladesh über die Angestellten in den Offices und gesponsorten Athlet*innen bis hin zum Kunden müssen Brands ihre Verantwortung für das Wohlergehen leben. Also: Auf das Bedürfnis der Kund*innen hören, Mitarbeiter*innen stärken und Teil von EIS-Pilot werden!
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