Während auf der diesjährigen ISPO Munich beispielsweise PrimaLoft mit PrimaLoft Bio, die erste synthetische Isolation, die komplett aus recycelten, biologisch abbaubaren Fasern besteht, vorstellte und Holmenkol das erste biozertifizierte und 100 Prozent biologisch abbaubare Skiwachs dem Fachpublikum präsentierte, herrscht bei den Hardware-Herstellern noch Nachholbedarf.
Die Beispiele der Ski-Hersteller Dynafit, eine Marke der OberalpGroup, und Nordica zeigen aber, dass es auch hier erste Schritte in Sachen nachhaltiger Produktion gibt. Außerdem interessant, Snowboardhersteller wie Burton, Nitro und Capita sind beim Thema Sustainability gleich eine ganze Boardlänge voraus. Capita erhielt 2017 sogar den Energy Globe Award, der Öko-Oskar unter den internationalen Preisen.
Bevor wir einen Einblick in die Anstrengungen der Ski-Hersteller Dynafit und Nordica geben und danach Beispiele aus der Snowboardbranche erläutern, lassen wir den Handel zu Wort kommen. Florian Großegger von Bergzeit GmbH erklärt worauf aus seiner Sicht die Kunden beim Kauf aktuell achten.
Wie stark wird die Nachhaltigkeit bei Ski, Boots und Boards im Handel nachgefragt?
Florian Großegger: Das Thema Nachhaltigkeit spielt im Bereich Bekleidung eine deutlich größere Rolle, als im Bereich der Hardware. Dennoch stellen wir fest, dass die ersten Skihersteller z. B. auf die Verwendung von FSC-zertifiziertes Holz setzen. Ein Beispiel aus dem Hause „dps“ ist die Entwicklung des „Phantom“-Materials, welches durch einmaliges Auftragen weiteres Skiwachsen ersetzt. Damit wird die Abgabe von bedenklichen Chemikalien an die Umwelt verhindert. Dennoch muss man derzeit sagen, dass es sich dabei noch um eine Nische handelt.
Gibt es Unterschiede zwischen Pistenfahrern, Tourengehern und Boardern?
Wir merken schon, dass der Tourengeher in der Regel umweltbewusster handelt und auch beim Kauf von Tourenbekleidung auf Umweltzertifizierungen wie bluesign achtet. Ähnlich verhält es sich beim Splitboarder.
Für Dynyafit haben Marie Mawe, Sustainability Managerin der Oberalp Gruppe und International Marketing Manager Dynafit, Alex Nehls, unsere Fragen beantwortet:
Wie geht man mit dem Thema Nachhaltigkeit bei Dynafit um?
Marie Mawe: Die Nachhaltigkeitsstrategie der Oberalp Gruppe und damit auch der Marke Dynafit, beruht auf zwei klaren Standbeinen: Ein deutliches Engagement für die Menschen sowie die Entwicklung von nachhaltigen Produkten. Wir investieren seit acht Jahren mit der Gründung unseres CSR-Teams in faire Arbeitsbedingungen und sichere Produkte. Im Produktbereich arbeiten wir eng mit Partnern wie der Fair Wear Foundation (FWF) und bluesign zusammen. Zudem arbeiten wir auch mit einer internen Chemikalienliste RSL (Restricted Substances List), in der wir Chemikalien in unserer Produkt- und Lieferkette überprüfen, und – über die gesetzlichen Richtlinien hinaus – einschränken.
Wird das Thema Nachhaltigkeit von Händlerseite nachgefragt?
Im Handel wird das Thema aus unserer Sicht immer wichtiger. Wir sind mit unseren Handelspartnern im Austausch zu Nachhaltigkeitsthemen und stellen fest, dass viele Händler eine Erwartungshaltung haben, aber nicht unbedingt aktiv nachfragen. Man verlässt sich in gewisser Weise darauf, dass die Hersteller ihren Teil leisten und dass sie ihr Engagement transparent kommunizieren. Vor allem bei Bekleidung ist Nachhaltigkeit ein großes Thema, rückt aber auch bei der Hardware zunehmend in den Fokus. Für Dynafit ist dabei der Standort der Produktionsstätten ein großer Pluspunkt. Unsere Ski werden in Österreich produziert, die Skischuhe in Italien. Die Montage aller Skitourenbindungen wird in drei Behindertenwerkstätten der Caritas in der Nähe von Passau durchgeführt.
Herr Nehls, gibt es Umstellungen und Einsparungen bei der Verpackung?
Alex Nehls: In 2019 werden wir zwei Projekte umsetzen: Es ist geplant, alle E-Commerce-Pakete auf Graskarton umzustellen. Dieser Karton besteht zu 50 Prozent aus Gras, wodurch ein deutlich geringerer Wasserverbrauch und keine Chemie zur Herstellung nötig ist. Eine weitere Neuerung betrifft ebenfalls den Bereich E-Commerce: Alle Bekleidungspakete an den Endkunden sollen zukünftig ohne Plastiktüte versendet werden. Dynafit behält die Polybags und verpackt die Produkte nur noch in umweltfreundlichem Papier. Damit soll ein 100 Prozent korrektes Recycling der Plastiktüten im E-Commerce-Bereich und letztendlich auch eine Reduktion der Polybags garantiert werden.
