- Anspruchsvolle Erwartungen an Benefits im Job
- Sinnsuche jenseits des Monetären
- Workaholic-Leben, Dienstwagen, üppiges Gehalt? Nein danke!
- Was bedeutet "Lebensqualität im Jetzt" für die Gen Z?
- Conscious Millennials lieben authentische Brands
- Nachhaltige Mode erfreut sich großer Beliebtheit
- Sport als Kraftquelle für den Wandel
- Kritischer Blick auch auf Sportartikel
Es sei das Schicksal jeder Generation, in einer Welt unter Bedingungen leben zu müssen, die sie nicht geschaffen hat. Das stellte einst John F. Kennedy fest. Mit seiner zeitlosen Analyse hatte der ehemalige US-Präsident zweifelsohne Recht. Wie enttäuschend wäre es also, wenn eine neue Generation nicht aufbegehrt und mit frischen Ideen und Haltungen um die Ecke kommt?
Neben dem demographischen Wandel sind es die neuen Talente, die jede Menge Dynamik in die Arbeitswelt bringen. In einem Kommentar auf der Website des Business-Coaches Dirk Beiser beschreibt eine 24-Jährige, was Sie bei einer Stellenanzeige empfindet, die mit obligatorischer Kaffee-Flat, Fitnesscenter-Vertrag und anderen Vorteilen Jobsuchende zu ködern versucht.
„Nach wie vor schockiert es mich, wie viele Arbeitgeber meinen, dass wir – die Anhänger der berühmt-berüchtigten Generation Z – mit Corporate Benefits á la Tischkicker und Obstkorb geködert werden können. Ein tieferer Blick in die Arbeitswelt der jungen Generation zeigt, dass wir uns hinsichtlich New Work für Individualismus statt 08/15-Alltag, für Eigenverantwortung statt Hierarchie und für faire Bezahlung statt ausgefallenen Benefits entscheiden“, schreibt Katja, Studentin und Texterin.
„Die Gen Z ist aufgewachsen in einer Welt, die digital geprägt und ausgestattet ist. Ihr Bewusstsein und ihre Vernetzung sind global, Ihr Selbstverständnis beinhaltet jedoch nicht allein den Umgang mit dieser Technologie, sondern auch eine Welt im Wandel. Sie haben erfahren, dass Systeme und Lebenskonzepte – Berufe, Beziehungen, Unternehmen, Gesundheit – auch zusammenbrechen können“, sagt die New-Work-Fachbuchautorin und Wirtschaftspsychologin Bettina Bohlmann im Interview mit ISPO.com. Corona, Krieg, Klimakatastrophe – den Glauben an Stabilität und dass unser Wirtschaftssystem alles schon richten werde, habe diese Generation nicht so im Blut wie noch die Generationen vor ihnen.
Post-Millenials, Digital Natives oder Generation TikTok – es kursieren viele vergleichsweise oberflächliche Bezeichnungen für die Jahrgänge 1995–2009. „Conscious Millennials“ dagegen beschreibt deutlich mehr als den Zeitpunkt der Geburt. Sie engagieren sich für soziale und politische Themen, pflegen einen bewussten Lebensstil; Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz liegen ihnen am Herzen. Sie sind sich bewusst, dass all ihre Handlungen Auswirkungen auf ihre Umwelt haben, und setzen sich deshalb aktiv für Veränderungen ein – bestes Beispiel sind die Klimaproteste der „Letzen Generation“.
Die Deloitte Global 2022 Studie zur Generation Z und der Millennials-Generation unterstreicht, dass den jungen Arbeitnehmer*innen Selbstverwirklichung und Ausgewogenheit besonders wichtig seien. Ihre Arbeit muss für sie einen tieferen Sinn haben. „Sie glauben nicht mehr an den Sinn, sich langfristig und systematisch hochzuarbeiten“, sagt Bettina Bohlmann. Dafür seien sie radikaler. „Ein Job muss für sie stimmig sein.“ Die Generation X sei noch großgeworden mit dem Gedanken, dass Arbeit sich lohne. „Ein hohes Gehalt, Dienstwagen, Wohlstand, dadurch auch viel Anerkennung von anderen – danach haben sie gestrebt. Das war für viele das Symbol für wirkliche Freiheit. Die Conscious Millennials realisieren dies völlig anders.“
Viele Arbeitgeber klingen verstört, weil es den Talenten von heute primär um ihre Work-Life-Balance ginge. „Diese Diskussion geht mir ein bisschen am Thema vorbei“, findet Bettina Bohlmann. „Es dreht sich um mehr als die Forderung nach Freizeit. Der Ursprung ist vielmehr, dass es sich nicht mehr lohnt, auf etwas zu warten. Den Glauben an das Hocharbeiten, beim gleichzeitigen Verzicht auf Lebensqualität, um später glücklich zu sein, habe diese Generation abgelegt.
