Welcher Satz erscheint richtiger:
- „Mit einem E-Mountainbike komme ich an Orte, an die ich mit einem normalen MTB nicht käme.“
- „Mit einem Mountainbike komme ich an Orte, an die ich mit einem E-MTB nicht käme.“
Wer noch keine Erfahrungen mit E-MTBs gesammelt hat, sagt wahrscheinlich: In Satz 1 steckt mehr Wahrheit. Doch erfahrene E-Mountainbiker wissen: Satz 2 kann mindestens genauso richtig sein.
Wie es zu diesem Sinneswandel kommt,zeigen wir in unserer Aufstellung der wichtigsten Vorteile und Nachteile von E-Mountainbikes.
Was gibt es Schöneres, als gemeinsam Sport zu machen? Vor dem Zeitalter der E-MTBs sah man in den Bergen aber vor allem homogene Gruppen auf Mountainbikes. Ähnlicher Fitnessstand, oft auch ähnliches Alter. Logisch: Denn wie soll der 65-jährige Vater dieselben steilen Rampen wie sein trainierter, 33-jähriger Sohn erklimmen? (Ja, es gibt natürlich auch sehr fitte Senioren.)
Einer der größten Vorteile von E-Mountainbikes ist daher, dass sie helfen, Leistungsdifferenzen zu überwinden. Niemand mit Konditionsdefizit muss sich ausgeschlossen fühlen, dank der elektrischen Unterstützung ist der Bike-Ausflug in die Berge für alle ein Vergnügen.
Beim Mountainbiken geht einem ja schon mal schnell die Puste aus. Das geht selbst trainierten Sportlern so, die sonst nicht auf dem MTB unterwegs sind. Mit hochrotem Kopf und knapp unterm Maximalpuls rackert man sich die Berge und insbesondere steile Rampen empor. Der Körper arbeitet voll im anaeroben Bereich. Diese Belastungsspitzen kosten ordentlich Körner – und das ist nicht unbedingt das Ziel bei mehrstündigen MTB-Touren.
Gesünder und effektiver für die Fettverbrennung ist aerobes Training, also eine dauerhafte, gleichmäßige Belastung. Das E-Mountainbike ist bei der Belastungssteuerung der perfekte Helfer. Belastungsspitzen werden vermieden, der Puls befindet sich bei angenehmen 120 bis 140 Herzschlägen pro Minute. Und wer doch einmal zwischendurch seine Pumpe auf Hochtouren bringen möchte, kann ja einfach mal kurz den Motor abschalten.
Okay, dieser Vorteil kommt wenig überraschend. Es ist auch mal schön, wenn man mit seinem Bike oben am Berg ankommt, ohne komplett durchgeschwitzt zu sein. Was in der Praxis aber wirklich angenehm ist: Mit einem E-Mountainbike lassen sich bergauf auch kleinere Verblockungen oder Wurzelpassagen meistern, bei denen man mit einem Mountainbike hängenbleibt. Ebenfalls ein kleiner Vorteil: Das Anfahren in einem Steilhang gelingt mit einem E-MTB mühelos.
Voll im Trend liegen derzeit E-Enduros, die ihre Fahrer unabhängig von Liften machen. So lassen sich geniale Trails auch mehrmals am Tag fahren. Die Bergauf-Fahrt erfolgt oft mit maximaler E-Unterstützung. Damit bei diesen Akkuenergie raubenden Fahrten nicht schnell Ende (im) Gelände ist, bunkern die E-Enduro-Biker gerne Ersatzakkus.
Und auch bergab können E-Mountainbikes viel Freude bereiten. Zumindest war dies mit unserem Testbike, dem Strike eRide 720 von Scott, der Fall. Denn besonders in unwegsamen Gelände fühlt man sich auf einem massigen E-MTB sicher. Zumal der Schwerpunkt wegen des E-Motors in der Kurbel deutlich tiefer liegt. Auf die Nachteile in technischen Passagen kommen wir später zu sprechen.
Als E-Mountainbiker in einer Gruppe „normaler” Bikern sollte man sich in diese Rolle fügen: dass man gerne als Lastenesel für Ersatzschläuche, Werkzeug und Notfallset missbraucht wird. Worin nun der Vorteil liegt? Nun, auf der anderen Seite ist es mit einem E-Mountainbike auch leichter möglich, die Kameraausrüstung, die man früher niemals mit nach oben geschleppt hätte, mit in die Berge zu nehmen.
