Fast jeder hat eine Jeans im Schrank, die stonewashed ist. Ganz Modebewusste besitzen vielleicht sogar ein Lieblingsteil im zerstörten Look. Die neue Wohnungseinrichtung im Shabby-Chic bietet Flair und das gewisse Etwas – oder nicht?
Kein Zweifel, der sogenannte Used-Look ist angesagt. Aber wenn man darüber nachdenkt, muss man über die Ideen findiger Marketing-Strategen eigentlich eher den Kopf schütteln. Ist es nicht absurd, mit künstlicher Alterung die Verkaufschancen zu erhöhen – und zugleich den Gebrauchswert zu senken? Der Trend Upcycling sagt etwas anderes!
Der Begriff – eine Zusammensetzung aus den englischen Begriffen up (hoch) und recycling (Wiederverwertung) – meint nicht nur die Nutzung der Abfall-Ressourcen in veränderter Form. Es geht darum, den „Müll“ in neue, nützliche Dinge zu verwandeln. Dabei wird die ursprüngliche Form gewissermaßen umgewidmet und aufgewertet, ohne dass das Material vorher zerstört wurde.
Aus alt mach neu - Mittlerweile durchlaufen viele Produkte den Prozess des Upcyclings und werden dann verkauft.
Zum einen sorgt die Einsicht der Begrenztheit verfügbarer Rohstoffe für zunehmende Upcycling-Maßnahmen, zum anderen wird Upcycling mittlerweile auch bei Künstlern und Designern angesehen und oft genutzt. Durch den Rückgang der natürlichen Ressourcen und durch den gesellschaftlichen Wandel gewinnt der Trend an Bedeutung.
Außerdem stellen Kosteneinsparungen und neue Vermarktungsmöglichkeiten weitere Vorteile dar. Allein in Europa werden jährlich 50 Millionen Tonnen Textilien weggeworfen. Davon landen nur 75 Prozent auf einer Mülldeponie. Und davon wiederum werden schließlich nur 25 Prozent recycelt.
Mithilfe der Stoffaufwertung werden zum Beispiel Taschen aus alten Plastikflaschen hergestellt. Ebenfalls beliebt sind nicht mehr gebrauchte Feuerwehrschläuche, die zu Taschen und anderen Accessoires umfunktioniert werden können.
Eine alte Kabelrolle wird zum Gartentisch, verwitterte Bootsplanken zu Regalen, Holzpaletten zu Sitzgruppen, wettergegerbte Segel zu Kissenbezügen oder eben die Sporttasche zur Mütze und das geliebte Skateboard zu Untersetzern, Klemmbrettern und Flaschenöffnern. Auf diese Weise entstehen individuelle und vor allem widerstandsfähige Produkte.
Wer hat’s erfunden? Das scheint schwer festzumachen zu sein, sicher gibt es vergleichbare Verfahren eigentlich schon immer. Der Begriff "Upcycling" selbst ist jedoch 1994 zuerst in der britischen Monatsschrift „Salvo“ in einem Interview mit dem Ingenieur Reiner Pilz aufgetaucht. Konkret ging es um die Wiederverwertung von Baumaterialien.
Pilz hatte bestehende Abfallrichtlinien angeprangert und gesagt: „“Recycling, I call it down-cycling. They smash bricks, they smash everything. What we need is up-cycling where old products are given more value, not less.” (dt.: Recycling, ich nenne es down-cycling. Sie zertrümmern Ziegel, sie zertrümmern alles. Was wir brauchen, ist up-cycling, bei den alten Produkten mehr Wert gegeben wird, nicht weniger.)
Was sich in einer Überflussgesellschaft wie Deutschland als ästhetischer Trend etabliert hat, ist in ärmeren Regionen der Welt längst selbstverständlich und wird überdurchschnittlich oft angewendet. Durch die geringe Verfügbarkeit an Rohstoffen und der Armut der Menschen, entstehen dort schon lange viele nützliche Gebrauchsgegenstände aus alten oder kaputten Produkten. Hier ist fantasievolles Upcycling ohnehin an der Tagesordnung – auch ohne tätige Umweltpolitik.
Auf den Philippinen werden zum Beispiel mit Wasser gefüllte Plastikflaschen in die Hausdächer gesetzt. Diese dienen als Lichtquelle während des Tages. Auch in Tansania wird upgecycelt. So werden alte Motorradreifen zum praktischen Schuhwerk, die dort für die gefährlichen Gelände eine nützliche Hilfe darstellen.
