Wie die RSG Group weiter mitteilt, wurde auch Schallers Sohn identifiziert. Die Lebensgefährtin, deren Tochter, ein Mitarbeiter und der Pilot, die ebenfalls an Bord waren, werden weiterhin vermisst. Sie waren alle gemeinsam auf dem Weg in den Urlaub, als das Privatflugzeug vor der Küste Costa Ricas am 21. Oktober 2022 abgestürzt ist.
Erst im Juni hatte der 53-jährige Schaller seinen ersten Concept Fitness Club HEIMAT in Los Angeles eröffnet. „Rainer Schaller wollte einen Ort kreieren, an dem Menschen ihren ganzen Tag verbringen können und sich wie zuhause fühlen“, sagt Jeanine Minaty, seine persönliche PR-Referentin. Aufgrund des Konzeptes sowie der „vielen Annehmlichkeiten ist HEIMAT im Premium Segment angesiedelt“. Dies sei – mit den ursprünglichen Wurzeln im Discountbereich – ein riesiger Schritt für die RSG Group gewesen.
Auch das Konzept der Marke „John Reed Fitness“ ging weg vom Discount-Image: Fitness, Musik und Design in bester Clubatmosphäre erleben. Als neue Fitnessstudio-Marke geschaffen, neben der Hauptmarke McFIT, sind die Beiträge nur minimal teurer. Als Grund nennt Minaty die Ansprache einer weiteren Zielgruppe und „sich als Gesamteindruck weg vom rein Funktionalen Trainieren zu positionieren“.
Mit 15 Jahren hat Schaller mit Bodybuilding angefangen, wie er in einem Interview verriet. Bei seinem ersten Besuch in einem Studio in seiner Heimat Schlüsselfeld habe er gleich gefragt, was er tun müsse, um erfolgreich zu trainieren. Und bekam als Antwort, dass er das Bodybuilding-Buch, die „Bibel“ von Arnold Schwarzenegger kaufen soll. Er habe sich von Anfang an in den Sport verliebt und immer Spaß am Sport gehabt, erzählt Wahlberliner Schaller. Er liebt es, dass er seinen Sport machen konnte, wann er wollte. Sein erstes Fitnessstudio war zuhause auf dem Dachboden, das erste offizielle Studio eröffnete er 1997 in Würzburg – im Alter von 27 Jahren.
Das Unternehmertum habe er als Einzelhändler früh gelernt, noch heute gehört ihm ein Supermarkt. In seinem ersten Studio habe er sogar geschlafen, die Fitnessgeräte habe er gebraucht gekauft – weil er kein Geld hatte. Der Name des Studios: McFit. Der Name ist Programm. Schaller bietet in seinen Fitnessstudios kostengünstiges Training für alle – ohne Wellness-Komfort. Kritiker stört die „Aldisierung“ des Fitnessstudios – das Discounter-Prinzip der McFit-Studios.
Nach Aussagen eines Insiders teilte sich Rainer Schallers Leben in eine Zeit vor der Love Parade 2010, und in eine Zeit nach der Tragödie, bei der 21 Menschen ums Leben kamen. „Rainer Schaller hat sich unmittelbar nach der Katastrophe in Duisburg nach vorne gestellt und umgehend die moralische Verantwortung übernommen. Er hat sich Zeit seines Lebens fernab der Medien mit Hinterbliebenen und Betroffenen getroffen und ihnen seine Hilfe angeboten“, informiert Schallers persönliche PR-Referentin Minaty. Rainer Schaller wurde nie angeklagt, er hat als Zeuge vor Gericht ausgesagt, bevor der Prozess eingestellt wurde.
Schaller baut über die Jahre ein Fitness-Imperium auf und wird mit McFit europaweit die Nummer eins. 2019 benennt er seine Firma in RSG Group um.
Gold’s Gym in den USA war nicht nur wegen Arnold Schwarzenegger, der in einem der Studios seit 1968 trainierte, eine „Inspiration und Vorbild“ für Schaller. Als das US-amerikanische Unternehmen vor der Insolvenz steht, kauft der Deutsche 2020 für 100 Millionen Dollar die Kultmarke – mit mehr als 600 Studios weltweit.
Zum jetzigen Zeitpunkt gehören Fitnessmarken wie John Reed, gym80, Gold’s Gym und Cyberobics zum Unternehmen, aber auch Modelagenturen und das Künstlermanagement Tigerpool.
Ralph Scholz, Vorsitzender des Deutschen Industrieverbands für Fitness und Gesundheit (DIFG), erfuhr in einer WhatsApp vom Tod seines ehemaligen Chefs und war schockiert. Scholz entwickelte als Geschäftsführer gemeinsam mit Schaller das Projekt „The Mirai“, die „Zukunft des Fitnesssports“ in Oberhausen. Scholz erinnert sich mit einem Lächeln an seinen ersten Kontakt mit Schaller – zu der Zeit war er Event-Director der FIBO.