Außerdem tut es auf einem E-MTB nicht so weh, wenn man bei der letzten Abzweigung mal falsch abgebogen ist und nun 100 Höhenmeter zurückfahren muss. (Wer kennt das nicht?) Und in einem Notfall ist es mit einem E-Mountainbike mitunter schneller möglich, Hilfe zu holen.
Wer gerne neue Sportgeräte ausprobiert, der kommt an einem E-Mountainbike quasi nicht vorbei. Es muss ja nicht sofort ein Kauf sein. E-MTBs ermöglichen Erlebnisse, die man sonst eher nicht kennt: Mit 20 km/h den Schotterweg hinauf rasen. Den steilsten Hang im Ort einfach mal hochstrampeln. Die 75-Kilometer-Tour mit den 2.500 Höhenmetern ohne schmerzende Beine beenden. Kurzum: E-Mountainbiken macht wirklich Spaß.
Einen überzeugten Mountainbiker zum Umsteigen aufs E-MTB zu bewegen, das ist manchmal gar nicht so leicht. Und tatsächlich lassen sich die Nachteile von E-Mountainbikes nicht leugnen.
Wer ein E-Mountainbike kaufen will, muss tief in die Tasche greifen. Selbst der Preis für Einsteigermodelle liegt über 2.000 Euro – wenn man einen gewissen Qualitätsanspruch hat. Für diesen Preis bekommt man zum Beispiel das Haibike SDURO HardSeven 1.0.
Unser Testbike von Scott liegt mit seinen 6.000 Euro noch nicht mal in der obersten Preisklasse. Für das Haibike Flyon NDURO wird man rund 9.000 Euro los – und letztlich ist es auch kein Problem, für E-Mountainbikes einen fünfstelligen Betrag zu zahlen.
Da könnte es doch eine gute Alternative sein, das E-MTB auszuleihen? Ja, aber günstig ist das auch nicht. Je nach Modell und Saison zahlt man zwischen 40 und 70 Euro pro Tag.
Wenn man auf einem E-Mountainbike sitzt, spielt dessen Gewicht keine große Rolle. Spannend wird es jedoch, wenn man absteigen muss. Wer es schon nervig findet, ein Mountainbike (wiegt normalerweise etwa 10 bis 14 Kilo) eine kurze Passage nach oben zu tragen oder ins Auto zu verladen, der wird ein E-Mountainbike verfluchen. Denn E-MTBs wiegen schon mal 25 Kilo, selbst wenn man den Akku rausnimmt, sind es nur 2,5 bis 4 Kilo weniger.
Tipp am Rande: Der Akku sollte vor dem Rad-Transport mit dem Auto immer entnommen und sicher verstaut werden.
Manche Touren sind für E-Mountainbiker unmöglich. Man muss nämlich schon sehr kräftig gebaut sein, um mit einem E-MTB auf der Schulter sicher über Steine oder über einen überschwemmten, verblockten Weg zu klettern. Da hilft auch die oftmals eingebaute sogenannte Schiebehilfe nicht weiter.
Wie formulierte es ein Bergfreund, der sich ein E-MTB testweise geliehen hatte, so schön: „Das ist ja wie Mofa-Fahren in den Bergen.“ In der Tat lässt sich ein normales Mountainbike in technischen Passagen deutlich leichter steuern.
Ist der Akku im Unterrohr so verbaut, dass dieses deutlich breiter daherkommt (wie bei unserem Testbike von Scott), vergrößert sich auch der Wendekreis des E-Mountainbikes, der Lenker lässt sich nicht so weit einschlagen. Spitzkehren, durch die man ein normales MTB selbst als wenig geübter Fahrer ohne Probleme manövriert, erfordern mit einem E-MTB höchste Konzentration – wenn man nicht sogar kurz absteigen und umheben muss. Ein Versetzen des Hinterrades vom Rad aus, ist schon mit einem (leichteren) normalen MTB eine Technik für Fortgeschrittene und wird mit dem E-MTB nochmal schwieriger.
Nein, als E-Mountainbiker ist man längst nicht überall willkommen. Viele Mountainbiker und auch Wanderer reagieren auf die Motorisierung mit unverhohlener Ablehnung. Ihr Empfinden: Wer es nicht mit eigener Kraft in die Berge schafft, hat dort nichts zu suchen.
Die Zeiten, in denen E-MTBs als technische Neuerung zumindest noch bestaunt wurden, sind vorbei. Vielerorts fühlen sich Bergsportler von E-Mountainbikern massiv gestört – und bringen dies auch deutlich zum Ausdruck. Wobei dies auch von Region zu Region unterschiedlich ist. Hier hilft nur: Toleranz, Freundlichkeit und Rücksichtnahme.
