Julian Tan dachte zurück an diesen schwarzen Freitag, den 13., in Australien. Alle Formel-1-Teams waren schon da, bereit zum Start. Doch dann wurde an jenem 13. März 2020 der Saisonstart äußerst plötzlich und kurzfristig abgesagt. Corona natürlich. Da fragten sich alle bei der Rennsportserie zu diesem Zeitpunkt nur: „Was sollen wir jetzt tun? Wir waren in einer schwierigen Situation.“ So beschreibt es der Head of Digital Business Initiatives and eSports Formula 1 bei der ISPO Munich Online 2021.
In Tans Position war diese schwierige Situation aber ziemlich schnell vor allem eine Chance, die er mit seinem Team mit Leben füllte, unterstreicht er. Seit 2017 gibt es die Formula 1 eSports Series, ein Jahr sticht in der Entwicklung nun besonders heraus: „2020, mit dem Einfluss, den Covid-19 hatte, war ein echter Beschleuniger im Wachstum unserer eSports-Communitys.“
Es ist der positive Zwischenhalt in einer Geschichte, an der Tan gerade eifrig mitschreibt, und in der er es seit langem vor allem aufwärts geht. Ausgehend von der Erkenntnis, dass das klassische Formel-1-Publikum langsam altert – und wie man dies künftig ändern könnte –, startete die eSports-Serie 2017 durch. Die Formel 1 begründete ihre eSports-Strategie: „Wir suchten nach Tools und Wegen, mit denen wir ein jüngeres Publikum in einer Sprache ansprechen konnten, die sie verstanden. Gaming ist da eine Möglichkeit“, sagt Tan.
Gerade für die Formel 1 spricht in diesem Fall, dass die Motorsportfans den Sport so zumindest virtuell auch einmal selbst erleben können. Einen Tennisschläger oder Fußball können sie sich zulegen, aber in den Rennboliden dagegen nicht hüpfen, beschreibt Tan: „Gaming bietet diese Brücke. Und falls ein Unfall passiert, kann man den Restart-Button drücken.“ So bleibe der Spaß erhalten.
Das war ja auch so, als die reale Rennserie zu Corona-Zeiten pausieren musste. Die Zuschauer wollten „Racing“ sehen – und fanden es dann zumindest in den Streams der schnellsten Fahrer. Formel 1, das ist real wie virtuell: Race-Action, Rad-an-Rad-Duelle und Überholmanöver. Auch einige Formel-1-Fahrer nahmen an den digitalen Rennen teil, was die Bekanntheit zusätzlich steigerte. Hinzukommt, dass eSports in Zeiten des Klimawandels auch ohne Spritausstoß auskommt.
Zeitweise haben sich die Streams elf Millionen Menschen angeschaut, sagt Tan – es sind Rekordzahlen für die Formel 1. Verfolgen kann man die Rennen via Youtube, Twitch, Facebook oder in manchen Ländern sogar via TV. Jahr für Jahr steigt auch das Preisgeld – in 2020 ging es insgesamt um 750.000 Dollar, im eSports-Vergleich ist das aber natürlich noch lange nicht Spitzenklasse.
Mittlerweile ist es sogar so, dass auch ein regelmäßiger Austausch der Fahrer stattfindet. Es fahren ja nicht nur F1-Fahrer virtuell mit, es schaffen auch andere den Sprung. Der 22-jährige Türke Cem Bölükbasi etwa hat sich durch starke eSports-Rennen für ein Formel-3-Engagement empfohlen und dort jüngst auch erstmals Punkte geholt. Und der Niederländer Jarno Opmeer, der 2020, den eSports-WM-Titel gewann, wollte vor seiner virtuellen Karriere Rennfahrer werden. Er schaffte es in die Formel Renault. „So kann er seine Leidenschaft für die Formel 1 leben“, sagt Tan.
Nach dem großen Erfolg im Jahr 2020 soll es nun auch 2021 weiter bergauf gehen. Aktuell finden bereits Rennen statt – und damit vor der regulären Saison. Einige F1-Fahrer beteiligen sich erneut. Zuletzt beim Sieg von Enzo Fittipaldi, dem Neffen des ehemaligen F1-Weltmeisters Emerson Fittipaldi, waren etwa Nicholas Latifi und George Russell dabei.
Damit werden die Fans auch in der eigentlich so stillen „Offseason“ weiter gebunden. Nach Tans Angaben gelingt das sehr vielversprechend. Dabei spielen auch Partner eine Rolle für die Formel 1 wie der Spielehersteller Codemasters oder das Londoner eSports-Unternehmen Gfinity.
ISPO hat als weltweite Sport-Plattform den Milliardenmarkt eSports vor zwei Jahren ins Netzwerk aufgenommen: „eSports als Teil einer zunehmend digitalen Gesellschaft bringt neue Chancen mit sich“, sagt Tobias Gröber, Head of GB2 (IAA, ISPO, Inhorgenta).
Tan ist überzeugt, dass sich daran überhaupt nichts ändert: „Jeder verbringt immer mehr Zeit mit Gaming und damit, Influencern zuzuschauen. Dieser Trend ist sehr vielversprechend – nicht nur für die Formel 1, sondern für eSports als gesamte Industrie.“
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