ISPO.com: Was ist aktuell das wichtigste Ziel in Bezug auf Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) bei Vaude?
Antje von Dewitz: Wir setzen uns ehrgeizige, wissenschaftsbasierte Ziele, um künftig alle Produkte weltweit klimaneutral herzustellen. Mit den sogenannten Science Based Targets (SBT) möchten wir unseren Beitrag dazu leisten, dass die globale Erderwärmung entsprechend der Ziele des Pariser Klima-Abkommens auf maximal 1,5 Grad beschränkt wird. Um dies nachweislich zu erreichen, arbeiten wir mit den SBT unter anderem an der schrittweisen Reduktion unserer CO2-Emissionen in der globalen Lieferkette. Schon seit 2012 sind unser Firmenstandort Tettnang und die dort hergestellten Made in Germany-Produkte klimaneutral. Mit den SBT weiten wir unsere Klimastrategie deutlich aus.
Wie arbeitet Vaude gerade daran?
Für eine klimaneutrale Produktherstellung erfassen wir die Energie- und Material-Verbrauchsdaten aus der globalen Lieferkette und reduzieren die CO2-Emissionen sukzessive. Im Fokus stehen dabei zum einen der Umstieg auf erneuerbare Energien. Zum anderen optimieren wir in der Materialherstellung bis zum fertigen Produkt die Lieferkettenprozesse auf maximale Ressourcenschonung sowie hohe Material- und Energieeffizienz. Im Anschluss kompensieren wir nicht vermeidbare Emissionen. Das erste konkrete Teilziel ist, dass wir bis 2024 mindestens 90 % aller Vaude-Produkte aus überwiegend biobasierten oder recycelten Materialien bestehen. Damit verfolgen wir das Prinzip der Kreislaufwirtschaft: Durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe bzw. durch das Recycling von Materialien werden fossile Ressourcen geschont und CO2-Emissionen in der Materialherstellung deutlich reduziert. Wir kommen damit gut voran, bereits die Hälfte unserer neuen Bekleidungs-Kollektion für Winter 21/22 besteht überwiegend aus recycelten oder biobasierten Materialien!
Thema nachhaltiger Erfolg - was gelingt Vaude schon gut?
Unser eigenes nachhaltiges Label Green Shape, das auf den höchsten ökologischen und sozialen Textilstandards aufbaut, macht in unserer neuen Kollektion bereits 96 % aus (Bekleidung allein 99 %). Entsprechend groß ist auch der Anteil der Produkte, die mit dem staatlichen Siegel Grüner Knopf zertifiziert sind. Wir werden seit Jahren als Leader von Fair Wear ausgezeichnet und sehen uns damit auch als ein Best Practice für eine positive und faire Art der Globalisierung. Ein großer Schwerpunkt liegt seit Jahren auch auf der Verlängerung des Produktlebens. Ob durch unsere eigene Reparaturwerkstatt, der einfachen Bestellbarkeit von Ersatzteilen, unsere Kooperation mit der Reparaturplattform iFixit und den Repair Cafés oder durch unseren Vaude Second Use Shop auf eBay: Wichtig ist uns, dass unsere Kunden einen leichten Zugang haben, Produkte zu reparieren oder wiederzuverkaufen und das wird auch hervorragend angenommen. Mit unserem Reparaturindex verankern wir die Reparierbarkeit darüber hinaus systematisch in der Produktentwicklung, das heißt wir achten darauf, dass Produkte so konzipiert sind, dass sie sich möglichst gut reparieren lassen
Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Wie kann ich mich als Konsument am besten einbringen?
Zum einen, indem man als Konsument Wünsche und Bedürfnisse äußert und nachfragt! Am Beginn unserer Reise zum nachhaltigen Unternehmen vor über zehn Jahren haben unsere Händler immer wieder gesagt, dass niemand nach nachhaltigen Produkten fragt und sie daher auch keinen Bedarf darin sehen. Das hat sich heute geändert, aber da gibt es immer noch Potenzial! Es ist wie bei einer Wahl: Jede Stimme zählt! Zum anderen ist es sinnvoll, sich entweder über die wichtigsten Siegel und Standards wie Grüner Knopf, Bluesign, Fair Wear, GOTS oder auch Green Shape schlau zu machen und die Erkenntnisse in die Einkaufsentscheidung miteinfließen zu lassen. Oder sich an Marken zu orientieren, die durch ihr ganzheitliches Engagement Vertrauen verdienen.
Wer ist Ihr Nachhaltigkeitsvorbild?
Ich habe keine wirklichen Vorbilder, aber es gibt Menschen, die mich inspirieren. Zum Beispiel Greta Thunberg, die es mit ihrem konsequenten Einsatz geschafft hat, dass die Klimaerwärmung endlich zum breiten Thema wurde. Genauso inspirierend und richtig finde ich auch das Engagement unseres Entwicklungsministers Gerd Müller für mehr Nachhaltigkeit in den Lieferketten.
Wer tut sich aktuell mit einer besonderen Idee/mit einem besonderen Projekt hervor?
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller kämpft seit vielen Jahren für eine nachhaltige Textilproduktion und ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen generell dazu verpflichtet, ihrer Verantwortung in der gesamten globalen Lieferkette nachzukommen. Dank seines Engagements wurde vor einem Jahr der Grüne Knopf als erstes staatliches Siegel für fair und ökologisch produzierte Textilien eingeführt. Seitdem gibt dieses Siegel Konsumenten eine wertvolle Orientierung, um verantwortungsbewusst einzukaufen. Mittlerweile sind viele weitere Unternehmen dazu gekommen. Der Grüne Knopf zeigt, dass es möglich ist, dass Unternehmen ihrer Verantwortung in der globalen Lieferkette nachkommen und sich dies auch überprüfen lässt. Wir unterstützen Gerd Müller bei seinem Kampf um ein Lieferkettengesetz und sind stolz darauf, dass der Großteil unsere Produkte den Grünen Knopf trägt.
- Teil 2: David Ekelund/Icebug: „Je mehr Macht desto mehr Verantwortung in Sachen Klimaschutz“
- Teil 3: Jan Tore Jensen/Bergans: „Wir müssen es wagen, mit Wettbewerbern zusammenzuarbeiten"
- Teil 4: Julien Durant/Picture Organic Clothing: „Wir nutzen Boote."
- Teil 5: Matthias Dreuw/Triple 2: „Nachhaltigkeit muss man in die DNA der Marke implementieren“
Nachhaltigkeit ist eines der Fokusthemen der ISPO Munich Online von 1. bis 5. Februar 2021. Besonders im Rampenlicht stehen neben dem Status Quo der Branche im Sinne des verantwortlichen Handels die Themen Kooperationen und Kreationen. Experten und Entscheider der Branche diskutieren die Bedeutung der Sustainable Development Goals der UN für die Sportbranche und klären auf, welche Ziele in Zukunft für Handel und Marken eingehalten werden müssen.
Die Chancen und Möglichkeiten der zirkulären Kreislaufwirtschaft werden aufgezeigt und mit Teilnehmern der ISPO Munich in vielen interaktiven Workshops besprochen.
Außerdem fehlt natürlich nicht die Aufklärung über die unterschiedlichen Prüfsiegel, deren Inhalte, Bedeutung und Sinn.
Die Teilnehmer können sich auf ein vielseitiges, informatives und aufrüttelndes Konferenzformat freuen. Alle Infos gibt es hier.
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