Conscious Millennials suchen nach Arbeit, die ihnen entspricht, die ihnen sinnhaft erscheint. Die Wahl des Arbeitsgebers erfolgt anhand ihres Wertekanons. Und das Gleiche gilt für ihre Konsumentscheidungen. „Es sind nicht nur Arbeitnehmer*innen der Zukunft, sondern auch Käufer*innen“, so Bohlmann. Unternehmen könnten die Haltung der jungen Generation nutzen, um die Glaubwürdigkeit ihrer Company zu überprüfen. Das globale Bewusstsein, das diese Generation mitbringt, die Sensibilität für Themen wie Gesundheit, Wohlbefinden und Klima, kann Firmen helfen, sich dahingehend weiterzuentwickeln. Deshalb ergebe es auf vielen Ebenen Sinn, sich mit den jungen Menschen auseinanderzusetzen. „Die Gen Z geht nicht von einer Welt aus, die schon fertig ist, sie muss nicht perfekt sein. Aber sie wollen sehen, dass man an den Themen arbeitet.“
Nachhaltigkeit entwickle sich zum Statussymbol der Gen-Z-Konsumenten, sagt auch der Markenberater Fredrik Ekström in seinem „Sustainability Consumer Report 2023“. Der Schwede unterstützt mit seinem Unternehmen „Above The Clouds“ Marken dabei, globale Treiber, Werteveränderungen und Makrotrends zu verstehen. Sein Tipp: „Weil viele Verbraucher innerhalb der Gen Z verunsichert sind, sollten Marken der Aufklärung über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte Priorität einräumen, um diese Barriere zu beseitigen.“
Der aus Luxemburg stammende Psychologiestudent Oliver Droste, 21, ist ein typischer Concious Millennial: Nach seinem Abitur reiste der Wahlberliner durch Namibia, arbeitete dort in einem Waisenheim. Ende 2022 gründete mit Freund*innen die Streetware/Sportmarke Cafoempe Sports, die erste Kollektion steht in den Startlöchern. Die Zielgruppe: Junge Erwachsene zwischen 18 und Ende 20. „Mir fällt auf, dass die meisten meiner Mitstudierenden ein Hobby haben, mit dem sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Ich habe mich schon immer für Design und Ästhetik interessiert. Deshalb habe ich die Streetwear-Marke ins Leben gerufen.“ Das lässig-urbane Design spielt auf Kinofilme wie „La Haine“ und „Matrix“ an. Im Namen der Kolletion kommen auch die Werte der Generation zum Tragen. „Jusqu'ici tout va bien“ heißt sie. Frei übersetzt: Bis hierhin ist alles gut.
Warum glaubt Oliver Droste, den Nerv seiner Generation zu treffen? „Das Sportliche, gepaart mit Nachhaltigkeit und Qualität, spielt eine sehr große Rolle für meine Generation.“ Die Motive von Cafoempe Sports sind gestickt und dadurch langlebiger. Beim Versand wird auf Plastikverpackungen verzichtet. „Unser Firmenlogo mit den zwei überschneidenden Brillen deutet auch auf die Sichtweise hin, durch welche Brille, mit welcher Perspektive wir auf die Welt schauen.“
Oliver Droste beobachtet Unterschiede in den Prioritäten, die verschiedene Generationen setzen. Zum Beispiel spielen für einen Teil der heutigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen Freunde, Freizeit und Sport eine noch höhere Rolle als für vorangegangene Generationen, wo das Arbeitsleben eine dominante Rolle einnahm. Eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit sei deshalb notwendig.
Die Gen Z blickt nicht nur kritischer auf Hersteller und Produkte, sie hat auch ein anderes Verhältnis zum Sport im Allgemeinen. So stehen individuellere Sportarten mehr in ihrem Fokus als traditionelle Mannschaftssportarten, welche sie für zu strukturiert und antiquiert halten. Gesundheit und Fitness sind dieser digital geprägten Generation äußerst wichtig, sie integrieren soziale Medien und Fitness-Apps in ihren sportlichen Alltag.
Sport sei für seine Generation der Weg, um gelassener mit Alltagsschwierigkeiten umzugehen und Entscheidungen treffen zu können, bestätigt Oliver Droste, der die sportlichen Affinitäten seiner Jahrgänge bestens kennt. „Es geht darum, einen Ausgleich zu finden, auch, um nicht den ganzen Tag an digitalen Geräten zu kleben.“ Der Nachhaltigkeitsaspekt spielt für ihn und seine Freunde auch beim Bewegen stets eine Rolle: „Zum Fitnesscenter gehen wir immer zu Fuß, obwohl der Weg lang ist. Wenn wir unterwegs sind, heben wir auch mal fremden Müll auf. Beim Einkaufen vermeiden wir Verpackungsmüll, wo es nur geht.“ Wenn er Sportartikel kauft, verspürt er „den Reflex, zu schauen, wo das Produkt hergestellt wurde. Ich informiere mich, so gut es geht.“
Nach seinem Studium will Droste vor allem eins: „Einen Arbeitsplatz, bei dem ich mich zu hundert Prozent einbringen und entfalten kann. Lieber mache ich beim Gehalt Abstriche, kann mich dafür aber verwirklichen und meine Ideen umsetzen.“ Von wegen Homeoffice und Work-Life-Balance – diese Generation nimmt ihr Schicksal in die Hand.
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