Treffen sich vier Führungskräfte großer Sportmarken auf der Bühne der ISPO Academy, herrscht nicht immer Einigkeit. Und das ist gut so: Denn das Ergebnis ist kein Streit, sondern eine Ideensammlung, die andere inspirieren dürfte. Zum ersten Panel Talk der Textilwirtschaft lud die Redaktion der Fachzeitschrift vier Chefs bekannter Marken ein:
- Erman Aykurt, Creative Lead Gore Wear
- Oliver Pabst, CEO Mammut
- Christian Schneidermeier, CEO Ortovox
- Dennis Schröder, General Manager bei 11 Teamsports
Textilwirtschaft-Redakteurin Mara Javorovic moderierte die 45-minütige Veranstaltung vor zahlreichen Zuschauern.
Wer ist der Kopf?
Der 46-Jährige ist erst seit November 2019 Creative Leader bei Gore Wear. Der Radfahrer brachte 20 Jahre Sport- und Modebranchenerfahrung ins Unternehmen, ist unter anderem für Kommunikation und Storytelling zuständig und will Gore Wear „emotional erlebbar machen“.
Wer sind die Kunden?
„Unsere idealen Kunden sind Ausdauerathleten, die sich sportliche Ziele setzen“, sagt Aykurt. „Sie sind auf unsere Produkte angewiesen, weil diese ihnen das Training bei jedem Wetter ermöglichen.“
Was ist das Ziel?
„Auf der emotionalen Ebene hat Ausdauersport auch mit Leiden zu tun“, sagt Aykurt. „Bei widrigen Bedingungen zu trainieren und dann erleichtert zu sein, wenn man es geschafft hat – damit kann ich mich als passionierter Radfahrer identifizieren. Diese Erfahrungen, die wir selbst im Sport machen, möchten wir an unsere Kunden weitergeben – und wünschen uns im Gegenzug, dass sie uns ihre Emotionen beim Sport ehrlich zurückfüttern.“
Wie spricht das Unternehmen die Kunden an?
„Neben den klassischen Social-Media-Kanälen kommt bei uns noch Strava hinzu. Die App können wir toll bespielen.“
Wer ist der Kopf?
Bergsteigen und Mountainbiken, Klettersteig und Tiefschnee – der Geschäftsführer der 1980 gegründeten Marke ist wie seine Kunden ständig draußen. „Die schönsten Bergerlebnisse habe ich, wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin“, sagt Schneidermeier, dessen Hausberg der Heuberg im Inntal ist.
Wer sind die Kunden?
Wer Ortovox kauft, geht raus in die Berge. „In Eis und Fels lauern Gefahren“, sagt Schneidermeier. „Wir geben den Leuten das Equipment dafür und wollen ihnen sagen: Es macht Spaß draußen – mit der richtigen Ausrüstung.“
Was ist das Ziel?
Ortovox ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, „alle 80 Millionen Deutsche wollen wir aber gar nicht ansprechen“, so Schneidermeier. „Wir sollten jetzt nicht gierig werden, denn wir wollen gar keine Massenmarke werden. Wir sind speziell und wollen das bleiben.“
Nachhaltigkeit und Sicherheit im Bergsport seien Ortovox wichtig. „Die Denkweise, dass nachhaltige Produkte teurer sind, kann ich aber nicht unterstützen“, sagt Schneidermeier. „Diese Diskussion ist nicht richtig. Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit zur Normalität wird und wir alle an einem Strang ziehen. Nur dann können wir die Kurve noch kriegen.“
Wie spricht das Unternehmen die Kunden an?
„Die Aufregung war groß, als wir letztes Jahr unseren eigenen Webshop angekündigt haben. Wir sind als treuer Handelspartner bekannt und das soll auch so bleiben“, sagt Schneidermeier. „Doch unsere Fanbasis wächst und damit ist die Erwartungshaltung der Kunden gestiegen. Ihnen möchten wir es mit gutem Service so einfach wie möglich machen.“
Sicherheit sei in dem Unternehmen, das mit dem Verkauf von Lawinenverschüttetensuchgeräten begann, ein wichtiges Thema. „Wir haben etwa eine Skitouren-App und eine Safety-Academy.“
Die Social-Media-Strategien der Konkurrenz gehen dem CEO aber manchmal zu weit: „Ich sitze nicht Tag und Nacht da und überlege, wie wir unsere Kunden erreichen. Ortovox hat keine wissenschaftlichen Analysen und Modelle dazu. Wir machen, was uns Spaß macht, und dann kommen die Kunden zu uns – wir müssen uns ihnen nicht aufdrängen. Wir wollen keinen eSport, wir wollen raus in den Schnee, in die Natur.“
Wer ist der Kopf?
