Michi Strasser weiß, wie man sich kontrolliert zerstört, Grenzen auslotet – und hinterher wieder auf die Beine kommt. Der 38-jährige Niederösterreicher ist Langstreckenradler und Extremsportler.
Seine bislang härteste Tour führte ihn in Weltrekordzeit von Prudhoe Bay in Alaska bis nach Ushuaia an der Spitze Südamerikas. „Ice2Ice“ nennt sich das Abenteuer, bei dem Strasser in exakt 84 Tagen, 11 Stunden und 50 Minuten zwei Kontinente und 14 Länder durchquert hat. 23.000 Kilometer, dazu unfassbare 185.000 Höhenmeter.
Was kann der normale Sportler von einem solchen Grenzgänger in Sachen Erholung lernen? So einiges. Denn gerade bei seinen Langstreckenabenteuern und bei den Vorbereitungen darauf zeigt Michi, wie Regeneration funktioniert. Spoiler: Vor allem die Einstellung ist entscheidend.
Körperliche Fitness könne sich bis zu einem gewissen Grad jeder aneignen. „Die entscheidenden Dinge aber passieren in deinem Kopf“, sagt Michi Strasser. Und das gelte auch für die Erholung.
„Du musst immer wissen, warum du weitergehen willst, warum du das machst“. Wer also die falschen Ziele oder die richtigen Ziele zur falschen Zeit verfolgt, dem werde die Kraft fehlen, zurückzukommen. Und wenn es läuft? „Dann ist es unglaublich, wie oft man sterben und wieder aufstehen kann“.
Es ist fast schon eine Binsenweisheit: Training ist gewollter Stress. Den musst du abbauen. Je höher die Belastung, desto länger die Pause. Michi weiß, wovon er spricht: 2016 machte er sich mit dem Rennrad auf den Weg von Kairo nach Kapstadt, 34,5 Tage war er unterwegs. „Damals habe ich gedacht, ich könne einfach so weitermachen, direkt die nächsten Wettkämpfe planen. Damit bin ich kläglich gescheitert.“
Denn stattdessen holte er sich eine Lungenentzündung, war körperlich am Boden und fiel auch mental in ein tiefes Loch. „Da raus zu kommen, das hat Monate gedauert.“
Michi Strasser ist sich sicher: Immer nur „Mehr und Weiter“ bringt irgendwann nichts mehr. „Bei meinen extremeren Geschichten geht es ab der zweiten Woche darum, ob ich überhaupt noch meinen Kopf halten kann.“
Für den Profi bedeutet das: bis zu fünf Mal in der Woche gezieltes Athletiktraining, mindestens drei Laufeinheiten und intensives Beweglichkeitstraining.
Plane deine Regenerationstage! Da wird dann gut gegessen, wenig gearbeitet. Und vor allem kommt das Handy weg! Gerade bei der Erreichbarkeit müsse man Grenzen setzen. Alles andere ist nicht gesund. „Die ständige Erreichbarkeit, die dauernde Berieselung – das hindert deinen Kopf daran, wirklich zu entspannen“, ist sich Michi Strasser sicher.
Doch nicht jeder hat das Privileg, als Profisportler sein Geld zu verdienen und solche Pausen einplanen zu können. Womit für beim fünften Tipp wären.
Auch hier hilft Klarheit. Die allermeisten von uns sind eben keine Profis, müssen Sport, Job und Familie unter einen Hut bringen. Das sind drei Fronten, an denen man nicht immer gleich viel Energie investieren kann. Deshalb drohe vielen ambitionierten Hobbysportlern in mindestens einem der drei Bereiche das Scheitern, glaubt Michi.
Erholung setzt viel früher an. „Wer sich dauerhaft überfordert, kann sich auch nicht mehr erholen. Die Frage muss man sich stellen: Macht es mich wirklich glücklich, zum Beispiel Daylight-Finisher beim Ironman zu werden, wenn ich dafür meine Familie vernachlässige oder im Job Abstriche machen muss? Oder bin ich am Ende alles in allem glücklicher, entspannter und gesünder, wenn ich gut ins Ziel komme und abseits des Amateur-Sports trotzdem noch ein Leben habe?“
- Kältebäder nach dem Sport – jedes Bein eine Minute eiskalt abduschen. Das hilft gegen Entzündungen und Reizungen.
- Michis Geheimnis am Abend: die progressive Muskelentspannung. Diese kann etwa Blutdruck, Puls und Darmtätigkeit senken, und auch die Atmung wird ruhiger.
- Wer es in seinen Tagesablauf einbauen kann, dem empfiehlt Michi Strasser unbedingt einen Power-Nap – mach ein Nickerchen von 20 bis 30 Minuten. „Da kannst Du auf einmal ganz andere Trainingsreize verarbeiten.“
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