Bildcredit:
Rossignol
INTERVIEW/31.01.2025

Vom Skiklassiker zur Ganzjahresmarke: Rossignols CEO über Visionen, Nachhaltigkeit und Erfolge

Interview mit Vincent Wauters
Wir benötigen Ihre Zustimmung, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren!

Diese Funktion ist nur verfügbar, wenn eine entsprechende Zustimmung erteilt wurde. Bitte lesen Sie die Details und akzeptieren Sie den Service, um die Bewertungsfunktion zu aktivieren.

Bewerten
Merken

Vincent Wauters, der seit Februar 2021 an der Spitze der Rossignol™-Gruppe steht, verkörpert die Erneuerung einer emblematischen Marke des französischen Skisports. Der belgische Manager mit einem reichen Hintergrund in der Outdoor-Welt hat es verstanden, Herausforderungen in Chancen zu verwandeln. 

Mit einer kühnen Vision und einem starken Engagement für Nachhaltigkeit hat Vincent Wauters eine wahre Renaissance für Rossignol inszeniert, die Tradition und Innovation miteinander verbindet. In diesem exklusiven Interview gibt er uns einen Einblick in die Hintergründe dieser Transformation und seine Ambitionen für die Zukunft der Gruppe. 

Vincent, erzähl uns doch kurz was über deinen beruflichen Weg!

"Mein Weg war schon immer davon geprägt, die eigenen Grenzen auszutesten und mit starken Teams große Projekte zu stemmen. Nach meinem Geschichtsstudium bin ich in die Wirtschaft gewechselt und habe mich voll auf Wandel und Wachstum konzentriert – vor allem bei globalen, inspirierenden Marken mit internationaler Ausrichtung, besonders im Outdoor-Sektor. Dabei hatte ich das Glück, in acht verschiedenen Ländern zu leben und zu arbeiten: Belgien, Frankreich, Schweden, Großbritannien, Finnland, Deutschland, Kanada und Italien.

Meine Karriere begann bei der Redcats Group™ (heute PPR™/Kering™), bevor ich Teil des französischen Amazon™-Abenteuers wurde, als dort gerade alles richtig Fahrt aufnahm. Danach ging es für mich weiter zu Newell Rubbermaid™ und schließlich ins Executive Team von Amer Sports™. Von 2012 bis 2016 war ich CEO bei Arc'teryx™, anschließend bis 2020 bei Hunter Boots™ in London. Anfang 2021 kam ich schließlich zu Rossignol – mitten in der turbulenten Zeit der Covid-Krise. Eine herausfordernde Phase, klar, aber genau darin steckt auch die Chance für Neues und Wachstum."

Wie siehst du die immer stärker werdende Fusion aus Sport und Luxus?

„Modemarken bringen einen kreativen Blick und ein Verständnis für urbane Trends mit. Während Outdoor-Marken wie Rossignol Authentizität, Technik und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur verkörpern. Dieser Mix zwischen Outdoor und Mode und der gegenseitige Einfluss ermöglichen es, Sportler*innen anzusprechen, die auf der Suche nach technischer Ausstattung sind, aber auch ein Gespür für Design, Ästhetik und Modernität haben. 

In der Vergangenheit hatten wir schon einige spannende Kooperationen mit Modemarken wie Pucci in den 2010er Jahren, Tommy Hilfiger oder Balmain. Seit 2001 gibt es außerdem eine feste Partnerschaft mit dem bekannten Designer und Künstler JC de Castelbajac. Seine kreative und künstlerische Handschrift passt perfekt zu uns und gibt unseren Kollektionen das gewisse Extra. In jedem Fall besteht die Herausforderung darin, die Authentizität der Marke zu bewahren.“

Verantwortung allein reicht heute nicht mehr. Wie gelingt es, die eigenen Ziele neu zu definieren?

„Unser Geschäfts- und Marketingansatz vereint die große Herausforderung, unseren globalen CO₂-Ausstoß um 30 % bis 2030 zu senken, mit den Grundwerten der Marke: Innovation und Sichtbarkeit im Wettkampf. Rossignol ist seit 1907 ein starkes, authentisches Symbol für den Skisport und die Berge – begehrenswert und traditionsreich zugleich.

Nachhaltigkeit ist für uns kein Extra, sondern ein wesentlicher Bestandteil unserer Identität (Carve Mouvements of Sustainability and Human potential)Unser Engagement wird vom ganzen Team gelebt und zieht sich durch alle Phasen des Produktlebenszyklus: vom Design über die Materialwahl, die Rückverfolgbarkeit mit Fairly Made bis hin zur Produktion mit 100 % erneuerbaren Energien. Dazu kommen Mietangebote, Second-Hand-Optionen, Upcycling-Projekte und Recycling. Unsere Arbeit folgt einem Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung, und die CO₂-Reduktionsziele werden von Science Based Targets (SBTI) überwacht und zertifiziert.

