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Health/20.08.2024

Weltweit steigt die Rate an Inaktivität: Auswirkungen und Chancen für die Sportartikelindustrie

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Wie ein aktueller Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigt, leidet die ganze Welt an einer stillen Pandemie. Es handelt sich dabei aber nicht um ein tödliches Virus, sondern es geht um die alarmierend hohe körperliche Inaktivität, insbesondere bei Erwachsenen. In diesem Artikel erfährst du alles über die Ursachen und die Auswirkungen auf die Sportindustrie.

Der WHO-Bericht zeigt, dass 31 % der Erwachsenen körperlich inaktiv sind. Es handelt sich um eine Krise, die irreversible Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen weltweit, das psychische Wohlbefinden und die Wirtschaft hat. Der sitzende Lebensstil ist eine tickende Zeitbombe, und die Kosten dieser Inaktivität führen zu einem rasanten Anstieg der Gesundheitsausgaben. Die Outdoor- und Sportindustrie hat diese Krise gerade noch rechtzeitig erkannt und einen gemeinsamen Ansatz entwickelt, der die Menschen zu Bewegung und Spiel anregen soll.

Aktuelle Statistiken zum Thema körperliche Inaktivität

  • Fast 1,8 Milliarden Erwachsene auf der ganzen Welt sind körperlich inaktiv. Es mag schockierend klingen, aber Inaktivität ist der viertgrößte Risikofaktor für einen frühen Tod. Sie ist für 3,2 Millionen Todesfälle jährlich verantwortlich.
  • Frauen sind häufiger inaktiv als Männer. Ihr Aktivitätsniveau nimmt ab einem Alter von 60 Jahren rapide ab. Und was ist mit der jüngeren Bevölkerung? Einem früheren Bericht zufolge sind 81 % der 11- bis 17-Jährigen nicht aktiv genug, um gesund zu bleiben.

Das Ausmaß der körperlichen Inaktivität ist von Region zu Region unterschiedlich. In Ländern mit hohem Einkommen ist sie mehr als doppelt so hoch wie in Ländern mit niedrigem Einkommen. Dr. Fiona Bull, Leiterin der Abteilung für körperliche Aktivität bei der WHO, fügt das ganze in einen größeren Kontext ein: "Diese Ungleichheiten sind nicht nur eine Statistik. Sie stehen für echte Menschen, die mit echten Hindernissen für körperliche Aktivität konfrontiert sind. Unsere Herausforderung besteht darin, Bewegung für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich und attraktiv zu machen."

Die Gründe für die steigende Inaktivität

Ein durchschnittlicher amerikanischer Teenager verbringt im Jahr 2024 mehr als 8 Stunden pro Tag vor dem Bildschirm. Wir stehen kurz davor, die fettleibigen Axiom-Menschen aus Wall-E zu werden, die an ihre Smartphones und Laptops gebunden sind. Für die körperliche Inaktivität gibt es mehrere Ursachen:

Urbanisierung:

Die Verstädterung hat einen wahren Dominoeffekt in Gang gesetzt. Wolkenkratzer, Einkaufszentren, Büros, Straßen, Überführungen usw. verringern Grünflächen und Erholungsgebiete und behindern Aktivitäten im Freien.

Technologie:

Der technologische Fortschritt hat zu mehr Inaktivität geführt. Lebensmittel, Informationen, Unterhaltung, Daten, Reinigungsdienste, Fahrzeuge: Alles ist auf Knopfdruck verfügbar!

Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Leben:

Wir verbringen immer mehr Zeit mit Arbeit und Ausbildung, was zu weniger körperlicher Betätigung führt. Wirtschaftliche Bedingungen wie Inflation und Rezession führen dazu, dass die Menschen in eine Art Hamsterrad geraten. Es bleibt kaum Zeit, über Gesundheit oder Work-Life-Balance nachzudenken.

