Nach fast zehn Jahren hat die Welt einen neuen Schachweltmeister: Ding Liren, Jahrgang 1992, hat Altmeister Magnus Carlsen abgelöst. Nachdem das entscheidende Match gegen den Russen Jan Nepomnjaschtschi zunächst mit einem 7:7-Unentschieden ausgegangen war, wurde die Fortsetzung im Schnelldurchgang mit Tiebreaks auf den 30. April 2023 verlegt. Ding Liren setzte sich nach drei Unentschieden mit Schwarz durch und wurde so zum 17. Schachweltmeister, dem ersten aus China.
Das Besondere daran: Den Stream der FIDE-Weltmeisterschaft 2023 sahen sich unglaubliche 5,7 Millionen Zuschauer*innen an. Wie wurde Schach zu einer der meistgestreamten Sportarten und warum ist es vor allem als eSports so beliebt?
Online-Schach gibt es schon eine ganze Weile. 1992 wurde ein Internetserver für das Schachspiel entworfen und entwickelt: der Internet Chess Club oder ICS.
1995 ging die erste Online-Schach-Website caissa.com an den Start, die das Gesicht des Online-Schachs massiv geprägt hat. Seitdem haben sich viele weitere internationale Anbieter etabliert wie chess.com oder chess24. Derzeit besuchen insgesamt über acht Millionen Menschen Online-Schach-Websites.
Wie wurde das eSports Game so beliebt?
Ein Grund für die Beliebtheit von Online-Schach? Ganz klar die Pandemie: Während der Lockdowns begannen internationale Spieler*innen und Expert*innen, ihre Partien live zu streamen – entweder gegeneinander oder gegen einen Schachcomputer.
Es gibt aber noch weitere Gründe dafür, dass Schach mittlerweile eines der beliebtesten eSports Games ist:
Die 44. jährliche Schacholympiade musste wegen der Pandemie verschoben werden. Ein Online-Turnier sollte eine Alternative schaffen. Und der Versuch war extrem erfolgreich: Die FIDE-Online-Schacholympiade 2020 ist die Geburtsstunde des Live-Streamings von professionellen Schachspielen und erlangte international extrem hohe Aufmerksamkeit. Das lag zum einen an absoluten Spitzenteilnehmer*innen, zum anderen an der Zugänglichkeit des Formats. Die Olympiade arbeitete außerdem mit beliebten Streamern und YouTubern wie Daniel King, Anna Cramling und Jesse February zusammen, was sie noch erfolgreicher machte.
Im Oktober 2020 brachte Netflix eine Miniserie zum Thema Schach heraus: The Queen’s Gambit. Die Serie spielt in den USA im Jahr 1960. Im Mittelpunkt steht das Wunderkind Beth Harmon, das schon im Kleinkindalter das Schachspiel beherrscht. Die Serie war ein globaler Erfolg zur Hauptsendezeit und gewann 11 Emmy-Preise. Und sie steigerte weltweit das Interesse am Schachspiel: Plattformen wie Chess.com verdoppelten durch die Ausstrahlung der Serie ihre Nutzer. Der Google Play Store und der Apple Store verzeichneten einen Anstieg von 63 % bei den Downloads von Schach-Apps unmittelbar nach dem Start der Serie. Die Show hat auch etwas für die Inklusion von Frauen im Schach getan: Bis Ende 2021 waren fast 27 % der neuen Nutzer weiblich. 2024 soll die zweite Staffel von "The Queen’s Gambit" veröffentlicht werden.
Im Gegensatz zum physischen Schach, bei dem es schwierig ist, jedes Mal einen guten Gegner zu finden, ordnen Online-Schachplattformen einem Spieler*innen zu, die zu der eigenen Spielstärke passen. Durch die Möglichkeit, mit echten Gegner*innen in Echtzeit zu spielen, kommt außerdem eine soziale Komponente hinzu und es fällt leichter, den Fokus zu behalten. Darüber hinaus bieten Online-Plattform wertvolle Einblicke, die man beim traditionellen Schachspiel hat. So werden zum Beispiel Erfolgsquote, die für jeden Zug benötigte Zeit, die Effektivität der Eröffnungsbewegung und weitere Zahlen aufgezeichnet, sodass man Erfolge messen kann.
Schließlich haben Plattformen wie YouTube und Twitch Schach noch beliebter gemacht. Einige der besten Schachspieler*innen streamen täglich Turniere, Partien und Meisterklassen über diese Plattformen. Beide Plattformen unterstützen kostenloses Live-Streaming und machen die Matches für ein breites Publikum zugänglich. Von März 2020 bis August 2020 verzeichnete Twitch über 41 Millionen Zuschauerstunden allein für Schach-Streaming-Inhalte.
Spieler*innen wie Hikaru Nakamura begannen während der Pandemie, Schachinhalte auf Twitch zu streamen. Der Großmeister teilt professionelle Tipps und Techniken für das Spiel und gibt Einblicke in sein Leben als Schachspieler. Bei einem Schach-Stream auf Twitch schauen durchschnittlich 4.313 Zuschauer*innen zu. Schach ist eines der 20 meistgespielten Spiele auf der Plattform. Deshalb hat Twitch sogar ein Turnier mit dem Namen "Pogchamps" veranstaltet, an dem Top-Twitch-Streamer und Weltklasse-Schachspieler*innen teilnahmen. Mehr als 150.000 Zuschauer*innen verfolgten gleichzeitig die Matches. Chess.com war Gastgeber von Pogchamps. Und weil das Turnier so erfolgreich war, wurde es direkt fürs nächste Jahr wieder eingeplant.
Auf Youtube prägen Schach-Creator wie John Bartholomew und Agadmator die Szene, die die Möglichkeit haben, über die Plattform mit ihren Fans zu interagieren. So kommt ein sozialer Aspekt zum Schach hinzu. Außerdem motiviert die Monetarisierungs-Möglichkeit die Streamer dazu, weiterhin Content zu erstellen – und vielleicht aus einem lukrativen Hobby einen Hauptjob zu machen.
Mit dem Online-Schach wurde ein klassisches Brettspiel auf ein neues Level gehoben. Mehr noch, es wurde zukunftsfähig. Schach hat sich ein völlig neues und anderes Publikum erschlossen, das jünger, weiblicher und diverser ist. Außerdem wurde der Sport so für Interessierte aus aller Welt zugänglich – auch, wenn diese keinen Zugang zu professionellem Schachtraining haben.
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