Wir haben die Tipps der ISPO Brandnew Gewinner und erfolgreichen Start-ups Ryzon, Heatit, Clim8 und Covision MediaLab in sieben Learnings für gesundes Wachstum für Start-ups zusammengefasst:
„Ein Start-up gesund zu skalieren, erfordert die richtigen Stakeholder und Partner“, sagt Christian Langer, Advisory Board Member und Berater vieler junger Unternehmen in der Sportindustrie. Er nennt vier Bereiche, in denen Beziehungen besonders wichtig sind:
- engagierte Mitarbeitende,
- kompetente Investoren,
- unterstützende Geschäftspartner*innen
- und nicht zuletzt begeisterte Kund*innen.
Stimmt es in einem dieser Bereiche nicht, „wird es schwer“, sagt Langer. Ein gutes Beispiel für ihn sind ungeduldige Investoren, die nur auf schnelles Wachstum fokussiert sind. Das schade mehr, als dass es nütze. Erfahrene Investoren werden auf gesundes Wachstum setzen. Ähnliches gelte beispielsweise für Partner in neuen Regionen. Hier solle man lieber zweimal hinschauen. „Werte und strategische Ziele müssen übereinstimmen.“ Klare und präzise Absprachen sind hier grundlegend, „sonst ist der Dissenz vorprogrammiert“, sagt Langer mit Blick auf seine langjährige Erfahrung.
Nach innen gerichtet sollten sich Start-ups schon früh fragen, welche Kernwerte sie haben. Bei dem französischen Unternehmen clim8 sind dies Innovation, Team-Effizienz, Transparenz und Erfolg. „Bei jedem Projekt hinterfragen wir, ob wir uns an diese Werte halten können“, sagt Mit-Gründer Florian Miguet. Auch die Mitarbeitenden werden heute danach ausgesucht: „Heute hat sich ein früherer Fehler in eine echte Stärke unserer Marke verwandelt. In den ersten zwei Jahren haben wir Mitarbeitende auf der Grundlage ihrer Kompetenzen und nicht ihrer Werte eingestellt, heute ist es genau andersherum.
Die ISPO Brandnew Winner haben gelernt „Nein“ zu sagen. „Wir priorisieren mit Blick auf das Team“, sagt Miguet. „Denn einige Projekte klingen aufregend, aber sie könnten uns überrollen und unseren Unternehmenskern verwässern.“
In direktem Zusammenhang steht die Planung der Belegschaft. Miguet: „Oft haben wir zu lange gewartet, bevor wir neue Mitarbeitende eingestellt haben. Dadurch haben wir uns selbst zu viel abverlangt.“ Viele der erfolgreichen ISPO Brandnew Unternehmen, wie beispielsweise HeatIt, die direkt aus Uniprojekten oder direkt nach dem Studium entstanden sind, haben einen Vorteil: Sie können Praktikant*innen oder junge (Teilzeit-) Mitarbeitende direkt aus ihrem Netzwerk im Umfeld einstellen. Doch in dieser glücklichen Lage ist nicht jeder.
Wem das Invest in die ersten Vollzeitmitarbeitenden zu hoch erscheint, der kann sich den Trick von Mario Konrad, Mitgründer von Ryzon merken: „Ich hab das Gehalt gedanklich immer auf den Monatslohn runtergebrochen.“ Dann habe er sich gedacht, der oder die Mitarbeitende arbeite vier bis fünf Wochen und erbringe in dieser Zeit eine Wertschöpfung, die in dieser Zeit bestimmt dem Gegenwert des Gehaltes entspreche. Und das Gehalt werde ja dann erst im Nachgang ausgezahlt.
„Wir haben unsere Investoren immer nach ihrem strategischen Hintergrund, ihrer Expertise und ihrem Netzwerk, ausgesucht – nicht nach der Tiefe ihrer Taschen“, sagt Miguet. Die Firma hat derzeit einen VC Fund in Sports Tech, eine 100 Jahre alte industriellen Familie aus der Textilbranche und Digitalexperten als Investoren. Lukas Liedtke, CEO von HeatIt, sieht das ganz genauso: „Es ist entscheidend, die Erwartungen abzugleichen und dann sicherzustellen, dass alle Parteien von der Zusammenarbeit profitieren. Nur so kann man auch Krisen erfolgreich zusammen bewältigen.“
Für Franz Tschimben, Mitgründer vom Covision Medialab, ist Kommunikation und Offenheit das A und O: „Es ist sehr wichtig, regelmäßig Resultate, Herausforderungen und Fehler zu kommunizieren. Gute Gesellschafter – aufbauend auf deren langjährigen Erfahrung in Unternehmensaufbau und Führung – sind immer bereit, Tipps zu geben und Türen zu öffnen.