Doch auch in reicheren Regionen, beziehungsweise „Wegwerfgesellschaften“ wird Upcycling immer häufiger angewendet: Viele Unternehmen versuchen alltägliche Materialien durch die kreative Zweckentfremdung von unkonventionellen Ressourcen zu ersetzen. So entstehen zum Beispiel Sonnenbrillen aus alten Büchern und kaputte Hosen oder Tassen aus Kaffeesatz. Dazu gewinnen ästhetische Aspekte an Bedeutung; Alte Obstkisten, Paletten oder Weinflaschen werden so für die Innen- und Außeneinrichtung verwendet. Auch im Modebereich wird Upcycling immer häufiger angewendet.
Da Wegwerf-Produkte keine Option mehr sind, bieten immer mehr Firmen einen Reparatur Service an, bei dem zum Beispiel kaputte Outdoorbekleidung wieder bereit für den nächsten Einsatz gemacht werden können. Außerdem produzieren viele Outdoor-Hersteller mittlerweile ausschließlich recycelbar, das heißt, selbst wenn ein beschädigtes Produkt nicht mehr upgecycelt werden kann, kann es trotz allem wieder recycelt werden.
Durch den hohen Wasserverbrauch und die Verwendung von vielen Chemikalien ist die Herstellung von Kleidung meist sehr umweltunfreundlich. Outdoor-Firmen wie Patagonia, Jack Wolfskin oder Marmot setzen mittlerweile auf eine nachhaltige und umweltfreundliche Produktion.
Doch wirklich nachhaltig ist Kleidung erst, wenn sie auch lange getragen wird. Vieles landet zu schnell auf dem Müll. Outdoor-Hersteller haben sich deshalb als Ziel gesetzt, ihre Produkte möglichst langlebig herzustellen, sodass sie länger getragen werden kann, und im Falle eines Schadens wieder repariert/upgecycelt werden kann.
Der italienische Knopfhersteller Metalbottoni ist ein Pionier auf dem Gebiet der umweltfreundlichen Herstellung. Die Firma hat einen Produktionskreislauf entwickelt, der die Umwelt nur gering belastet.
Zusammen mit der Jeansmarke Redew8, die ihre Produkte mit ökologischen und nachhaltigen Materialien herstellen, will Metalbottoni einen Knopf entwickeln. Dieser soll aus recyceltem Kupfer bestehen und ohne chemische Verfahren hergestellt werden.
Auch Jeans sollen in Zukunft umweltfreundlicher produziert werden. Zum einen soll der hohe Wasserverbrauch gesenkt werden, und weniger Chemikalien verwenden. Außerdem wird nach Baumwollalternativen gesucht.
Soorty, ein Jeans Unternehmen setzt auf Zero Water Blue, einem Verfahren, das den Wasserverbrauch bei der Stofffertigung um 90 Prozent verringern soll. So werden nur noch 3,1 Liter Wasser pro Kleidungsstück verbraucht.
Angesichts wachsender Müllberge jedoch fordern nicht nur Umweltpolitiker neue Strategien ein. „Upcycling läutet eine neue Ära der Abfallverwertung ein“, hofft Christian Rauch, Leiter des Zukunftsinstituts in Frankfurt am Main. In seinen Augen befinden wir uns auf dem Weg von der Wegwerf- in die Kreislaufgesellschaft.
Es gelte, die Rohstoffmengen, die im Umlauf sind, dauerhaft zu nutzen. „Beim Recycling führen wir Produkte mit einem relativ hohen Energieaufwand einem niedrigeren Verarbeitungsniveau zu – beim Upcycling fällt das weg, da nimmt man die Produkte, wie sie sind.“
Der Trendforscher erwartet, dass das Phänomen Upcycling nicht in der Lifestyle-Sphäre hängenbleibt. Ein Beispiel sind für ihn Architekturmodelle, bei denen Mithilfe von alten Schiffscontainern neue Häuser entstehen – rein aus Abfallprodukten.
Upcycling ist eine Idee, deren Vorteile ins Auge springen: Zuerst ist es aktive Müllvermeidung, dann werden die Ressourcen geschont, weil weniger Rohstoffe nötig sind. Außerdem regt es Kreativität und Phantasie an – wer mag, kann seine Individualität und den persönlichen Stil ausleben und dabei noch den Geldbeutel schonen.
Upcycling ist beides: Nachhaltig und voll im Trend. Wir alle sollten versuchen alte Gegenstände aufzuwerten und von dem Lebensstil der Wegwerfgesellschaft loszukommen. Der US-amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison sagte: „Zum Erfinden brauchst Du eine gute Phantasie und einen Haufen Schrott.“ Er hat bewiesen, dass es funktionieren kann.
Upcycling gilt nicht ohne Grund als ein Nachhaltigkeitstrend - das Verfahren ist umweltschonend und regt zum kreativen Umdenken an, was schlussendlich auch das Fundament für innovative Geschäftsideen ist. Außerdem sind Upcycling Produkte wesentlich günstiger als neue Anschaffungen.
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