Der Chef des 2007 in Crailsheim gegründeten Unternehmens kam 2017 von Nike zum Fußball-Onlineshop. Zuvor arbeitete er fünf Jahre lang bei Puma und für Fortuna Düsseldorf. Sein Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln schloss Schröder 2007 als Diplom-Sportökonom ab.
Wer sind die Kunden?
„Unsere Kunden sind Bundesligisten wie der FC Augsburg, der VfL Bochum, der VfL Wolfsburg oder der 1. FC Heidenheim“, so Schröder. „Wir statten aber auch kleine Vereine mit Trikots aus.“
Was ist das Ziel?
Teamsport sei das USP des Unternehmens und ein sehr persönliches Geschäft, sagt Schröder. „Dass wir vergleichsweise wenige Marken haben, könnte man negativ sehen, weil wir stärker von jeder einzelnen abhängig sind. Das Gute daran ist aber, dass wir dieselbe Botschaft wie diese Marken an den Kunden herantragen – und das wiederum wirkt sich positiv auf unsere Zusammenarbeit mit den Brands aus.“
Zwei ähnliche Sichtweisen, findet Schröder, „verbinden eben eher, als dass sie sich abstoßen“. Auch in Zukunft will 11 Teamsports den Amateursport hervorheben. „Das ist ein riesiges Publikum, das ganz andere Geschichten liefert als der Profisport. Da sind wir anderen einen Schritt voraus.“
Wie spricht das Unternehmen die Kunden an?
„Facebook und Instagram sind für uns beide relevant. Zukünftig werden wir auch Tiktok bespielen“, so Schröder. „Weil es bei uns weniger um Reichweite, sondern um Interaktion geht, ist eSports ein großes Thema. Das ist auch viel Trial and Error, aber ich kann daraus sehr gut lernen, wie ich unsere Zielgruppe am besten anspreche. Das gilt vor allem für die jüngeren Konsumenten.“
Social Media, so Schröder sei für Marken allerdings nur interessant, wenn man die Kommunikation der User auch verfolge und diese Informationen nutze.
Wer ist der Kopf?
Seit September 2016 ist Pabst der CEO des Schweizer Bergsportausrüsters. Von Willy Bogner kam der promovierte Wirtschaftswissenschaftler zu Mammut und hat ein klares Ziel: Er will das 1862 gegründete Unternehmen zum Digital Leader der Outdoorbranche machen.
Wer sind die Kunden?
Mammuts Kunden brauchen Bergsport-, Kletter- und Outdoorausrüstung, weil sie in die Berge gehen. Ihre Aktivitäten sind anspruchsvoll, denn sie brauchen dafür Seile, Stirnlampen, Klettergurte oder Kleidung für große Höhen.
Was ist das Ziel?
Sich selbst treu zu bleiben sei das Wichtigste für eine Marke, findet Pabst. „Mammut hat das Bergseil erfunden und daran halten wir uns fest.“ Die Auswahl der Handelspartner sei zudem entscheidend für den Erfolg, so der CEO.
„Wir fragen uns zuerst, wo wir als Marke hinwollen und wie der jeweilige Handelspartner das widerspiegelt. Dann müssen wir wissen, welche Kunden wir ansprechen wollen und welche der Händler will. Nur wenn alles zusammenpasst, gehen wir gemeinsam voran und motivieren unsere Kunden.“
Wie spricht das Unternehmen die Kunden an?
CEO Oliver Pabst will unter anderem „über das Produkt zum Kunden kommen“, indem er die Ausrüstung digitalisiert. „In ausgewählten Produkten integrieren wir einen NFC-Chip, den die Kunden mit dem Smartphone ansprechen können, woraufhin sich unsere App öffnet.“ Pabst gibt zu: „Das war eine provokante Idee.“ Denn der Chip trägt eine ID, die Mammut nur einmal vergibt. „So ist das Produkt wie ein Personalausweis einzigartig – so einzigartig wie der Mensch, der es trägt“, so Pabst.
30.000 Teile hat Mammut laut Pabst zum Start 2019 gechipt, in der darauffolgenden Saison waren es gleich doppelt so viele. Alles über die Kunden wisse Mammut damit noch lange nicht, erklärt der CEO. „Wir lernen gerade sehr viel über das richtige Timing und darüber, wie wir mit den Kunden am besten interagieren. Ob es sich lohnt, können wir noch nicht sagen.“
Die Social-Media-Experten von Mammut bespielen Facebook, Instagram, in China Wechat, in Japan Line und Pinterest in den USA. „All diese Kanäle zu nutzen, hat unseren Blick auf die Kunden verändert“, so Pabst. „Wir kamen sozusagen vom Broadcasting-Modus in den Zuhör-Modus. Dadurch wissen wir immer mehr darüber, was der Konsument da draußen macht und wie er sich selbst in unserem Produkt sieht.“
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