In den USA ist man sich sicher: Fitnesstracker, Smartwartches und andere Wearables sind der Fitnesstrend Nummer eins im Jahr 2019. Das ergab zumindest die jährliche Umfrage unter Gesundheits- und Fitnessprofis, die in der Novemberausgabe des ACSM Health & Fitness Journal veröffentlicht wurde.
Wearables sind ein wichtiger Trend, doch nicht immer unumstritten der wichtigste. ISPO.com hat sich in der Branche umgehört und weitere Erkenntnisse und Ausblicke zusammengetragen. Herausgekommen sind die 9 wichtigsten Fitnesstrends für das Jahr 2019.
„Fitness ist weit mehr als ‚nur ein Training‘, sondern es ist zu einer individuellen Interpretation von Lebensqualität, zu einer Kultur unserer Gesellschaft geworden“, sagt Niels Nagel, Head of Office beim Deutschen Industrieverband für Fitness und Gesundheit (DIFG). Dazu zählt für ihn auch Fitnessernährung, die am besten nachhaltig sein soll. Einige Unternehmen bieten etwa fair produzierte Produkte für Sportler an. Aber auch nachhaltig produzierte Trainingsgeräte gewinnen an Bedeutung.
Nachhaltig heißt aber auch nachhaltiges Training: „Die Menschen wollen sich in ihrem Alltag besser und dynamischer fühlen, deshalb gehen sie ins Studio. Abnehmen oder Muskelaufbau sind nicht mehr die größten Treiber“, sagt Marius Keckeisen, CEO bei Blackroll. „Mehr und mehr geht es darum, mit dem Kunden in der zur Verfügung stehenden Zeit so zu arbeiten, dass die Beweglichkeit, Muskulatur und Fitness aufgebaut werden. Und zwar so, dass der Kunde langfristig schmerzfrei durchs Leben gehen kann. Der Fokus liegt nicht darin, in einem Bereich ein maximales Ergebnis zu erzielen.“
Nagel ergänzt: „Der Trend geht dazu, Angebote zu so zu gestalten, dass diese flexibel verfügbar sind.“ Arbeitnehmer sollen trotz Schichtarbeit oder anderen körperlichen Anstrengungen die Möglichkeit zum Training bekommen. Nur so lasse sich eine nachhaltige Verhaltensveränderung, das heißt, Fitness dauerhaft in den Lebensalltag einzubinden, erwirken.
Zeit, sich zu messen. Schließlich gilt: Je mehr Daten im Umlauf sind, desto besser lassen sich Leistungen vergleichen. Das nutzen mittlerweile viele Fitnesstreibende, um sich in sogenannten Competitions zu messen. Vor allem jüngere Fitnessfans zeigen ein großes Interesse für diese Wettbewerbe.
Nagel gibt jedoch zu bedenken: „Hochbelastendes Training und wettkampforientierter Leistungssport erfordert nicht nur Passion, sondern u.a. sorgfältige Vorbereitung, Coaching und Möglichkeit zur ausreichenden Regeneration. Wenn man gesund ist, darf man sich auch Mal auspowern und herausfordern. Für die allermeisten von uns sollte das neben Familie und Beruf allerdings nicht zum Alltag und Selbstzweck werden.“ Damit spricht er auch auf Fitness-Events an wie Hyrox. Den Wettbewerb für die Masse muss im Fitnessbereich also noch entwickelt werden. Eine Herausforderung, die die Branche in den kommenden Jahren gerade in Bezug auf die wettbewerbsinteressierte Jugend bewältigen muss.
Mit den großen Events und Competitions einher geht das Gruppentraining. Für viele lautet inzwischen das Motto: Alles in der Community. Das gilt einerseits für die Vergleichbarkeit mit den Kollegen und andererseits eben auch für den Spaß. Um sich gegenseitig zu motivieren und Tipps und Tricks auszutauschen, hilft ja bereits das Smartphone, Social Media oder Apps wie Freeletics oder Runtastic. „Konzepte, in denen in Gruppen gemeinsam trainiert wird, haben viele Fans“, weiß Blackroll-CEO Keckeisen. „Diese motivieren viele Teilnehmer deutlich mehr, als das Training allein. Zum einen wird es zum sozialen Erlebnis, zum anderen aber auch zum Wettkampf.“
Dass Sport in der Gruppe besonders Spaß macht, kennt man: Seit Jahrhunderten erfreuen sich Mannschaftssportarten großer Beliebtheit. Das hat die Fitnessbranche erkannt: Sie entwickelt sich in manchen Bereichen ebenfalls allmählich zum Mannschaftssport. Aerobic gibt es seit Jahrzehnten, in den vergangenen Jahren kamen aber auch auffällig viele Zumba- oder Piloxing-Kurse hinzu. Und in den Städten formieren sich Running Communities oder Outdoor-Trainingseinheiten in großen Gruppen.
