„Kommentiere hier, welches unserer Produkte dir am besten gefällt und gewinne zwei von zehn Tickets fürs Finale” – mit solchen oder ähnlichen Gewinnspiel-Postings auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken versuchen zahlreiche Unternehmen, ihr teuer eingekauftes Sport-Sponsoring-Paket zu aktivieren. Schon seit Jahren – aber immer noch mit Erfolg, wenn es sich um ein attraktives Sportevent handelt.
Das ist immerhin digital gedacht. Doch wirken Gewinnspiele in den sozialen Netzwerken auch wirklich nachhaltig, um die Ziele des Sport-Sponsorings zu erreichen? Zumindest besonders kreativ ist diese Form des Online-Marketings nicht. Dabei bilden Kreativität und Emotionen die entscheidende Währung im digitalen Sport-Sponsoring. „Es geht um Kreativitätspower und wie man seine Rechte optimal aktiviert”, sagt Sebastian Kurczynski, Director Brand & Digital Consulting beim Forschungs- und Beratungsunternehmen Nielsen Sports.
„Die Digitalisierung bietet den Sponsoren ganz neue Möglichkeiten”, sagt Kurczynski. „Vor ein paar Jahren bedeutete Sponsoring noch Logopräsenz auf medienpräsenten Sportassets. Heute ist Sponsoring die Möglichkeit, Storytelling und Content Marketing zu betreiben – in Zeiten von Informations- und Werbeüberfrachtung ist das besonders attraktiv für Brands.”
Doch welche Sponsoring-Strategie wirkt nachhaltig positiv auf die KPIs des Unternehmens? Beim ISPO Digitize Summit 2018, dem Innovationsgipfel für die Sportbranche, berichteten zahlreiche Insider, wie sie sich die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation zunutze machen. ISPO.com beschreibt fünf Trends im digitalen Sport-Sponsoring, die uns 2019 und danach (noch mehr) beschäftigen werden.
Menschen lieben gute Geschichten. So einfach könnte man umschreiben, wie und weshalb Storytelling funktioniert. Wer mit seinem Sport-Sponsoring mehr als nur Aufmerksamkeit für seine Marke generieren will, sollte deshalb spannende Geschichten zu erzählen haben. Kreativität ist gefragt – aber auch Authentizität. „Die ideale Botschaft passt gleichermaßen zu Sponsor, Testimonial und Zielgruppe”, sagt Kurczynski.
Ein Beispiel: Nach dem Weltmeistertitel bei der Fußball-WM in Russland nutzte Ausrüster Nike die Euphorie in Frankreich für die bemerkenswerte Kampagne „We won it in France”. Die Geschichte ist so einfach wie genial: Der WM-Titel sei in Frankreich, genauer gesagt auf den Bolzplätzen im Land gewonnen worden, weil viele WM-Helden wie Kylian Mbappé und Paul Pogba als Straßenfußballer begannen. Der Titel gehöre also ganz Frankreich. Das Youtube-Video, das den „Kindern, die sich trauen, an sich zu glauben” gewidmet ist, sahen binnen kürzester Zeit mehr als drei Millionen Menschen.
Doch auch kleinen Unternehmen bietet sich die Möglichkeit, schlaues Storytelling zu betreiben. „Ich würde das nicht an der Unternehmensgröße festmachen”, sagt Kurczynski. „Auch für regionale Marken ist Online-Marketing sehr spannend, weil man zum Beispiel über Social Media gezielt seine Zielgruppe abseits der klassischen TV-Berichterstattung erreichen kann. Eine kleine regionale Marke kann so gemäß ihres Budgets ihr Sponsoring optimal aktivieren.”
Regionalität und Tradition liegen zweifelsohne im Trend. Daraus lässt sich auch im Online Marketing Kapital schlagen. Wie zum Beispiel die Outdoor-Firma Schöffel, die bei ihrer Kommunikations-Strategie die Tradition des 1804 gegründeten Familienunternehmens geschickt einsetzt.
Freunde der guten (Werbe-)Unterhaltung dürfen sich freuen. „Der Inszenierungs- und Unterhaltungsgrad ist deutlich größer geworden”, stellt Marketing-Experte Sebastian Kurczynski fest.
