Wer einen Schuh auf den Markt bringen will, den Läufer gern schnüren, der muss sich fragen: Was brauchen Läufer und was wünschen sie sich? Wenn sie neue Schuhe entwerfen, arbeiten Laufschuh-Hersteller deshalb oft mit Sportwissenschaftlern, Medizinern und nicht zuletzt mit laufenden Menschen zusammen.
Basierend auf Labordaten und Umfrageergebnissen denken sie dann ihre Produkte neu oder richten gar die ganze Marke neu aus. Auf dem 7. Runner’s World Laufsymposium der ISPO Munich verrieten Asics und Nike, woran sie gerade arbeiten.
„Wir nutzen die Arbeit der Wissenschaftler, um unsere Produkte immer besser zu machen“, sagt Gary Raucher, der bei Asics die Bereiche Produkt, Marketing und Merchandising leitet. „Dieses Jahr beispielsweise kommt die 26. Auflage des Kayano auf den Markt – und jedes Modell war besser als das davor.“
Raucher sieht Asics mittlerweile als „Betreuer“-Marke, die sich um die Läufer kümmert: „Wir stehen für das gute Gefühl nach dem Sport, für die vielen Läufer, die laufen um des Laufens Willen.“
Andreas Moll, bei Asics der Merchandising Director Footwear, berichtet, mit welchen Daten die Entwickler im Unternehmen an neuen Produkten gearbeitet haben: „Biomechaniker haben festgestellt, dass beim Laufen viel Energie im Fußgelenk verpufft, weil es nicht stabil genug ist“, so Moll.
„Wir wollen diese Instabilität mit Schuhen besser kontrollieren. Dadurch sparen die Läufer eine Menge Energie, die sie in Geschwindigkeit investieren können.“ Asics‘ „Guidesole“, die mittlerweile in drei Modellen („Metaride“, „Glideride“, „Evoride“) verarbeitet ist, sorgt laut Moll für drei Effekte:
- Sie fixiert das Fußgelenk,
- Sie schiebt den Fußaufsatz unter den Körperschwerpunkt
- und unterstützt einen aufrechten Laufstil.
Was Wissenschaftler ebenfalls berechnet haben: den Energieverlust durch stark gedämpfte Schuhen. Der ist laut Moll enorm: „Für die Kunden hat Umfragen zufolge Komfort die oberste Priorität. Doch es kostet Kraft, sich bei jedem Schritt aus dem weichen Schaum stark herauszuhieven.“
In Tokio, so Moll, wird Asics im März ein neues Modell vorstellen, das die Energie dorthin bringt, wo sie hingehört: auf die Straße.
Auch Konkurrent Nike arbeitet mit Wissenschaftlern zusammen, um seine Laufschuhe besser zu machen. Matthew Nurse, Vizepräsident vom Nike Sport Research Lab in den USA: „Wir haben schon vor 40 Jahren Läufer untersucht. Damals waren das meist junge Männer, die sehr schnell waren. Inzwischen haben wir verstanden, dass wir uns mehr auf Frauen und Breitensportler konzentrieren müssen.“
Weil sich Studien zufolge 40 bis 75 Prozent der Läufer einmal im Jahr verletzen, setzt die Marke mit dem Swoosh hier an: „Verletzungen sind der größte Albtraum für Läufer“, sagt Kylee Barton, Footwear Director bei Nike. „Wir wollen eine Zukunft, in der kein Läufer mehr verletzt ist.“
Um Läufer besser vor Überlastungsverletzungen zu schützen, entwickelte Nike zusammen mit Sportmedizinern den „React Infinity Run“ – einen Schuh mit mehr Schaum an der Ferse, einer breiten Basis für viel Stabilität und einer abgerundeten Mittelsohle, die das Abrollen erleichtern soll. Die zugehörige Studie bauten Forscher der University of British Columbia so auf:
- Dauer: drei Monate
- Anzahl der Läufer: 226
- Anteil Frauen: 64 %
- Anteil Männer: 36 %
- neues Nike-Modell: 113 Läufer
- herkömmliches Nike-Modell: 113 Läufer
- gemeinsames Ziel: Halbmarathon
- Laufumfang insgesamt: 96.560 Kilometer
„Wir wussten, dass der Schuh gut ist, aber das Ergebnis hat selbst uns überrascht“, sagt Vizepräsident Nurse. Denn jene Läufer, die das Halbmarathontraining in dem neuen Schuh absolvierten, waren um bis zu 52 Prozent weniger verletzt.
Ob sie auch früher das Ziel erreichten? „Das war nicht Teil der Studie“, lacht Nurse. „Aber wir machen weiter mit unseren Forschungen, im Labor und auf der Straße.“
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