Was bedeutet es für die Reichweite, wenn der Akku des E-Mountainbikes eine Kapazität von 500 Wattstunden hat? Im Vergleich mit normalen E-Bikes bzw. Pedelecs ist die Reichweiten-Berechnung für E-MTBs deutlich schwieriger. Denn der Faktor Berg bringt eine weitere Variable ins Spiel.
Nichts ist ärgerlicher als ein Akku, der vor dem Tour-Ende schlapp macht. Denn die meisten E-MTBs treten sich ohne elektrische Unterstützung extrem schwer. Nicht nur wegen des erhöhten Gewichts des Bikes, sondern weil bei vielen Antrieben ein deutlicher Tretwiderstand zu spüren ist (zum Beispiel beim oft verbauten E-Motor Bosch Performance CX). Antriebe der neuesten Generation kommen allerdings ohne Tretwiderstand aus.
Zurück zur Ausgangsfrage: 500 Wattstunden Akkukapazität bedeuten vereinfacht gesagt, dass man bei einem 250-Watt-Motor zwei Stunden lang Vollgas fahren könnte. Das können nur 30 Kilometer im steilen Gelände sein – oder auch mal 150 Kilometer in der Ebene.
Wer die E-Power am Berg nutzen möchte, muss sie vorher in den Akku laden – das ist klar. Eigentlich keine große Sache, aber eben auch eine Aufgabe mehr, um die man sich kümmern muss: Akku rausnehmen, Netzteil einstecken, mit Akku verbinden, einige Stunden warten, abstöpseln, Akku einbauen.
Doof: Manche Akkus lassen sich nicht entnehmen (zum Beispiel beim Rocky Mountain Instinct Powerplay). Wer sein Rad nicht mit in die Wohnung nehmen will, muss hier improvisieren.
Was man auch nicht vergessen sollte: Lithium-Ionen-Akkus haben eine begrenzte Lebensdauer. Je nach Belastung und Lagerung schaffen E-MTB-Akkus rund 500 Ladezyklen, ehe sie ausgetauscht werden müssen. Und das ist teuer: Der in unserem Testbike von Scott verbaute Akku Powertube 500 von Bosch kostet rund 650 Euro.
Die Stromkosten fürs Laden gehören übrigens nicht auf diese Nachteile-Liste, dazu sind sie zu marginal. Eine Akkuladung bei unserem Testbike (Akkukapazität 500 Wh) kostet nicht einmal 15 Cent.
Die einzelnen Komponenten von E-MTBs verschleißen schneller, weil sie meistens nicht speziell für E-Mountainbikes konstruiert werden. Das hohe Gewicht wirkt vor allem negativ auf Bremsbeläge und Bremsscheiben, die Zusatzkräfte des E-Motors verringern die Lebensdauer von Kette, Kettenblatt und Kassette.
Wenn einige Teile am E-Mountainbike bereits nach wenigen Monaten ausgetauscht werden müssen, kann das auch an der Komponente Mensch liegen: Studien haben gezeigt, dass man ein E-Bike deutlich häufiger nutzt und mehr Kilometer als mit einem normalen Rad fährt.
Darüber hinaus ist bei einem E-MTB auch die Wartung aufwendiger – und deshalb teurer. Ein E-Mountainbike-Service in einer Fachwerkstatt kostet etwa zwischen 50 und 100 Euro.
ebike-mtb.com hat mal genau nachgerechnet und ist bei einer Fahrleistung von 3.500 Kilometern auf Wartungskosten in Höhe von 590 Euro gekommen.
In unserer Aufstellung über E-Mountainbikes stehen sechs Vorteilen insgesamt sieben Nachteilen gegenüber. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Nachteile überwiegen. Denn letztlich muss jeder selbst entscheiden, wie er Für und Wider gewichtet. Wer beim Fahren eines E-MTBs große Freude verspürt, den sollten auch die hohen Kosten nicht schrecken.
Unser Tipp: Ob ein E-Mountainbike das Richtige ist, sollte man selbst ausprobieren. Leiht euch am besten ein E-MTB von einem Fachhändler oder nutzt Bike-Festivals und Testtage, um euch eine eigene Meinung zu bilden.
Haben wir eurer Meinung nach einen wichtigen Vorteil oder Nachteil vergessen? Wie ist eure Meinung zu E-Mountainbikes? Hinterlasst uns gerne einen Kommentar!
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