ISPO.com: Wir kennen die Haltungen aus Sportübertragungen: Die breite Brust signalisiert Dominanz, die hängenden Schultern eine Niederlage. Warum machen wir das so? Vor allem im Sport?
Caja Schöpf: Das hat evolutionäre Gründe. Wer eine dominante Körperhaltung einnimmt, signalisiert dem Feind Stärke, Mut und Angriffslust, wohingegen hängende Schultern und der hängende Kopf zum Scheitern verurteilt sind. Sie signalisieren Demut, Angst und Zweifel. Daher macht es natürlich gerade im Sport Sinn, sich dessen bewusst zu sein. Denn wir befinden uns meistens im Wettkampf und wollen dem „Feind“ ja nicht Demut und Angst signalisieren. Und unabhängig von der Wirkung nach außen, spielt die innere Wirkung auch eine große Rolle. Unsere Körpersprache hat einen großen Einfluss auf unsere Gedanken und Gefühle und somit letztendlich darauf, ob wir Leistung bringen können oder nicht – denn unter Angst und Zweifel kann niemand Leistung abrufen.
Welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen gibt es bei der Körpersprache im Sport?
Eigentlich keine, außer, dass Männer oft von Haus aus zu einer dominanteren Körpersprache neigen. Frauen müssen sich häufiger erst bewusst werden, welche Wirkung sie mit ihrer Haltung extern und intern erzielen können. Aber dasselbe Problem haben Männer teilweise auch: Nicht jeder Mann ist mit einer dominanten Körpersprache geboren und muss ebenso wie Frauen lernen, diese noch gezielter einzusetzen.
Aus deinen Coaching-Erfahrungen mit verschiedenen Sportlern: Verändert sich die Körpersprache im Laufe des Lebens?
Ja und nein, ich denke gewisse Aspekte gehören zur Persönlichkeit. Aber je nach Sportart oder auch berufliche und persönliche Laufbahn lernt man dazu, kann sich verbessern oder verändern. Was sicherlich anders ist, ist dass Kinder oft freier handeln, da sie zumindest in jungen Jahren noch nicht so viel darüber nachdenken, was jemand anderes über sie denken könnte. Dann kommt die Sozialisierung und sie passen sich mehr und mehr an.
Haben Einzelsportler eine andere Körpersprache als Mannschaftssportler?Das denken viele, weil ganz häufig vergessen wird, dass es nicht nur um die externe Wirkung geht, sondern auch um die Innenwirkung. Daher bleibt dominante Körpersprache immer das gleiche, egal ob Einzel- oder Mannschaftssportart. Was ich aus Erfahrung weiß, ist, dass Teamsportler sich schon eher in der Karriere damit befassen und es dementsprechend häufig deutlicher zeigen. Aber man muss nur mal überlegen, wie viele Einzelsportler wir kennen aus Tennis, Ski, Leichtathletik, die ungeheuer massiv mit der Körpersprache arbeiten.
Gibt es ein besonders eindringliches Beispiel aus der Sportwelt, für das Zusammenspiel von Körpersprache und Gefühlslage?
Ich würde sagen, wenn Christiano Ronaldo beim Elfmeter-Schießen dran ist, hat sich noch kein Torwart gefreut. Ronaldo polarisiert sehr, aber er ist ein perfektes Beispiel was Körpersprache nach innen und außen bewirken kann.
Was kann man tun, damit die eigene Körpersprache einen positiven Einfluss auf das Mindset hat? Wie kann man zum Beispiel selbstbewusster werden? Nicht nur im Profibereich, sondern auch als Hobbyathlet oder etwa im beruflichen Kontext?
Üben. Ganz klar Feedback einholen, sich im Spiegel beobachten, sich selbst Aufgaben geben, wie zum Beispiel in schwierigen Situationen auf Kopf, Schultern, Beinhaltung achten und dann die eigenen Gedanken und Gefühle beobachten. Was passiert in mir? Merke ich einen Unterschied zu vorher? Wenn man einen positiven Effekt spürt, und das passiert in 99 Prozent aller Fälle, wird man das wiederholen und somit langsam sein Verhalten ein Stück weit ändern. Das funktioniert in allen Bereichen des Lebens, dazu muss man kein Profisportler sein. Körpersprache ist ein wichtiges Tool, das wir viel mehr einsetzen sollten.
Gibt es dafür Übungen?
Dazu setzt man sich in einem Raum drei Minuten lang in die sogenannte Low Power Pose, heißt: am Boden sitzen, klein machen, Schultern und Kopf runter, Beine überkreuzen, kauern. Anschließend wechselt man die Position und stellt sich drei Minuten hin: Beine hüftbreit, Schultern und Kopf hoch, Brust raus, Arme schön an die Seite. Wie geht es einem danach? Sich selbst zu beobachten ist auch eine gute Übung: im Spiegel, in den Straßen in den Fenstern oder man holt Feedback ein, vom Profi oder von Freunden.
Sport hilft einem sehr, Spannung in den Körper zu bekommen, das ist wichtig für die Haltung. Denn woher soll ich wissen was Anspannung ist, wenn ich es noch nie erlebt habe?
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