Auch bei unseren Produkten setzen wir auf Innovation: Der neue Skischuh Vizion macht das Anziehen mit seiner Step-in-Technologie leichter denn je. In unseren Produktreihen wie Hero, Alltrack, Forza und der neuen All-Mountain-Serie Arcade steckt jede Menge Entwicklung und Know-how. Und bei den Schuhen starten wir im März nächsten Jahres mit dem Vezor, unserem ersten leistungsstarken Trailrunning-Schuh, durch."

Mit der Step-in-Technologie des neuen Skischuhs Vizion wird Anziehen zum Kinderspiel.
Bildcredit:
Rossignol, Vizion

Die „Convention des Entreprises pour le Climat“ – was hat euch die Teilnahme gebracht?

"Die CEC unterstützt Führungskräfte dabei, ihr Geschäftsmodell fit für die ökologischen und sozialen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu machen. Der Kongress ist keine Veranstaltung, zu der man einfach mal hingeht – er fordert echtes Engagement. Während dieser Erfahrung habe ich schnell verstanden, wie dringend systemische Veränderungen notwendig sind. Alle Teilnehmenden hatten ein gemeinsame Ziel: endlich ins Handeln kommen und echte Veränderungen anstoßen. Das Beste daran? Genau diese Dynamik passt perfekt zu den Erwartungen unserer internen Teams bei Rossignol.

Dieses Gefühl der Dringlichkeit spüren wir in vielen Unternehmen. Es wird immer klarer: Wir müssen uns vom Glauben an grenzenloses, rein quantitatives Wachstum verabschieden und stattdessen auf nachhaltiges, qualitatives Wachstum setzen. Die Jagd nach immer mehr Volumen passt einfach nicht zu den Grenzen unseres Planeten.

Konkret setzen wir bei Rossignol schon auf einige spannende CSR-Initiativen. 2023 haben wir unseren ersten recycelbaren Open-Source-Ski vorgestellt. Außerdem haben wir uns verpflichtet, bis 2028 ein Drittel unserer Skier in einen durchdachten Ökodesign-Prozess zu integrieren und genauso viele Skier auch zu recyceln. Ein weiteres Beispiel: Wir arbeiten mit bio-basiertem Harz, das die Umweltauswirkungen unserer Skier um 8 % senkt. Ab 2026 wird diese Innovation in 40 % unserer Produktlinien stecken."

Neue Regelungen haben das Marketing stark verändert. Wie geht ihr mit diesen Herausforderungen umgegangen?

 „Transparenz ist notwendig, wir schulden sie unseren Verbraucher*innen. Wir führen für einen Großteil unserer Kollektionen Lebenszyklusanalysen (Life Cycle Assessments, LCA) durch. Wir arbeiten eng mit Fairly Made zusammen, einer auf nachhaltige Lieferketten spezialisierten Organisation. Sie helfen uns, den Fußabdruck unserer Produkte anhand von vier Schlüsselkriterien zu bewerten: Rückverfolgbarkeit, Umwelt, Wiederverwertbarkeit und soziale Verantwortung.

Es geht darum, mehr Transparenz über die Herkunft, die Herstellung und die Umweltauswirkungen der Produkte zu schaffen, um unsere Kund*innen bestmöglich zu informieren. Und Verbesserungsmöglichkeiten für unsere zukünftigen Produktionen zu finden. Bis 2025 wird 100% der Softgoods-Kollektion lückenlos rückverfolgbar sein. Außerdem stehen wir bereit, die offizielle Umweltkennzeichnung umzusetzen, sobald die gesetzlichen Vorgaben festgelegt sind.“

Vor welchen großen Herausforderungen steht die Outdoor-Branche momentan? Und wo siehst du Rossignol im Jahr 2030?

„Die Outdoor- und Bergsportbranche spielt eine wichtige Rolle, wenn es um körperliche und geistige Gesundheit geht. Sie bietet Menschen einen Ort, an dem sie Natur erleben und sich erholen können. Dennoch steht unsere Industrie vor großen Herausforderungen in einem Kontext ökologischer, geopolitischer und wirtschaftlicher Spannungen. Der Klimawandel ist die Schlüsselherausforderung insbesondere für den Wintersport.  Die langfristige Schneesicherheit nimmt ab, die Saisons werden kürzer und unberechenbarer, besonders in den Mittelgebirgen. Wintersportorte müssen darauf reagieren und ihr Angebot diversifizieren, um Programme für alle Jahreszeiten anzubieten. Für die gesamte Outdoor-Industrie ist der ökologische Wandel längst nicht mehr nur ein Trend, sondern absolute Priorität. Verbraucher*innen fordern nachhaltige Produkte und Materialien, die Natur und Umwelt schonen. Das verlangt Innovation und den Mut, neue Wege zu gehen. Gleichzeitig steht die Branche unter wirtschaftlichem Druck – steigende Energiekosten und die allgemeine Inflation machen es nicht leichter.