Lockdown:

Die COVID-19-Pandemie hat die Situation weiter verschärft und die Grenze zwischen Privat- und Berufsleben verwischt. Lockdowns und Einschränkungen haben dazu geführt, dass die Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung eingeschränkt wurden. Selbst nach den Lockdowns haben die Menschen weiter von zu Hause gearbeitet oder gelernt.

Auswirkungen auf die Sportartikelbranche

Inaktivität und eine überwiegend sitzende Lebensweise führen zu Fettleibigkeit, Herzkrankheiten und Diabetes. Dadurch sind die Kosten für das Gesundheitswesen in die Höhe geschnellt. Hinzu kommt ein zusätzlicher Verlust durch Produktivitätseinbußen. Davon betroffen sind sowohl Einzelpersonen als auch die für die öffentliche Gesundheitsversorgung zuständigen Regierungen. Auch Unternehmen gehören zu den Leidtragenden. Vor allem die Sportartikelindustrie erleidet einen massiven Einbruch. Sie steht nun vor gewaltigen Herausforderungen.

Sinkende Umsätze:

Die Nachfrage nach traditioneller Sportausrüstung ist rückläufig, Das wirkt sich negativ auf die Umsätze und Gewinne aus. Hersteller und Einzelhändler müssen darauf mit Entlassungen und dem Schließen von Geschäften reagieren.

Überschüssiges Inventar:

Unternehmen und Geschäfte haben aufgrund der schwachen Nachfrage einen großen Bestand an unverkauften Produkten. Sie sind gezwungen, hohe Preisnachlässe zu gewähren, um die Lagerbestände abzubauen oder ihre Bestände mit Verlust zu liquidieren, was die Rentabilität beeinträchtigt.

Stagnierende Innovationen:

Forschung und Entwicklung zur Innovation und Einführung neuer Produkte benötigen finanzielle Ressourcen. Angesichts schwindender Einnahmen wirkt sich die Verlangsamung von Forschung und Entwicklung sowie der Einführung neuer Produkte auf die Kundenbindung aus.

Emma Zwiebler, CEO von WFSGI, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wir haben es hier mit einer ausgewachsenen globalen Gesundheitskrise zu tun, die ein beherztes Eingreifen erfordert - insbesondere von unserer Branche. Es ist an der Zeit, dass wir beginnen, nicht mehr Produkte, sondern Lebensstile zu verkaufen.“

Die Inaktivität nimmt zu, was dazu führt, dass Sportartikel weniger Einnahmen erzielen
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Die Antwort der Sportindustrie

Die Sportartikelindustrie hat erkannt, dass sie gegen die Inaktivität vorgehen muss. Es ist an der Zeit, sich auf die Veränderungen einzustellen und entsprechende Innovationen zu fördern. Die Industrie plant durch neue Produktlinien und Strategien die körperliche Aktivität und das sportliche Engagement zu fördern. Dazu gehört auch die Aufklärung der Menschen über alternative Trainingsmöglichkeiten in Innenräumen und die vielfältigen Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung. Der Weltverband der Sportartikelindustrie (World Federation of the Sporting Goods Industry, WFSGI) hat die Initiative ergriffen und Branchenführer wie Nike, Adidas, ASICS und andere an einen Tisch gebracht. Ziel dieser gemeinsamen Initiative ist es, Frauen zu stärken, die Zusammenarbeit innerhalb der Industrie zu fördern und Unterstützung von Regierungen zu erhalten. Tobias Gröber, ISPO Executive Director of Consumer Goods, hat dazu eine klare Meinung: "Dieser Kampf kann nicht von einer einzelnen Institution allein angegangen werden, sondern wir müssen alle zusammenarbeiten."

