Mein Name ist Eva Karlsson. Seit 2001 bin ich CEO der schwedischen Outdoor-Marke Houdini mit Sitz in Stockholm. Wir sind ein schnell wachsendes Outdoor-Unternehmen und Vorreiter in Sachen Corporate Responsibility.
Mit einem Team von Gleichgesinnten sind wir Pioniere in der Entwicklung von zirkulären und regenerativen Geschäftsmodellen mit dem Ziel, wieder eine engere und achtsamere Verbindung zur Natur herzustellen. Auf dem Weg dorthin haben wir schon viel erreicht und Grenzen verschoben. Und doch sehe ich noch viel ungenutztes Potenzial und den enormen Wert, den die Gestaltung attraktiver und regenerativer Lifestyle-Lösungen bietet.
Warum dafür ein Umdenken in der Industrie, der Gesellschaft und einfach bei jedem Einzelnen so wichtig ist, warum Kooperationen für uns alle ebenso essentiell sind wie für ein erfolgreiches, zukunftsorientiertes Business, darüber schreibe ich in meinem Gastbeitrag für ISPO.com.
Wir wollen als Unternehmen eine positive und regenerative Kraft in der Gesellschaft und für den Planeten werden. Wir wollen zu 100 % zirkulär arbeiten, genau wie die Natur, die uns inspiriert und als Vorbild dient. Für diese Mission haben wir die Herausforderung angenommen, uns kompromisslos für ein Unternehmertum mit positiven Auswirkungen auf den Planeten einzusetzen.
Um diesen Wandel mutig und effektiv voranzutreiben, müssen wir unsere Perspektive und unser Mindset erweitern. Der Wandel, den wir anstreben, erfordert Kollaborationen. In diesem Sinne besteht meine größte Herausforderung darin, eine gemeinsame Basis für unsere Anstrengungen zu finden. Etwa die Frage: Was ist der Zweck der Wirtschaft? Und welche Möglichkeiten ergibt das für eine Outdoor-Marke im Hier und Jetzt?
Heute scheint die Definition von Wertschöpfung sehr eng gefasst zu sein und sich nur auf finanzielle Werte zu beschränken: Das ist jedoch nicht mehr aussagekräftig und relevant genug und spricht weder unsere Kunden noch unsere Mitarbeiter oder andere Personen an.
Gefragt sind viel größere Ambitionen, die visionärer und positiver sind, wenn es darum geht, vom Schlechten zum Guten zu kommen: Wie können wir einen Beitrag für unsere Kunden, für den Einzelnen und für den Planeten leisten? Das ist die Einstellung, die wir haben müssen. Und das wird die Energie und die Beschleunigung unserer sich verändernden Welt in die richtige Richtung lenken.
Die Kundinnen und Kunden erwarten heute viel mehr von den Unternehmen als früher. Angestellte oder junge Menschen, die in die Wirtschaft einsteigen, und sogar Menschen, die schon seit vielen Jahren arbeiten, beginnen jetzt zu überlegen: Ist es das, was ich in meinem Leben tun soll? Ist das sinnvoll? Sie fangen an, das Unternehmen, für das sie arbeiten, zu hinterfragen, oder sie bekommen die Möglichkeit, sich für Veränderungen einzusetzen.
Heutzutage gibt es eine Reihe von Zwängen. Aber es sind nicht die Mächtigen, die diesen Druck auf Unternehmen oder Regierungen ausüben, sondern ganz normale Leute, Kunden wie du und ich. Und es ist eine Bewegung, die sich beschleunigen und wahrscheinlich exponentiell wachsen wird.
Wenn man heute in einer Machtposition ist, zum Beispiel wie ich als CEO, sollte man sich Zeit zum Nachdenken und Hinterfragen nehmen: Arbeitet man auf etwas hin, das relevant ist - aus menschlicher Sicht? Wenn es für uns als Individuum und Mensch nicht sinnvoll ist, wird es wahrscheinlich auch morgen - oder sogar heute - für unsere Kunden und Mitarbeiter nicht relevant sein.