Parallel zur Arbeit am Produkt müssen Kontakte stetig geknüpft und gepflegt werden. Dabei sind potenzielle Kundenkontakte genauso wichtig, wie der Aufbau eines soliden Partnernetzwerks. Franz Tschimben rät insbesondere bei der Ansprache großer Unternehmen mutig voranzugehen: „Das Wichtigste ist ein Mindset nach dem Motto 'Nachfragen kostet nichts' sowie eine gute Go-to-market-Strategie.“ Dabei sollte man bedenken, dass man nicht alles allein machen muss. Sein Unternehmen Covision MediaLab verwendet vier Wege, um Kontakte herzustellen.
- Warm Intros: Freunde im selben Markt, Partnerunternehmen, Investoren, Ex-Kolleg*innen aus einem früheren Job, ehemalige Kommiliton*innen
- Direct Outreach: Hauptsächlich LinkedIn und Twitter, zwei fantastische Tools, um sich ein Netzwerk und Saleskanäle aufzubauen.
- Events: Messen wie ISPO Munich und industriespezifische B2B-Events sind nicht zu unterschätzen. Die Kontakte, die man dort knüpft, können direkte Sales-Kontakte sein oder wiederum das Netzwerk vergrößern und zu „Warm Intros“ führen.
- Inbound Sales: Eine solide Marketingstrategie ist dafür die Voraussetzung, und gewisse Mindestinvestments in SEO sind nötig.
„Wir failen bei Technologieentwicklungen sowie auch im Unternehmensaufbau jeden Tag. Das ist Teil unserer DNA“, sagt Tschimben. „Das Wichtigste ist, schnell zu erkennen, wenn etwas nicht funktioniert, daraus iterativ zu lernen, um dann den richtigen Weg zu finden.“
Auch für die anderen Gründer ist der richtige Umgang mit Fehlern entscheidend. Konrad erinnert sich noch gut an kostenintensive Learnings bei Ryzon: „Rückblickend haben wir zu schnell zu viele Produkte angeboten. Wir hatten schnell über 200 Artikel. Mit einem Drittel der Kollektion machten wir aber 70 % des Umsatzes, mit dem nächsten Drittel dann noch mal 25 %. Mit dem heutigen Wissen und vor dem Hintergrund, dass wir immer zu wenig Liquidität hatten, hätte man diese Mittel viel sinnvoller in gut laufenden Produkte investieren können.“
Dieses Learning nutzen Konrad und sein Team bei Ryzon: Jetzt bieten sie eine eher kleine Kollektion in mehr Farben an. Außerdem wird in Produkte speziell für Frauen investiert. Hier liegen für den Unternehmer zwei Wachstumshebel.
HeatIt-Gründer Liedtke kann Fehler inzwischen mit Humor nehmen: „Für die vielen Fails, die wir uns geleistet haben, reicht der Platz hier leider nicht aus“, erzählt er. „Schon der allererste Flyer, den wir 2018 tagelang fröhlich auf einer Messe verteilt haben, titelte ‚Nutze dein Smartphone zur Insektenstichen‘. Offensichtlich hatten wir ‚zur Behandlung von‘ vergessen. Aufgefallen ist es der Mutter meines Mitgründers, nachdem die Messe durch war. Und das war lange nicht der letzte Fail bei Printprodukten.“ Seine sympathische Empfehlung ist es, den Spaß bei der Arbeit nicht zu verlieren, das helfe über viele Krisen hinweg. „Man muss das Ganze als großes Abenteuer verstehen, und wenn es nicht so läuft wie geplant, hat man immer noch extrem viel gelernt.“
HeatIT hatte von Anfang an die Vision, sein Produkt zur Wärmebehandlung von Insektenstichen weltweit zu vertreiben. „Schließlich sind Mücken nicht nur, und vielleicht noch nicht einmal speziell, ein Problem in Deutschland. Wir haben umfangreiche Marktforschung betrieben, um das Potenzial in anderen Regionen zu analysieren“, sagt Liedtke. Allerdings sei es dann doch oft weniger die Strategie als vielmehr die persönlichen Kontakte oder die begeisterten Nutzer*innen gewesen, die zu erfolgreichen Partnerschaften geführt hätten.
Diese Strategie abseits der Strategie ist aufgegangen: „In den USA ist uns nach langer Vorbereitung der Einstieg geglückt und wir sind stolz darauf, dass wir REI Co-op als den vielleicht besten und größten Outdoorhändler der Welt für HeatIT begeistern konnten.“
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