Targeting ist das Gegenteil des Gießkannen-Prinzips, dessen sich das Sport-Sponsoring lange bedienen musste. Statt „eine Botschaft für alle” heißt es nun „für jede Zielgruppe die richtige Botschaft”. Denn bei Facebook, Instagram, Twitter, Snapchat und den anderen sozialen Netzwerken können Marketing-Manager genau festlegen, wen die Message erreichen soll: Geo-Targeting, Demographic-Targeting, Interessen-Targeting – nichts ist unmöglich.
Könnte also heißen: Fußballfans im Alter von 18 bis 29 Jahren im Raum Kassel. „Die Tendenz ist: weg vom Push-Marketing, hin zum Pull-Marketing”, sagt Kurczynski. Dank der genauen Zielgruppenansprache in den sozialen Netzwerken sei Pull-Marketing weitaus günstiger geworden.
Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat die Druckwelle, mit der das Online-Marketing die Branchen durcheinanderwirbelt, lediglich ein wenig ausgebremst. Das Potenzial bleibt gewaltig.
Um sich von den großen Plattformen unabhängiger zu machen, setzt Adidas eine äußerst spannende Targeting-Strategie ein: eine eigene Plattform, die Adidas-App. Diese wurde sogar während der Fußball-WM auf den Banden beworben, was zu 14 Prozent mehr Downloads führte, wie Vorstandsmitglied Roland Auschel beim ISPO Digitize Summit verriet.
Adidas nimmt viel Geld in die Hand, um die Konsumenten auf die eigenen Plattformen zu locken. „Gib an, was dich interessiert, erhalte Adidas News und natürlich exklusive Angebote”, heißt es nach der App-Installation. Hauseigenes Targeting vom Feinsten, mit kostenlosen und DSGVO-konformen Konsumenten-Daten.
Authentisch, reichweitenstark, günstig – diese Eigenschaften ließen Influencer Marketing vor einigen Jahren zur vermeintlichen Wunderwaffe von Marketing-Managern avancieren. Doch der Ruf von vielen Influencern samt ihren Agenten hat nach Eklats um unprofessionelle Gratisprodukt-Jäger und missratenen Kampagnen enorm gelitten.
Ist Influencer Marketing 2019 schon wieder am Ende? Nein, meint Sebastian Kurczynski, ganz im Gegenteil: „Es boomt und ein Ende ist nicht in Sicht”, sagt der Experte von Nielsen Sports. “Zahlreiche aktuelle Umfragen unter Marketing-Entscheidern zeigen, dass sich Budgets immer stärker in diese Richtung verlagern.”
Wie in jeder jungen Branche finde nun im Influencer Marketing „eine Professionalisierung statt. Die Nachfrage der Unternehmen nach einer Strategie bei der Influencer-Auswahl und -Bewertung ist groß”, sagt Kurczynski. „Wir stellen fest, dass die Bindung der Sportfans zu Einzelsportlermarken zunimmt.
Für Fitness- und Sportmarken ist Influencer Marketing besonders reizvoll – die Gemeinsamkeiten mit den Influencern sind offensichtlich. Von schnelllebigen Influencer Sponsorings, die manche Plattformen anbieten, rät der Marketing-Experte ab: „Ich bin der festen Überzeugung, dass man beim Influencer Marketing nach langfristigen Partnerschaften suchen sollte und nicht nach einem Einmaleffekt.”
Im Idealfall sei Influencer Marketing kein Werkzeug zur bloßen Steigerung der Social-Media-Reichweite, „sondern zahlt nachhaltig auf Produkt und Marke ein“, meint Kurczynski. Michael Jordan und Nike, David Beckham und Adidas – das seien auf großer Ebene gelungene Beispiele von langfristigen Partnerschaften, die über den gesamten Marketing-Mix und innerhalb der Kommunikation über alle Mediengattungen hinweg wirken. Ob man sie nun Influencer oder Markenbotschafter nennt, ist unerheblich.
Wer jedoch meint, sich mit kleinerem Budget etwas von der medialen Aufmerksamkeit einer sportlichen Großveranstaltung einkaufen zu können, der bekommt Probleme. Die rigiden Vorgaben von Sportverbänden – wie zum Beispiel dem IOC während der Olympischen Spiele – machen es Sportlern und Sponsoren nicht leicht, ihre Botschaft während der Events zu verbreiten.
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