Wenn ein Unternehmen versucht, sich diesen Tatsachen zu entziehen, und nicht erkennt, dass es dringend notwendig ist, die Dinge anders zu machen, wird es für dieses Unternehmen in Zukunft keinen Platz mehr geben, davon bin ich fest überzeugt. Wenn wir aber jetzt anfangen, Lösungen zu finden, die einen positiven Beitrag für den Einzelnen, die Gesellschaft und den Planeten leisten, schaffen wir einen starken "Place to be". Das zieht Kunden, Mitarbeiter und Kooperationspartner an.
Es ist existenziell, die eigene Relevanz in Frage zu stellen, aber es ist auch eine bedeutende Reise, die man antreten muss. Ich habe es getan... und es ist unglaublich: Es ist das Abenteuer meines Lebens!
Das Umdenken ist eine Sache, die zweite Sache, die notwendig ist, um den Wandel wirklich zu vollziehen, ist Zusammenarbeit. Niemand kann den Wandel von einer degenerativen zur regenerativen Kraft allein vollziehen, vor allem nicht auf dieser gesellschaftlichen Ebene und in diesem Ausmaß. Wir als Houdini können unsere Produkte auf eine bestimmte Art und Weise entwerfen, wir können auf eine Art und Weise kommunizieren, die eher Information und Wissen statt reine Marketing-Kampagnen verbreitet, wir können als Lifestyle-Marke kommunizieren, dass es cool ist, zu reparieren und nicht nur in ein Produkt verliebt zu sein, sondern es auch lange zu bleiben.
Um positiven Wandel in Richtung alternativer nachhaltiger Technologien, Materialien usw. zu erreichen, ist eine Zusammenarbeit mit Playern neben Houdini erforderlich. Andere Herausforderungen können nur als gesamte Gesellschaft gestemmt werden, etwa die Energieversorgungg, das Verkehrssystem und auch die Frage, wie wir Erfolg und Wertschöpfung messen.
Natürlich ist die Botschaft, dass Wettbewerb alles ist, in den letzten zwei Jahrhunderten immer wieder propagiert worden. Und ich stimme zu, dass wir ohne Wettbewerb nie so weit gekommen wären, wie wir es sind. Aber der Wettbewerb ist nur das Sahnehäubchen auf dem Ganzen. Seit der Mensch auf diesem Planeten lebt, ist die Zusammenarbeit der wichtigste Aspekt und die Grundlage für den menschlichen Wohlstand. Wir haben es immer noch in uns: Wir müssen nur zu diesem Geist der Zusammenarbeit zurückkehren. Und ich möchte nicht über eine Alternative nachdenken, denn das wäre das Ende.
Die Bequemlichkeit, im Status quo zu verharren, kann ein Hemmnis für Veränderungen sein. Und es ist auch menschlich, Angst vor dem Unbekannten zu haben. Aber dies sind nicht die Zeiten, um in einem bequemen, vertrauten Zustand zu verharren, während sich die Gesellschaft und der Planet um uns herum mit einer solchen Geschwindigkeit verändern. Der Wandel wird kommen, ob wir ihn wollen oder nicht - wir sollten besser anfangen, aktiv daran zu arbeiten!
Ich denke, dass es in gewisser Weise auch schwierig ist, eine ehrliche Perspektive auf die Auswirkungen eines einzelnen Unternehmens zu haben, und das kann ein Hindernis in diesem Prozess sein. Wir neigen dazu, unsere Nachhaltigkeitsarbeit mit den schönsten Marketingwörtern zu beschreiben, und wir versuchen vielleicht, nicht über Dinge zu sprechen, die getan werden sollten, aber nicht getan wurden. All das wirft uns im Prozess der positiven Transformation zurück.
Es ist wichtig, dieses Hindernis zu überwinden, denn eine transparente, ehrliche und vertrauenswürdige Kommunikation ermöglicht es uns, eine viel stärkere Verbindung zu unseren Kunden und zu uns selbst herzustellen.
Wir sind als Gesellschaft daran gewöhnt, sehr spezifisch auf einem Spezialgebiet zu arbeiten - vielleicht ohne Einblick in die umfassenden systemischen Auswirkungen, die unser Handeln auf unser Ökosystem oder unsere Gesellschaft haben könnte. Aus einer Systemperspektive ist dies also auch eine Veränderung, die stattfinden muss: Wir alle müssen ein besseres systemisches Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur erlangen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass alles, was wir anders machen, sich positiv auf die Nachhaltigkeit auswirkt... und gleichzeitig ist es auch eine viel intelligentere Art, Geschäfte zu machen. Wir erkennen, dass in der Art und Weise, wie die Wirtschaft seit Jahrzehnten betrieben wird, so viel ungenutztes Potenzial steckt. Die Erforschung dieses Bereichs ist ein wirklich kreativer Prozess, bei dem man erstaunliche Möglichkeiten entdecken kann, die man vorher nicht gesehen hat. Ich glaube wirklich, dass jedes Unternehmen das tun sollte.
