Bei null muss das italienische Unternehmen Trerè nicht anfangen: Mehr als 20 Jahre verantwortete das Unternehmen die textil-technische Umsetzung, Produktion und den Vertrieb der Hightech-Sportmarken X-Bionic und X-Socks. Dieses Know-how soll jetzt in die eigenen Marken fließen. Vor allem in eine: UYN, sprich Unleash Your Nature.
Seit Generationen spezialisiert auf Strick, begann die Zusammenarbeit von Trerè mit X-Bionic und X-Socks im Jahr 1997. Auch für viele weitere bekannte Sport und Fashion Brands produziert Trerè. Insgesamt 560 internationale Auszeichnungen und Testsiege für Innovation, Qualität und Funktionalität haben die von Trerè produzierten Produkte mittlerweile gewonnen, erzählt Redini stolz.
Im Hauptsitz in Asola gibt es einen Raum, der den Produktinnovationen der letzten 20 Jahre gewidmet ist. Eine Porträt-Wand zeigt, wer alles die von Trerè produzierten Produkte getragen hat und trägt. Neben vielen international bekannten Persönlichkeiten sogar Wladimir Putin. Redini will raus aus dem Schattendasein, auf das Produzenten meist festgelegt sind. Warum? „Wir haben so viele neue Ideen“, sagt Redini. „Die früher für X-Bionic produzierte Wäsche war nur der Anfang, denn wir können so viel mehr!“
Er meint es ernst: Einen zweistelligen Millionen-Betrag investierte er in den letzten Jahren in den Ausbau des mittlerweile über 100.000 Quadratmeter großen Firmensitzes in Italien, inklusive Forschungs- und Entwicklungsabteilung, Labors, modernster Fertigung und einem neuen Logistikzentrum. In Bosnien steht ein weiteres Werk nur für die Produktion. Er lancierte die urbane Bikewear For.Bicy, entwickelte den Jacpack Rucksack für Biker, übernahm 2017 die Edel-Bikemanufaktur Titici, und startete 2018 weltweit mit der neuen Marke UYN.
Hinzu kommen neue Kooperationen mit bekannten Marken wie Replay, Canada Goose, Rossignol, Giorgio Armani, Luna Rossa und viele mehr. Es kann einem schon schwindelig werden, wenn Redini von all seinen Plänen erzählt. Von kleinen Sprüngen hält er wenig: Zum Markteintritt von UYN sind die weltbesten Ski-Teams aus Deutschland, Frankreich, Italien, Norwegen, Österreich, Russland, der Slowakei und Slowenien mit Funktionswäsche von UYN ausgestattet – individuell in den jeweiligen Nationalfarben designt. Hinzu kommt Werbung in Skigebieten, im Fernsehen etc.
Baselayer sind nur der Anfang von UYN, weitere Kategorien sollen folgen. Auch an den ersten Schuhen ist er schon dran. In zwei bis drei Jahren sollen sie 70 Prozent des Umsatzes ausmachen. Redini: „Alle sagen, dass das schwierig ist, aber jetzt will ich es erst recht!“
UYN will einen größeren Markt ansprechen als die früher produzierten X-Bionic bzw. X-Socks Produkte. Funktion und Innovation bleiben der Motor, aber Komfort und Mode spielen eine größere Rolle. Athleisure und Homewear lauten hier die Stichworte. In der Kollektion Winter 19/20 verarbeitet UYN z.B. Kaschmir mit Primaloft-Garn.
Redini: „Im niedrigen Merino-Preissegment ist zu viel Konkurrenz, wir wollen uns im mittleren bis gehobenen Segment positionieren. Händler brauchen Möglichkeiten sich zu differenzieren, um den Abstand zu Lidl und H&M zu vergrößern. Mit der Qualität und den Funktionen unserer Produkte ist dies problemlos möglich.“ Drei Kollektionen soll es pro Saison geben, davon eine Vororder. „Langfristig will ich dahin kommen, dass unsere Innovationen automatisch an den Händler geliefert werden. Das spart enorm viel Zeit“, so Redini weiter.
Auch den ersten UYN-Laden gibt es bereits in Paris. Bis Mitte dieses Jahres sollen drei weitere an den Start gehen. Allesamt sind ehemalige X-Bionic Flagship-Stores, die von Trerè betrieben wurden. Zudem wird ein Shop-in-Shop-Konzept für UYN entwickelt.
Redini will aber auch im Retail Neues ausprobieren: Statt klassischer Mono-Labelstores einzurichten, will er alle eigenen Marken in einem Retail-Konzept präsentieren und dazu den Produkten anderer Marken ein Forum bieten, die er im Auftrag produziert hat. Selbst der Name steht schon fest: AREAS für Academy Research Engineering for Apparel & Sports.
Dabei gehört aus Sicht von Trerè dem Strick die Zukunft, denn keine andere textile Fertigungstechnik lässt sich heute schon so gut digitalisieren. Strickmaschinen laufen nahezu vollautomatisch und werfen dreidimensionale, halbfertige Produkte aus, die nur noch wenige Nähte benötigen. Deshalb wird Stricken auch für die Herstellung von Outerwear und Schuhen immer interessanter. Redini hat das früh erkannt und viel in die Digitalisierung investiert – auch viel selbst entwickelt.
Neue Entwürfe laufen bei Trerè vom Rechner direkt auf die Maschine, ohne dass dafür noch ein Mechaniker nötig ist. Redini: „Früher brauchte die Entwicklung neuer Produkte drei Wochen, heute schaffen wir das in zwei bis drei Tagen.“ Auch Nachhaltigkeit spielt eine Rolle: Die ganze Firma ist STeP-zertifiziert, Bosnien soll diesen März folgen.
Redini will alle Fäden selbst in der Hand halten. Vom Design über die Produktion bis hin zum Vertrieb. Innovation ist der Motor der Sportbranche, aber „ohne sich mit Produktion auszukennen, kann man heute keine Innovationen mehr hervorbringen“, ist Redini überzeugt.
Die Vertikalisierung ist für Trerè und den Produktionsstandort Europa die Zukunft. Aber braucht der Handel noch eine neue Marke? Redini: „Platz gibt es, man muss nur beweisen, dass man es kann.“
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