McFit-Mitarbeiter hätten ihn angerufen und darum gebeten, dass er für ein Gespräch nach Berlin komme. Rainer Schaller würde etwas mit ihm besprechen wollen. Dass am gewünschten Termin allerdings gerade die „weltgrößte Fitnessmesse stattfand“, und er natürlich nicht nach Berlin kommen könnte, das hätten die McFit-Mitarbeiter „gar nicht auf dem Schirm“ gehabt, sagt Scholz. „McFit ist eine Burg, das habe ich Rainer auch mal gesagt. Es geht das Tor hoch, man geht da durch, dann geht das Tor wieder zu. Aber man weiß nie genau, an was in diesem Unternehmen gearbeitet wird.“
Scholz bringt nach eigenen Worten Rainer Schaller für sein Lebenswerk große Wertschätzung entgegen. „Diese verdient er zweifelsohne und diese wurde ihm – auch das gehört zu seiner Geschichte – in der Fitnessbranche sehr lange verwehrt.“
Rainer Schaller hat laut Scholz sehr früh erkannt, dass Fitnesstraining emotional aufgeladen werden müsse, um für die Menschen dauerhaft als attraktives Produkt zu gelten: Mit dem Claim „Einfach gut aussehen“ und der Gründung der Modelagentur „McFit-Models“ habe Schaller seinen Teil dazu beigetragen, vom Muckibuden-Image wegzukommen und Fitness „fashion-like“ zu machen.
Ähnliches gelte für die Gründung der Marke „John Reed Fitness“: „Die Grundidee, Fitnesstraining in einem urbanen Lifestyle-Kontext stattfinden zu lassen, wurde anfangs von vielen in der Branche belächelt, hat aber das Image von Fitness ebenfalls ein Stück weit verändert und verbessert."
Zwei Jahre lang hat der heute 57-Jährige mit Schaller zusammengearbeitet. Er erlebte ihn als einen Menschen, der „unglaublich an seine eigenen Stärken und seine eigenen Ideen“ glaubte. Mit seiner „besonderen Persönlichkeitsstruktur“ habe sich Schaller auch gegen Widerstände durchgesetzt. Der Fitnessunternehmer habe aber auch Potenziale in anderen Menschen erkannt und „Spezialisten und Experten um sich gesammelt. Er hat sich immer die Topleute geholt, die er brauchte, um gewisse Sachen umzusetzen.“ Allerdings gibt Scholz auch zu, dass Widerspruch in der Öffentlichkeit eher schwierig war. „Man war immer gut beraten, ihn vorher abzuholen. Unter vier Augen konnte man ihm nämlich alles sagen.“
In eine ähnliche Richtung geht der Post von Unternehmer Brent Bolthouse: „Seine Energie war ansteckend, er liebte das Leben. Er lebte das Leben, und alles, was er tat, war eine Mondlandung, aber er tat es zu seinen Bedingungen."
Schaller sei ein großzügiger Mensch gewesen, sagt nicht nur sein ehemaliger Mitarbeiter Scholz, sondern auch eine McFit-Mitarbeiterin, die ihrem verstorbenen Arbeitgeber auf Instagram dafür dankt, „dass du Menschen zusammengebracht hast, die zusammengehören. Danke für all die geilen Erinnerungen, Partys, Reisen und vieles mehr mit dir und deiner Company, von denen wir mit Sicherheit auch noch in 10, 20 oder 50 Jahren sprechen werden. Danke für die Menschen, die du in mein Leben gebracht hast, meinen Ehemann, meine besten Freunde! Wo auch immer du, deine Familie und Marcus jetzt seid, ihr bleibt uns in diesen Momenten und Erinnerungen erhalten“.
Auch Wladimir Klitschko trauert in einem Video, das nur eine Woche vor der Tragödie aufgenommen wurde, um seinen „Freund und wirklichen Bruder. Er war ein großartiger Vater, eine Führungspersönlichkeit, ein Unterstützer der Ukraine und insgesamt ein guter Mensch. Er hat ein Vermächtnis hinterlassen, und alle, die das Glück hatten, ihn zu kennen, werden ihm zustimmen. Ich werde dich und deine Familie wirklich vermissen, eine große Tragödie und ein großer Verlust. Ich liebe dich Kumpel, RIP Bruder“.
Mit einem emotionalen Post nimmt Boss-Hoss-Sänger Alec Völkel Abschied von seinem Freund Rainer und dessen Familie: „14 Tage lang wollten wir es nicht wahrhaben, doch nun kriecht die Gewissheit wie kalter Nebel in jede Gedankenritze: Unser letztes Treffen war ein Abschied für immer. Als Familie seid ihr gegangen und als genau diese liebenswerte Einheit werden wir euch und die Kids für immer im Herzen behalten. Danke, für all die schönen Momente dieser langen Freundschaft. So wie auf dem Bild – bei unserer Hochzeit – werden wir euch in ewiger Erinnerung behalten: vor Freude strahlend!"
Wie es bei der RSG Group weitergeht, ist derzeit unklar, auch, ob es ein Testament gibt. Inwieweit Schallers Bruder oder sein Vater das Unternehmen erben und in seiner Gesamtheit weiterführen werden – das bleibt abzuwarten. Nach Firmenangaben hat die RSG Group aktuell 21 Marken. 6,4 Millionen Mitglieder trainieren in Studios oder mit digitalen Angeboten. Rainer Schaller hat damals zur Übernahme von Gold’s Gym gesagt: „Veränderungen muss man sehr vorsichtig angehen, nicht gegen die Menschen, sondern mit den Menschen.“ Vermutlich kommen auf die 41.000 Mitarbeiter*innen (inklusive Franchise-Nehmern) jetzt einige Veränderungen zu – denn der kreative Kopf der RSG Group, Rainer Schaller, ist tot.
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