„Wir sind der Meinung, dass der Klimawandel eines der wichtigsten Themen in unserer Gesellschaft ist und dass Outdoor-Händler bei diesem Thema eine Vorreiterrolle einnehmen sollten.“ Das sagt Martin Stolzenberger, Geschäftsführer bei Bergzeit. Der Outdoor-Ausrüster gehört neben Yonderland, Bergfreunde, Sportler und Internetstores zu den fünf Gründungsmitgliedern des Outdoor Retailer Climate Commitments (ORCC). „Dabei handelt es sich um ein freiwilliges Netzwerk von Einzelhändlern der europäischen Outdoor-Branche. Alle Mitglieder verpflichten sich, ambitionierte Ziele zu verabschieden, die zum Erreichen des Pariser Klimaschutzabkommens beitragen.“
Seit dem Zusammenschluss in 2021 hat die Gruppe bereits vieles bewegt. „Wir haben viele neue Mitglieder bekommen, darunter einige der absoluten Premium-Sporthäuser in Europa“, freut sich Stolzenberger. „Inzwischen ist das ORCC unter dem Dach der European Outdoor Group angesiedelt.“ Die EOG fördert unter anderem nachhaltige Praktiken in der Branche und die Zusammenarbeit im Outdoor-Einzelhandel. Darüber hinaus hat das ORCC einige best practices zur Dekarbonisierung entwickelt. Gut für Mitglieder und diejenigen, die es noch werden wollen: Die Erkenntnisse werden innerhalb der Retailer Community geteilt.
Weitere Einblicke in die Arbeit des ORCC gibt es am 5. Juni 2023 auf einer Infoveranstaltung im Sustainability Hub der OutDoor by ISPO.
Ein ORCC-Mitglied der ersten Stunde ist auch die Yonderland Group. Mit mehr als 190 Shops in Belgien, Luxemburg, Frankreich, Großbritannien, Irland und den Niederlanden gehört sie zu den Riesen der Outdoor-Branche. Ihr CO₂-Fußabdruck dagegen soll sich demnächst im Reich der Zwerge bewegen. „Wie wäre es, wenn wir uns als Händler zusammenschließen, um mit gezielten Maßnahmen die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen?“, erinnert sich Melanie Grünwald, Head of Sustainability bei Yonderland, an die Anfänge des ORCC. „Wir gehen alle auf dem gleichen Weg, können voneinander lernen und uns gegenseitig überprüfen.“
Inzwischen haben nahezu alle Retailer im Bündnis mindestens den ersten Schritt hin zu mehr Klimaschutz vollzogen. Der Löwenanteil der Emissionen liege aber in der Produktion der Rohstoffe und der Herstellung der Outdoor-Artikel selbst, weiß Grünwald. Sie blickt voraus: „Wir brauchen eine vertikal-integrierte Lösung, um Daten zum Emissionsabdruck unserer Produkte mit allen Mitgliedern zu teilen. Dazu brauchen wir die Kooperation unserer Lieferanten.“
Nachhaltigkeit neu gedacht! Im Mai 2023 hat Globetrotter seinen Re:Think-Store in Bonn eröffnet. Dafür übernahm der Outdoor-Ausrüster beinahe die gesamte Einrichtung des Vormieters Conrad Electronic. Weitere Stücke stammten aus anderen Filialen oder wurden gebraucht gekauft. „Mit der konsequenten Weiternutzung des alten Inventars stellt unser Re:Think-Store ein echtes Pionierprojekt dar“, sagt Globetrotter CEO Andreas Vogler. Umkleidekabinen aus Werbebannern, Rucksack-Aufhängungen aus Bügeleisen, eine Wanderschuh-Teststrecke aus Restmaterialien – bei der Gestaltung waren kreative Lösungen gefragt.
„Da wir genau wissen möchten, wie viel Material und CO₂ wir mit dem Re:Think-Konzept einsparen konnten, haben wir das Projekt wissenschaftlich begleiten lassen“, erklärt Miriam Ersch-Arnolds, PR Managerin bei Globetrotter. „Die Ergebnisse erwarten wir im Sommer.“ Die Erkenntnisse sollen dann in neue Projekte einfließen.