Ein Beispiel: Wir haben ein Innovationsprojekt durchgeführt, bei dem wir mit der Beseitigung von Mikroplastik begonnen haben. Als wir diese Herausforderung untersuchten und eine eher systemische Perspektive einnahmen, konnten wir nicht nur diese spezielle Aufgabe lösen, sondern auch viele andere Dinge verbessern: Es eröffnete uns ein Geschäftsmodell, über das wir vorher nicht nachgedacht hatten, und einen technischen Prozess, der das Endprodukt und den Stoff viel besser macht.
Wenn wir gemeinsame Herausforderungen haben, ist es unglaublich einfach zu erkennen, dass es sinnvoller ist, zusammenzuarbeiten, als zu konkurrieren. Aber es gibt auch schwierige Umstände, zum Beispiel das fehlende Vertrauen: Woher wissen wir, wann wir etwas teilen können, wann macht es vielleicht auch Sinn, nicht alles zu teilen? Auch die Integrität bleibt ein Thema. Der einfachste Weg, eine Kollaboration zu beginnen, könnte darin bestehen, mit jemandem aus einem anderen Geschäftsbereich zusammenzuarbeiten, der relevante Gemeinsamkeiten hat.
Außerdem muss echte Innovation gemeinsam mit Spezialisten erfolgen. Wenn es um die gegenseitige Befruchtung zwischen verschiedenen Sektoren und Disziplinen geht, wird uns die Notwendigkeit noch deutlicher bewusst. Wir bei Houdini arbeiten beispielsweise auch mit Geowissenschaftlern zusammen, die in einem völlig anderen Bereich tätig sind. Diese Art der Zusammenarbeit ist absolut bereichernd.
Dass Ressourcen nicht linear, sondern im Fluss sind und dass es Geschäftsmodelle gibt, bei denen Produkte gemeinsam genutzt werden können, spiegelt ganz klar den Kreislaufgedanken wieder.
Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt von Kooperationen ist das Teilen von Wissen. Ich denke, so funktioniert auch die Natur: Mit Rückkopplungsschleifen und der Verteilung von Wissen. Mit Open-Source-Projekten kann das gelingen. Es macht keinen Sinn, eine Technologie, die Mikroplastik beseitigen soll, für sich zu behalten: Sie muss geteilt werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass unsere Kunden die Natur genauso lieben wie wir, könnten wir als Outdoor-Branche diejenigen sein, die den Hebel umlegen und wirklich schnell zu einer neuen Art des Wirtschaftens übergehen: eine regenerative, unaufhaltsame Kraft. Das ist eine Chance, die wir als Branche noch nicht ergriffen haben. Und das erfordert mit Sicherheit gemeinsames Handeln.
Wenn man an Hitzewellen, Klimaveränderungen und Artensterben denkt, ist es offensichtlich, dass wir jetzt reagieren müssen. Viele von uns machen so weiter wie bisher, und die Regierungen ändern die Vorschriften nur langsam. Aber wir haben keine Zeit.
Und wenn wir die Situation als eine Chance betrachten und sehen, was wir gemeinsam schaffen können, wird es nicht so eine große Last sein - es wird eher zu einem positiven Gemeinschaftsprojekt. Das Abenteuer unseres Lebens! Es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass die nächsten Generationen eine lebenswerte Zukunft haben, und vielleicht können wir für sie eine Welt schaffen, die vielleicht sogar besser ist als die heutige.
Ein Philosoph hat gesagt: Alles, was wir im Leben brauchen, sind Wissen, Liebe und Schönheit. Und ich stimme ihm zu und würde noch Hoffnung hinzufügen: Hoffnung durch das Wissen, dass ein Umdenken möglich ist, dass Zusammenarbeit der Weg nach vorne ist und dass wir das natürlich hinbekommen können.
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