Einer der Bereiche, auf die sich die Industrie konzentriert, ist das Schaffen von Bewusstsein. Sie will den Austausch von Wissen und Best Practices stärken, um Maßnahmen zur Veränderung im Verhalten der Menschen zu forcieren. Außerdem baut die Industrie eine Gemeinschaft von Influencern aus den Bereichen Sport, Gesundheit und Bildung auf. Die Idee ist, über die Daten zur Inaktivität von Jugendlichen zu sprechen und die Bedeutung von körperlicher Betätigung in jungen Jahren zu betonen. Die Industrie hat sich verpflichtet, mit der WHO zusammenzuarbeiten, um die Umsetzung des Globalen Aktionsplans für körperliche Aktivität (GAPPA) zu unterstützen. Dabei handelt es sich um eine Bewegung zur Verbesserung körperlicher Aktivitäten und zur Verringerung von Gesundheitsproblemen bis zum Jahr 2030.

Der WFSGI-Vorsitzende Andy Rubin erklärte: "...obwohl wir geschäftliche Konkurrenten sind, kommen wir zusammen, um unsere Expertise in Bezug auf das Verbraucherverhalten zu teilen und Menschen für gemeinsame sportliche Aktivitäten zu begeistern. Wir sind alle in diesem Geschäft, um Menschen zu helfen, aktiver zu sein und eine lebenslange Leidenschaft für Sport und Bewegung und deren Vorteile zu entwickeln."

Die Rolle der ISPO und anderer Verbände

Tobias Gröber sieht die schwierige Situation dennoch positiv: "Die zunehmende Inaktivität in der Weltbevölkerung ist für die Sportindustrie eine große Bedrohung und eine Chance zugleich. Wer, wenn nicht die Sportindustrie, hat die Mittel, Regierungen, Institutionen und Einzelpersonen in ihrem Kampf gegen Inaktivität zu unterstützen?"

Um Regierung, Organisationen und Einzelpersonen zu unterstützen, plant die ISPO folgende Maßnahmen:  

  • Integration des Themas „Bekämpfung der Inaktivität“ in die ISPO-Plattformen
  • Austausch von Best Practices und Anwendungsfällen aus der Praxis, um Aufmerksamkeit und Dringlichkeit zu erzeugen
  • Vernetzung von Experten, politischen Entscheidungsträgern und Institutionen, um ein starkes Team zu bilden
  • Über die eigenen globalen Kommunikationskanäle ein Bewusstsein für das Thema schaffen

Laut Zwiebler von WFSGI geht es darum, den Menschen die schockierende Realität vor Augen zu führen. Sie erwähnt, dass die WFSGI die Aufmerksamkeit auf "das Risiko für eine nachhaltige Zukunft und die Auswirkungen auf künftige Generationen in Bezug auf die öffentliche Gesundheit" lenken will. Sie betont, warum es für die WFSGI und ihre Mitglieder dringend notwendig ist, die WHO in ihren Bemühungen zu unterstützen, das Level der Inaktivität zu reduzieren. "Je mehr kranke Menschen wir haben, desto anfälliger sind sie für die Auswirkungen des Klimawandels".

Auch andere Verbände auf der ganzen Welt engagieren sich für den Erfolg dieser Zusammenarbeit. Der Generalsekretär der FESI (Federation of the European Sporting Goods Industry), Jérôme Pero, weist darauf hin, dass er sich dafür einsetzt, die Ungleichheiten in Bezug auf die körperliche Aktivität, insbesondere bei Frauen, zu verringern. Pero äußert sich dazu folgendermaßen: "Wir haben uns verpflichtet, unser kollektives Fachwissen zu nutzen, um einen aktiven Lebensstil zu fördern und sicherzustellen, dass jeder, unabhängig vom Geschlecht, die Möglichkeit hat, von körperlicher Aktivität zu profitieren." Der Vorsitzende der JASPO (Japan), Motoi Oyama, erklärt: "Ich arbeite mit der Regierung und akademischen Gesellschaften zusammen, um das Bewusstsein für die Bedeutung von körperlicher Aktivität zu schärfen."

Die Präsidentin und Geschäftsführerin der Health and Fitness Association, Liz Clark, sagt dazu, dass der Verband "daran arbeitet, den Zugang von Jugendlichen und Erwachsenen zu Sport- und Bewegungsprogrammen wie Fitnessstudios und Sportkursen zu verbessern sowie individuelle Bewegung und Gruppenaktivitäten zu fördern."