In Bonn umfasst das nachhaltige Store-Konzept neben der Einrichtung auch Care & Repair-Services sowie Secondhand-Angebote. Insgesamt verfügen 15 von 22 Globetrotter-Filialen über lokale Werkstätten – gebrauchte Bekleidung und Ausrüstung führen inzwischen alle. Seit vergangenem Jahr ist gut erhaltene Markenausrüstung bei Globetrotter auch online erhältlich. „Die Nachfrage ist zurzeit deutlich höher als unser Angebot, daher liegt unser Fokus aktuell auch auf Warenbeschaffung“, sagt Ersch-Arnolds. Informationen zum Re:Think-Store in Bonn sowie zu nachhaltigen Angeboten und Dienstleistungen von Globetrotter gibt es im Sustainability Hub von OutDoor by ISPO.
„Trag’s nomoi“, heißt es in Bayern, wenn ein gebrauchtes Kleidungsstück nicht im Müll landen soll. NOMOI, also nochmal, lautet auch der Name des Secondhand-Programms von Sport Conrad. In 2022 war das Projekt erstmals Teil der WIR DENKEN UM (WDU) Woche, einem Gegenentwurf des Retailers zum Sale-Wahnsinn der Black Week. Damals konnten Produkte gepflegt, repariert oder bewusst gekauft werden. „Wir müssen viele Hebel in Bewegung setzen, um von einem linearen zu einem zirkulären Geschäftsmodell zu wechseln“, sagt Geschäftsführer Hans Conrad. „Mit NOMOI haben wir einen weiteren, wichtigen Schritt getan.“
NOMOI ist auf den stationären Handel begrenzt. Das spart nicht nur Emissionen und Geld für fortlaufendes Marketing, sondern reduziert auch den logistischen Aufwand. „Wir haben einen Ankaufs- und einen Abverkaufszeitraum, das ist sehr unkompliziert“, erklärt Stefanie Buchacher, Head of Corporate Sustainability bei Sport Conrad. Ein weiterer Vorteil: die Ansprache einer neuen Zielgruppe. „In den bisherigen NOMOI-Runden haben wir zum Großteil neue Kund*innen begrüßt, die bewusst Secondhand oder Liebhaber-Stücke suchten.“ Zuletzt gingen zwischen 80 und 90 Prozent der 400 abgegebenen Teile über die Ladentheke.
„Beim Verkauf erhalten Kund*innen 80 Prozent des Verkaufspreises in Form eines Sport Conrad Gutscheins“, sagt Buchacher. „19 Prozent werden für das Handling einbehalten und ein Prozent wird an ein Umweltschutzprojekt gespendet.“ Der nächste NOMOI-Ankaufszeitraum in den drei Filialen Garmisch-Partenkirchen, Penzberg und Wielenbach ist vom 24. Juni bis zum 7. Juli 2023. Der Verkauf findet während der WDU-Woche vom 8. bis 15. Juli 2023 statt. Neben den Marken Maloja, Patagonia, Ortovox und Norrona wird es dann erstmals auch Produkte von Peak Performance, Dynafit, Salewa, Vaude und Arc’teryx geben.
Kein lästiges Eingeben der URL, kein mühsames Durchklicken durch Browser-Favoriten: Mit Progressive Web-Apps landet der Lieblings-Online-Shop gleich auf dem Smartphone-Homescreen. Auch ROSE Bikes bietet eine Abkürzung auf seine virtuelle Verkaufsfläche an. Für die User erhöht das den Komfort beim mobilen Shoppen. Und: „Durch die Darstellung als App-Icon auf dem Homescreen steigt die Bindung zum Lieblingsshop zwischen Kund*innen und Brand“, sagt IT Director Daniel Vollmer.
