Fitness/19.03.2019

Fitness-Papst Gottfried Wurpes: „Den Digital-Tsunami kann man nicht aufhalten“

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Drei Mal die Woche trainiert der Fitness-Gründer Gottfried Wurpes Kraft und Ausdauer – und das seit mehr als 30 Jahren. Beim „Mountain Peak Summit“ in Kitzbühel spricht er über digitale Investments, analoge Trainingspläne und das perfekte Belohnungssystem.

Gottfried Wurpes ist Gründer und CEO von „The Fitness Company“.
Gottfried Wurpes ist Gründer und CEO von „The Fitness Company“.

Gottfried Wurpes ist Gründer und CEO von „The Fitness Company“ und seit 25 Jahren Markenbotschafter von „Technogym“, dem offiziellen Ausstatter von Österreichs Fußball-Nationalteam sowie des Österreichischen Skiverbandes. Im Interview mit ISPO.com verrät er, wie das Fitnessstudio der Zukunft seiner Meinung nach aussehen sollte.

Digitalisierung wird eine Rolle spielen

ISPO.com: Herr Wurpes, wie entwickelt sich die Fitness-Branche?
Gottfried Wurpes: Die Entwicklung in den letzten Jahren ist dramatisch – in eine sehr positive Richtung. Das hat sich in drei, vier Themenbereiche aufgesplittet. Getrieben wird der Markt von den Low-Budget-Ketten, die sehr dynamisch unterwegs sind und das flächendeckend betreiben, ähnlich wie das der Lebensmittelhandel vor vielen Jahren gemacht hat. Die Qualitätsanbieter sind allerdings auch sehr stark im Kommen, an Standorten, die schon einem Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel gleichkommen, wo der Service-Ansatz ein sehr hohes Prioritätsmerkmal hat und wo auch die Rahmenbedingungen der Betreuung und der Zielerreichung ganz oben stehen.

Der dritte und aus meiner Sicht wesentliche Punkt ist die Digitalisierung, die in dieser Branche natürlich eines der Kernthemen ist. Dazu gibt es divergierende Meinungen. Die einen behaupten oder glauben 'Wir brauchen das nicht', die anderen befinden sich quasi im Digital-Tsunami. Den kann man eigentlich nicht mehr aufhalten. In den nächsten Jahren wird man sehen, wohin die Reise geht.

Gottfried Wurpes beim "Mountain Peak Summit" 2019 in Kitzbühel. 
Bildcredit:
Imago

Personal Trainer oder doch lieber die App

Was glauben Sie?
Ich glaube, dass die jüngere Zielgruppe, die Digital Natives, bis etwa 30, sehr stark am Tracken orientiert ist. Die wollen alles wissen: wie weit sie gegangen sind, wie schnell, wie viel Kalorien usw. Das wird mit zunehmendem Alter ein bisschen geringer, wobei wir auch hier eine Zunahme sehen. Aus meiner Sicht wird es eine Mischung werden zwischen dem digitalen Ansatz und dem Betreuungs- und Umsetzungsansatz. Allein die digitale Welt bringt auch nichts, wenn die Ziele nicht ganz klar definiert sind. Ich glaube, dass der Studiobetreiber, der mit Qualitätsansatz arbeitet, in Zukunft beides bieten muss, also Betreuung plus Digitalisierung.

Wird Personal Training noch zunehmen?
Wenn man sich das leisten kann! Es gibt eine kleine Zielgruppe von fünf bis zehn Prozent, die das durchaus annehmen. In den USA zum Beispiel ist das gelernt. Da ist der Personal Trainer der tägliche Begleiter im Fitnessclub, steht daneben und zählt die Wiederholungen, was in Europa eher undenkbar ist. Von Betreiberseite ist es halt immer die Abwägung des Investments in die digitale Infrastruktur, die natürlich nicht unerheblich kostet. Und auf der anderen Seite in die Human Resources, die auch dementsprechend kosten.

Ein Rundum-Paket für Studio und Outdoor

Dann muss man nach Ihrer Firmenphilosophie eigentlich nicht mehr fragen. Das ist dann wohl genau dieser angesprochene Mix aus persönlicher Betreuung und digitaler Komplettabdeckung, korrekt?
Genau. Wir arbeiten seit fast 30 Jahren mit Technogym als Vertrieb für Österreich, Tschechien und die Slowakei, und haben versucht den Markt dahingehend aufzubauen, indem wir 2010 mit der ersten digitalen Plattform dieses Thema implementiert haben. Das war am Anfang schwierig, weil das Investment in eine digitale Umgebung eine hohe ist: Da muss ein Studiobetreiber schon etliche Hunderttausend Euro in die Hand nehmen. Aber wenn man diejenigen nach einem halben Jahr fragt, ob sie noch analog und mit einem Trainingsplan auf Papier arbeiten könnten: völlig ausgeschlossen.

Hier hat sich schon sehr viel geändert. Es gibt sicher Bereiche, in denen man kein Tracking und keine Digitalisierung braucht, aber es gibt auch sehr viele positive Aspekte: ein Rundum-Paket über das, was man im Studio und Outdoor trainiert hat. Dazu gibt es ja tausend App-Anbieter. Wenn das dann, wie bei uns, in einer Datenbank zusammengeführt wird, dann hat das für den Kunden durchaus einen hohen Mehrwert.

Kurzfristige Belohnung bringt nicht viel

Eine Zielgruppe sind dabei bestimmt auch Menschen, die sich sonst nicht so oft zu etwas Bewegung aufraffen können und die Zahlen auf dem Display als Belohnung und Anerkennung für das Geleistete verstehen.
Da sind wir beim Thema Motivation – das ist für 70 Prozent unserer Kunden durchaus ein Thema. Die Motivation kann natürlich durch solche Applikationen und Belohnungssysteme etwas gesteigert werden. Wir haben aber die Erfahrung gemacht: Die schönste Belohnung ist immer, wenn man erkennt, dass sich am eigenen Körper etwas bewegt. Wenn man abnimmt, Muskeln aufbaut oder der Kreuzschmerz weniger ist. Sterne und Pokale als Belohnung sind vielleicht kurzfristig interessant, aber nachhaltig kann so etwas nur mit einer Lebensveränderung stattfinden. Wenn man wie ich 50 ist, weiß man: Wenn man nicht trainiert, sich nicht selbst quält, quält einen dann sein Körper.

Wie wichtig ist die ISPO Munich für ein Unternehmen wie das Ihre?
Ich bin jedes Jahr dort und hole mir da viele Informationen und Input, was der Markt und die Industrie so zu bieten haben. Gerade was die digitalen Trends betrifft, ist die ISPO Munich ein wichtiger Austauschpartner für uns. Wir selbst liefern ja keine Tracker, sondern nehmen nur die Daten der Tracker auf unsere eigene Plattform auf, von daher müssen wir immer auf dem letzten Stand sein, was die Technologieansätze betrifft - und in dieser Hinsicht funktioniert die ISPO Munich ja schon seit vielen Jahren bestens.