Die Ausbildung zum Personal Trainer ist in den letzten Jahren deutlich anspruchsvoller geworden. Denn Fitnesstrainer werden immer wichtiger für den einzelnen Fitnesstreibenden und sollen immer mehr auf ihn eingehen können. Da muss die Qualifikation stimmen. Viele Fitnesstreibende sehnen sich nach Einzelbetreuung, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. Außerdem erobern neue Generationen die Fitnessstudios und die wollen gut betreut werden. Dafür gibt es mittlerweile verschiedene Zertifizierungen im Fitnessbereich. Auch Blackroll bildet die Trainer für die eigenen Produkte aus und hat mittlerweile etwa 4000 Coaches.
Zudem werden Personal Trainer auch immer mehr zu Unternehmern, was wiederum mit einem anderen Trend einhergeht: Fitnesstrainer bieten ihre Arbeit immer öfter in eigenen kleinen Boutique-Studios an, um einer kleinen speziellen Zielgruppe ein hochwertiges Trainingsprogramm anzubieten. „Wenn Sie sich überlegen, dass die Beiträge dort zwischen 80 und 130 Euro liegen, dann ist das wirtschaftlich ein äußerst interessantes Konzept“, sagt Nagel - und das „über den gesteigerten Nutzen und die individuelle Betreuung auch für den Trainierenden.“
Bis 2017 war HIIT noch die Nummer eins unter den Fitnesstrends in den USA. Nun belegt das hochintensive Intervalltraining immer noch den dritten Platz. Es ist also der Dauerbrenner unter den Trends – trotz der Warnung vor steigendem Verletzungsrisiko. Doch warum ist HIIT, durch das man schnelle Fitnesserfolge erzielen kann, immer noch ein Trend auf der ganzen Welt? „Im Bereich HIIT gibt es mittlerweile sehr viele unterschiedliche Konzepte. Hier tut sich schon einiges und das Angebot wird immer spezifischer“, sagt Keckeisen. „Die Anforderung ein maximales Ergebnis in kurzer Zeit zu erreichen, entspricht dem schnelllebigen Zeitgeist.“
Nagel meint zudem, dass HIIT zunehmend interessant werde „für andere Zielgruppen, wie z.B. diejenigen, die sehr effektiv trainieren wollen.“ Auch im Kontext von gesundheitsorientiertem Training, etwa für Diabetiker, kann sich ein dosierter Einsatz von HIIT Übungen positiv auswirken. „Wichtig ist hier die Betreuung durch einen qualifizierten Trainer, damit nicht intendierte Nebenwirkungen, wie Überbelastungen, vermieden werden können,“ erklärt Nagel.
Die eigene Gesundheit ist nicht mehr nur Angelegenheit jedes Einzelnen. Immer mehr Unternehmen fördern durch Firmenfitness-Angebote die Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Viele arbeiten dabei mit Fitnessstudios oder Personal Trainern zusammen. Denn von gesunden Arbeitnehmern profitiert auch das Unternehmen.
Einige Firmen bieten bereits sehr gute Angebote in Kooperation mit Fitnessstudios. Das beginnt bei günstigeren Mitgliedspreisen und endet bei eigenen Anwendungen, die die Firma zahlt. Größere Firmen installieren sogar Geräte auf ihrem Arbeitsgelände oder bieten dort Fitnessübungen mit Personal Trainern an. So bekommt man mit wenig Aufwand ein Basistraining kurz vor der Arbeit, in der Mittagspause oder am Abend.
Neu ist, dass Firmen nicht mehr nur Fitnessstudios nutzen, um die Mitarbeiter zum Sport zu motivieren: „Der Anspruch ist, vielleicht heute in einem Fitnessstudio zu trainieren, morgen schwimmen zu gehen, übermorgen Golf spielen zu gehen oder andere Freizeitangebote zu nutzen, die in Rahmenvereinbarungen integriert sind“, erläutert Nagel.