Kund*innen erwarteten heute, dass Online-Shops auf mobilen Endgeräten einfach und intuitiv zu nutzen seien, so der Experte. „Zudem muss das Surfen durch den Online-Shop performant, ohne große Ladezeiten möglich sein. Eine PWA unterstützt diesen Ansatz, sich schnell und effizient durch den Online-Shop zu bewegen, da sie in der Regel auch bei schlechter Internetverbindung eine nahtlose Customer Experience unterstützt.“
Im Gegensatz zur Entwicklung einer nativen Shop-App ist der Entwicklungsaufwand einer PWA mit den aktuell verfügbaren Technologien deutlich kostengünstiger. Knappe Entwicklungsressourcen können so in die Umsetzung von Customer Journey Features im Online-Shop investiert werden. „Und davon profitieren dann auch wieder die PWA, da neue Features hier ebenfalls sofort verfügbar sind“, erklärt Vollmer. In einer E-Commerce-Studie von creativestyle war ROSE Bikes der einzige von 20 getesteten Online-Shops, der bereits vollständig auf PWA setzt.
Aus den Tiefen des Kleiderschranks zu neuen Höhen: Der Schweizer Retailer „2nd Peak“ hat sich auf den Verkauf gebrauchter Outdoor-Bekleidung spezialisiert. „Sie ist beständig, hat einen längeren Modezyklus, kann in der Entsorgung im Vergleich teilweise höchst problematisch sein – und sie ist teuer“, erklärt Gründerin Isa Schindler. Seit Februar 2020 haben sie und ihr Team bereits 16.000 getragenen Stücken zu einem zweiten Leben verholfen. Das kommt einer Ersparnis von 80 Tonnen CO₂ gleich. Inzwischen ist 2nd Peak mit je einem Store in Zürich und in Bern vertreten.
Mittlerweile hat sich das nachhaltige Konzept herumgesprochen. „Wir bekommen so viel gute Ware, dass wir unsere Ansprüche und die Qualität unseres Angebots laufend steigern können“, freut sich Schindler. Schon die Optik spielt eine Rolle. Manchmal finden coole 30-jährige Vintage-Teile den Weg ins Sortiment, ein anderes Mal schaffen es fünfjährige modische Ausrutscher nicht in die Auswahl. Für die Qualität von Hardshells hat Schindler inzwischen ein feines Gespür. „Die müssen wir visuell und haptisch beurteilen, das haben wir mittlerweile recht gut im Griff.“ Bei Schuhen schauen die Secondhand-Profis vor allem auf die Sohlen.
Übrigens: Wer bei 2nd Peak einkauft, trägt bald vielleicht die Kleidung prominenter Outdoor-Vorbilder. Unter anderem bieten Alpinist Roger Schäli, Splitboarder Levy Luggen oder Kletterer und Ex-Mountainbiker Noah Blöchlinger ihr gebrauchtes Equipment im Shop an.
Nachhaltig bedeutet, weniger zu verbrauchen und damit weniger zu produzieren. Diese Überzeugung ist für einen Retailer sicher nicht alltäglich. Den niederländischen Einzelhändler Bever hat sie zum Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit gemacht. „Uns geht es darum, dass unsere Produkte möglichst lange halten“, sagt Marketing & Communication Manager Marloes Bras. Das fängt bei qualitativ hochwertigen Produkten an, bezieht sich aber auch auf Wartungs- und Reparaturservices, die das Leben von Kleidung & Co. verlängern.
Darüber hinaus bekämpft Bever die Verschwendung von Textilien. Während zahlreiche – meist gut gemeinte – Kleiderspenden oft als Abfallberge in Südamerika oder Afrika enden, hat der Retailer ein eigenes Recycling-Programm eingerichtet. „Mit unseren Mitarbeitern sortieren wir abgegebene Outdoor-Ausrüstung und -Kleidung und finden die beste Lösung für die Produkte“, erklärt Bras. „Das können wir aber nicht allein tun. Deshalb sind wir Initiator der Circular Outdoor Industry Partnership.“ Das Engagement des CSO reicht von der Instandhaltung von Produkten bis zur Verarbeitung am Ende ihres Lebenszyklus.
„Derzeit sind unsere Nachhaltigkeitsaktivitäten verlustbringend“, sagt Bras. „Aber unsere Vision ist es, dass sie in Zukunft Teil eines neuen Geschäftsmodells sein werden, das sich auf die Verlängerung der Produktlebensdauer konzentriert und gleichzeitig neue Produkte anbietet.“
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