Rossignol hat ein klares Ziel: Wir wollen eine Marke sein, die Menschen inspiriert und als echter Maßstab im Bergsport gilt – egal zu welcher Jahreszeit. Wir arbeiten daran, das perfekte Gleichgewicht zwischen unseren Winter- und Sommeraktivitäten einerseits und der Ausrüstung und Bekleidung andererseits zu entwickeln. Schon jetzt stammen mehr als 25 % unseres Umsatzes aus der Kategorie Bekleidung und Schuhe und da geht noch mehr, Wir sehen hier riesiges Potenzial und könnten in Zukunft über 50 % unseres Geschäfts in diesem Bereich machen. Schließlich ist der Bekleidungsmarkt deutlich größer als der für reine Wintersportausrüstung."

Im März geht’s los: Mit dem Vezor bringt Rossignol seinen ersten leistungsstarken Trailrunning-Schuh an den Start.
Bildcredit:
Florian Monot

Mit unserem Einstieg in den Trail-Markt 2025 schlagen wir ein neues Kapitel in der Rossignol-Erfolgsgeschichte auf. Diese strategische Expansion treibt unsere Transformation voran und beschleunigt unser Engagement für ganzjährige Outdoor-Abenteuer in den Bergen. Neben der Stärkung unserer Position bei der Ausrüstung spielen jetzt auch unsere Bekleidungs- und Schuhkollektionen eine zentrale Rolle, wenn es um Wachstum und die Wahrnehmung der Marke Rossignol geht.

2030 holt Frankreich die Olympischen Winterspiele ins eigene Land – was bedeutet das für Rossignol?

„Wir sind stolz darauf, dass ein internationales Event dieser Größenordnung in unserer Heimat, den französischen Alpen, stattfindet. Die Olympischen Spiele haben – wie wir zuletzt in Paris gesehen haben – eine unglaubliche Kraft: Sie verbinden Menschen, schaffen Gemeinschaft und bringen pure Leidenschaft und Freude mit sich. Für Rossignol, als französische Marke und führender Name im Skisport, hat dieses Ereignis eine besondere Bedeutung. Wettkämpfe sind tief in unserer DNA verwurzelt – mehr als 100 olympische Medaillengewinner*innen sind Teil unserer Geschichte. Für die Athlet*innen, die wir oft schon seit ihren ersten Tagen im Verein begleiten, sind die Olympischen Spiele der große Traum, auf den alles hinausläuft. Ihre Erfolge und ihre Präsenz auf der internationalen Bühne haben einen direkten Einfluss auf das Image von Rossignol und unsere ikonische Hero-Rennserie. Wir leben diesen Spirit – und die Spiele sind ein Teil davon.

Die größte Herausforderung bis 2030 wird der Umweltschutz und der Aufbau eines nachhaltigeren Modells sein. Wir teilen das Ziel der Organisatoren, Spiele zu veranstalten, die bewusst und ressourcenschonend sind – nicht nur während des Events, sondern auch mit Blick auf die Zeit danach, damit die Menschen und Regionen langfristig davon profitieren.

Diese Spiele stellen eine Gelegenheit dar, den Übergang zu einer nachhaltigeren Bergwelt zu beschleunigen, mit der Möglichkeit, eine Reihe von Veränderungen einzuleiten: Schienenverkehr, Talaufzüge, wasserstoffbetriebene Pistenfahrzeuge, thermische Sanierung von Gebäuden, usw. Dieses globale Ereignis wird also ein wichtiger Termin für Rossignol sein, sowohl 2026 in Italien als auch 2030 in Frankreich!“

Rossignol bringt Skirennläuferinnen Frederica Brignone & Julia Scheib zu Höchstleistungen
Bildcredit:
Zoom

Rossignol: Mit Tradition und Innovation in die Zukunft

In nur zwei Jahren und mit einem Umsatz von 372 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2023/2024 zeigt Rossignol, wie Innovation und nachhaltiges Handeln perfekt mit wirtschaftlichem Erfolg harmonieren können.

Unter der Führung von Vincent Wauters verbindet die Marke geschickt Tradition mit modernem Denken und setzt sich als treibende Kraft für eine grünere Zukunft in der Bergsportbranche durch. Rossignol ist bestens aufgestellt, um den Bergsport neu zu denken und eine nachhaltige Richtung vorzugeben.

Themen dieses Artikels