Datenaustausch und Datennutzung via Wearables und Smartphone werden 2019 weiter an Bedeutung gewinnen. Vor allem aber komme es darauf an, die richtigen Daten zu nutzen, betont Nagel im Interview mit ISPO.com. Denn die Tracker sammeln ja nicht nur Fitnessdaten, sondern auch Gesundheitsdaten. „In Zukunft wird die Digitalisierung dem Trainierenden weitere Informationen geben, um das Training sicherer und effektiver gestalten zu können. Ist etwa eine Krankheit im Anmarsch, macht das Training keinen Sinn. Auch wenn man noch so motiviert ist. Und da kann es hilfreich sein, einen Frühwarner am Handgelenk zu haben“, sagt Nagel.
Aktuell reduzieren sich die Sensoren auf der Haut. „Deutlich genauere Sensoren am Körper werden sich hier aber langfristig durchsetzen", ist Keckeisen überzeugt. „Bei einigen Wearables sind die Daten einfach zu schlecht und es stellt sich die Frage, warum ich Daten dann überhaut aufnehme“. Denkbar ist deshalb für ihn, dass die Fitnesstracker gar nicht mehr allzu lange am Handgelenk baumeln. Nagel stimmt zu: „Vielleicht werden wir in naher Zukunft die ersten Sensoren im Markt erleben, die man oral zuführt oder die unter die Haut gepflanzt werden.“ 2019 könnte dafür noch zu früh sein.
Das Smartphone allerdings, findet Nagel, werde im Gegenteil zu der Smartwatch ein fester Bestandteil des Lebens, und daher auch der Fitness bleiben. Es könnte im neuen Jahr seine Stellung als tragbarer Fitnessgigant untermauern, da sind sich die Experten einig.
Nicht nur die Wearables und Apps sind in Zeiten des Smart Home vernetzt, sondern zunehmend auch die Geräte. Wenn der Crosstrainer mit dem Laufband kommuniziert und beide Leistung und Belastung des Sportlers abgleichen, ermöglicht das ein abwechslungsreiches, optimal auf den Fitnesszustand abgestimmtes Training. Manche Fitnessstudio-Betreiber nutzen zur Vernetzung Chips, andere die Smartwatch der Träger. Dank der gesammelten Daten stellen sich die Fitnessgeräte bestmöglich auf den Nutzer ein, was auch unerfahrenen Studionutzern entgegenkommt.
Wechselt ein Sportler etwa vom Laufband auf den Crosstrainer, stellt sich dieser dank der Vernetzung auf den Trainierenden ein. Wechselt er danach an die Schulterpresse, lassen sich die Geräte dank der gesammelten Daten optimal auf das jeweilige Trainingsziel programmieren. Die Geräte wissen inzwischen, wie viel Anstrengung der Trainierende verträgt. Ein weiteres Plus: Nicht nur die jeweiligen Hersteller vernetzen ihre Trainingsgeräte und Apps untereinander, das geschieht mittlerweile auch herstellerübergreifend. Die Industrie bildet Kooperationen, um unterschiedlichste Hersteller untereinander zu vernetzen.
Ganz neu ist es nicht, dass Senioren auch in die Fitnessstudios gehen. Doch der Trend zieht immer weiter an. Weil sich die Fitnessbranche geöffnet hat: „Das Wachstum im Bereich Senioren-Fitness ist die Konsequenz aus einer breiten Akzeptanz der Fitnessbranche“, sagt Nagel, was besonders an der „Positionierung als Gesundheitsanbieter“ liege.
Hier wirken zudem viele Trends zusammen:
- Die einfachere Bedienung der Geräte, die sich immer leichter bzw. auch automatisch einstellen lassen
- Besser zertifizierte Trainer, die sich um die Senioren kümmern und ihnen spezielle Trainingsangebote anbieten. Dazu zählen Erklärungen und Einschätzungen, damit die Senioren ganzheitlich ins Fitnessleben eingeführt werden
- Die Suche nach sozialen Kontakten im Sport, was die Fitnessgruppen befeuern.
Senioren fühlen sich daher mittlerweile viel wohler in den Studios als früher.
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