Ein besserer Zugang zu Sport- und Bewegungsprogrammen ist der Schlüssel zur Senkung der Inaktivitätsrate
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Chancen für Innovation und Zusammenarbeit

Die führenden Unternehmen der Sportartikelbranche setzen auf innovative Taktiken, um der weltweiten Inaktivitätskrise zu begegnen. Dies hilft ihnen, sich in einem sich verändernden Markt zu positionieren, der die allgemeine Gesundheit und Wohlbefinden priorisiert, selbst wenn ein großer Mangel an gesundheitsförderlichen Aktivitäten besteht. Sie investieren in bedeutende Veränderungen, entwickeln innovative Produkte und arbeiten mit anderen Branchen zusammen, um die Art und Weise, wie die Menschen über Sport denken, auf folgende Weise zu verändern:

Produktinnovationen und Nachhaltigkeit:

  • Produkte, die unterschiedliche Fitnessniveaus, Interessen und Fähigkeiten ansprechen
  • Innovationen, die körperliche Aktivität leicht zugänglich, angenehm und lohnend machen
  • Fitnessgeräte für zu Hause wie Schreibtischfahrräder und Hanteln, die kompakt und leicht sind
  • Intelligente Fitnesskleidung und -geräte, die Feedback geben, Aktivitäten tracken und effektive Bewegungen ermöglichen
  • Aktive Möbel und Arbeitsplätze wie Stehpulte, Balanceboards, Schreibtischfahrräder usw.

Technologie und digitale Plattformen:

  • Mobile Apps mit personalisierten Trainingsplänen
  • KI-gestützte Workout-Gamification mit Herausforderungen und Belohnungen für Spaß am Sport
  • Wearables und intelligente Geräte für vernetzte Fitness
  • Virtual Reality zur Simulation von Outdoor-Aktivitäten für interaktives Training
  • Social Fitness-Herausforderungen zur Vernetzung von Ressourcen und Gemeinschaften
  • Abo-basierte Fitnessdienste wie Apps, Online-Kurse, Anleitung durch Trainer usw.

Schaffung von Communitys und Partnerschaften:

  • Förderung der Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen, Kommunen usw.
  • Unterstützung für Sportunterricht und Sportentwicklungsprogramme
  • Eintreten für höhere Investitionen in den Sportunterricht
  • Gemeinschaftlich orientierte Fitness-Plattformen, um Bewegung zu einer sozialen Aktivität zu machen
  • Plattformen und Apps, die auf eine ganzheitliche Verbesserung der körperlichen und geistigen Gesundheit abzielen

Kampagnen, um Bewusstsein zu schaffen:

  • Zusammenarbeit mit Gesundheitsorganisationen, politischen Entscheidungsträgern und Branchenführern
  • Recherche und Austausch von Erkenntnissen über den Nutzen von Bewegung
  • Erhöhung des Bewusstseins durch Markenplattformen, um deren Reichweite und Einfluss zu nutzen

Ausblick auf die Zukunft: Wie die Sportindustrie der Inaktivität entgegenwirkt

Der Anstieg der chronischen Inaktivität ist ein drängendes Problem. Es erfordert eine gemeinsame Antwort der Outdoor- und Sportindustrie. Die Marken entwickeln innovative Produkte, fördern gemeinschaftliches Engagement und setzen Technologien ein, um einen gesünderen Lebensstil zu fördern. Gemeinsame Anstrengungen sind entscheidend, um diese Krise zu bewältigen. Sportunternehmen und Verbände wie ISPO wollen der steigenden Inaktivität begegnen und neue Möglichkeiten für Wachstum und Innovationen erschließen.

Um auf dem Laufenden zu bleiben und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu erkunden, nutze die Plattformen der ISPO. Trete der Bewegung für eine aktivere Zukunft bei.