Das Schwerpunktthema im Nachhaltigkeitsbereich auf der ISPO Munich 2023 war in diesem Jahr Circularity. Im Vergleich zu den Vorjahren zeigte sich, dass die Branche mit der Beschäftigung des Themas aus den Kinderschuhen herausgewachsen ist. So beschäftigten sich viele Vorträge mit Detailfragen, die in einer ernsten Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit unerlässlich sind. ISPO.com greift drei Aspekte raus, die in diesem Jahr die Branche besonders umtreiben: Design für Zirkularität, „Closing the loop“ durch Recycling und Kommunikation mit Händler*innen und Endkonsument*innen.
Wer kreislauffähige Produkte anbieten will, muss bei Design und Materialauswahl anfangen mitzudenken. Das beinhaltet beispielsweise den Einsatz von Monomaterialien, auch müssen die Produkte so designt sein, dass sich einzelne Bestandteile leicht voneinander trennen lassen. Dies hat Vaude auf seinem Messestand mit seinem Re:Think-Ansatz in den Vordergrund gestellt. Ab 2024 werden sukzessive Produkte eingeführt, die nur aus recyceltem Polyester bestehen, somit sortenrein sind und selbst wieder zu einem Rohstoff werden können. Diese Produkte sind mit dem Label „Re:Think“ gekennzeichnet. Sollten weitere Materialien zum Einsatz kommen, beispielsweise Reißverschlüsse, sind diese einfach zu trennen und durch Colorcodes gekennzeichnet. Zudem sind die Produkte einfach zu reparieren und die Schnitte so optimiert, dass in der Produktion wenig Abfall anfällt.
Auch bei Houdini konnten Besucher*innen am Stand viele Produkte aus Monomaterialien sehen. Die Designs der Kleidung sind zeitlos, sollen langlebig sein und sind so gestaltet, dass sie für viele unterschiedliche Aktivitäten eingesetzt werden können. Dazu der Houdini-Chef-Designer Jesper Danielsson: „Wir wachsen an Restriktionen.“ Damit drückte er auch aus, dass Regularien, wie die geplante Eco Design Directive der EU, kein Hindernis, sondern ein Ansporn sind, besser und damit zirkulärer zu werden. „Design soll inspirieren“, sagt Danielsson mit Blick auf Konsument*innen. Marken hätten die Aufgabe, Käufer*innen zu nachhaltigerem Verhalten zu motivieren, dann würden diese auch gerne Produkte reparieren und für den Wiederverkauf oder für Recycling zurückgeben.
Womit Jesper einen zweiten wichtigen Punkt streifte, der auf der ISPO Munich 2023 viel diskutiert wurde: Wie kommen die ganzen Nachhaltigkeitsinformationen beim Kunden an? „Ein vertrauenswürdiger Händler sollte ein Filter sein“, sagt Ben Blischke von Intersport International im Panel „Wie lassen sich grüne Behauptungen belegen?“
Oft sei es jedoch so, dass Händler einfach nur fragten: „Kann ich sagen, dass das Produkt grün ist?“ Das berichtet Debbie Read, Head of Corporate Communications and CSR bei Equip Outdoor Technologies, ebenfalls Panelteilnehmerin. Dies sei zu undifferenziert. Natürlich sei es herausfordernd, da die Produkte insbesondere im Outdoorbereich sehr technisch seien. Doch Aussagen zum Thema Nachhaltigkeit brauchen Belege. Dies sei im Sinne des Konsumenten und mit Blick auf die erneuerte Green Claims Direktive der EU auch nötig.
Neben vielen Markenvertretern machen sich auch Vertreter von Ingredient Brands Gedanken, wie sie ihre Nachhaltigkeitsinnovationen kommuniziert bekommen, insbesondere um Händler*innen zu erreichen. Man trainiere die Retailer und unterstütze Marken bei diesem Unterfangen, sagte ein Ingredient Brand Vertreter dazu. Käufer*innen müssten die Chance haben, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen.
Ein weiterer wichtiger Teilaspekt dürfte noch viel herausfordernder sein: Recycling. Soll Kreislaufwirtschaft gelingen, müssen plötzlich unterschiedlichste Branchen miteinander arbeiten, die vorher sehr wenig miteinander zu tun hatten. Deshalb brachte die Messe München auf der ISPO Munich Vertreter der IFAT – Plattform für Umwelttechnologie – im cross-industry Panel „Textile Recycling – a compelling challenge“ mit der Sportbranche zusammen. Teilnehmer waren Ruth Oberrauch, Vice President bei der Oberalp Gruppe, Nicole Kösegi, Management Consultant und Marc Schubert, COO and Deputy Chief Executive Officer, Looper Textile Co.
Alle Panelisten waren sich einig, dass Recycling ein hochkomplexes Thema ist, welches in der Weiterentwicklung auf die Hilfe von Regularien und Vorschriften angewiesen ist. Schlüssel seien auch die EU-Gesetzesvorhaben zur erweiterten Verantwortlichkeit der Produzenten, sagte Kösegie, hier „sind die kommenden drei bis fünf Jahre entscheidend“.
Schubert zeigte sich zudem zuversichtlich, dass die Nachfrage des Marktes die Entwicklungen beschleunigen wird: „Ich denke, es hängt von uns allen ab. Gibt es genug Nachfrage nach recycelten Fasern, wird sich auch die Technologie dafür schneller weiterentwickeln. Und Investoren werden dann wiederum mehr in recycelte Fasern investieren.“ Derzeit seien Rohmaterialien oft noch viel günstiger als Recyclingmaterialien. „Wenn die Nachfrage groß genug ist, können wir damit sogar schneller sein, als die Gesetzgebung“, sagte Schubert.
Oberrauch machte nochmal deutlich, wie herausfordernd es für Marken und Hersteller ist, die richtigen recycelten Materialien zu finden. Die Oberalp Gruppe verarbeite inzwischen Schnittabfälle von Skifellen weiter. Außerdem arbeite man eng mit einer Partnerfirma unweit des eigenen Firmenstandortes in Norditalien zusammen, die aus Textil-Abfällen Wattierungen herstellen kann. Doch der Entwicklungsprozess dauere und sei bis dato sehr aufwändig gewesen.
In allen Panels und Gesprächen zum Thema Recycling wurde klar, dass die größte Herausforderung auf dem Weg zur Kreislauffähigkeit wohl in diesem letzten Schritt liegt. Wie gelingt es, Produkte von den Konsument*innen zurückzubekommen, zu sortieren, sortenrein zu trennen und wieder als Rohstoff bereitzustellen? Cross-Industry-Gespräche zwischen Sport- und Abfallwirtschaft sind dafür wichtige Wegbereiter in eine zirkuläre Zukunft.
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