Können Alt-Ski, -Boots und -Bindungen kostenfrei von den Kunden oder vom Handel zurückgegeben werden? Und was passiert damit?
Mit diesem Thema befasst sich seit kurzem eine neu gegründete Projektgruppe. Überlegungen sind beispielsweise das Plastik der Skischuhe einzuschmelzen und entweder für Skischuhe oder für andere Bereiche wieder zu verwenden.
Nordicas Skiproduktion im österreichischen Mittersill, hat seit 2008 viele Restrukturierungs- und Verbesserungsmaßnahmen für eine positive Energiebilanz, eingeleitet. Dadurch konnte der Energieverbrauch inzwischen auf 1500 MWh gesenkt werden. Weitere Projekte befassen sich mit den Themen E-Mobilität und Abfallmanagement. Der aktuelle Bau einer großen Photovoltaikanlage wurde in vier Bauphasen projektiert. Zwei sind bereits fertig gestellt, die dritte wird gerade umgesetzt.
Nach der kompletten Fertigstellung erzeugt die Anlage 430.000 kWh Strom pro Jahr. Das entspricht ungefähr 15 Prozent des eigenen Strombedarfs. Aktuell werden gemäß dem ökologischen Fußabdrucks 583 Tonnen CO2 Emissionen erzeugt. Die Verbesserung durch die Photovoltaikanlage beträgt 158 Tonnen pro Jahr. Helmut Exenberger, Geschäftsführer der Produktionsstätte von Nordica in Mittersill sagt dazu: „Wir sehen es als unsere Pflicht, als eines der größten Unternehmen in der Region, eine Vorreiterrolle im Bereich Umweltengagement einzunehmen.“
Aus der Boardsport-Szene engagieren sich viele Mitarbeiter der „Rider driven Companies“ für den Erhalt einer intakten Umwelt. Beispielsweise gibt es bereits seit Jahrzehnten in der Snowboardszene Umweltschutzorganisationen wie „Ride greener“ und „Protect Our Winters“. Oft sind diese von der Industrie selbst initiiert und deren wichtigsten Bestrebungen lauten:
- Die Klimabilanz der Unternehmen sowie der Sportler zu senken
- Recyclingprogramme zu entwickeln
- Verpackung und Vertrieb umweltverträglicher zu gestalten
- Plastik durch natürliche oder recycelte Materialien zu ersetzen
Die Boarder nehmen damit eine Vorreiterrolle ein, wie es die Brands Nitro, Burton und Capita zeigen:
Alex Konz, Marketing Nitro: „Wir lieben das Snowboarden zu sehr, um nichts für unsere zukünftige Generation zu tun!“ Dazu gehört beispielsweise das Nitro-Snowboards mit 100 Prozent wasserbasierten Farben und lösungsmittelfreien Lacken hergestellt werden, die Bases zu mehr als 85 Prozent aus recycelten Rohstoffen bestehen und die Holzkerne zu 100 Prozent FSC-zertifiziert sind. Auch für Bindungen und Boots werden recycelte oder PVC-freie Materialien genutzt.
Insgesamt achte Nitro darauf, Überproduktion zu vermeiden, sagt Alex Konz. Boards und Bindungen werden in Taiwan produziert, Boots in China und die Outerwear neu in einer thailändischen High-End-Produktion unter geprüft fairen Arbeitsbedingungen.
Darüber hinaus erklärt der Marketingmanager seine Sicht zum Trendthema Nachhaltigkeit:
Herr Konz, ist Nachhaltigkeit ein Thema im Handel und bei den Kunden?
Alex Konz: „Man kann es absolut als Trend bezeichnen und genau da liegt die Gefahr, bzw. lassen sich viele zu verrückten Claims hinreißen. Aktuell wird viel dafür getan, es zu einem Verkaufsargument zu machen, bzw. wird allgemein zu viel geclaimt. Wir bei Nitro haben schon immer Wert darauf gelegt, unseren Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Nur weil hier und da einzelne Marktteilnehmer versuchen einzelne Bestandteile ökologisch abbaubar herzustellen, heißt es noch lange nicht, dass ein Snowboard komplett recycelt werden kann. Es ist ein langer Weg und wir beteiligen uns aktiv – setzen aber nicht auf „greenwashing“ für Marketingansätze.
Wie sieht es mit Alt-Boards aus: Können diese vom Kunden oder vom Handel für Recyclingzwecke zurückgegeben werden?
Hier hatten wir mal eine sehr gute Kooperation mit ReMount, eine Firma die aus alten Snowboards Longboards hergestellt hatte. Wir haben sie unterstützt indem wir kostenlos beschädigte Boards dorthin gegeben haben. Nachdem die Nachfrage allgemein nach Longboards aber zurückgegangen ist, ist dieses Thema eingeschlafen. Aber wir sind jederzeit bereit altes Material für Recyclingzwecke abzugeben. Außerdem haben wir beispielsweise zur Wiedereinführung der „Pyro“, Kunden die Möglichkeit gegeben, ihr originales Pyro aus der ersten Serie gegen das aktuelle Modell einzutauschen.
Donna Carpenter, CEO von Burton drückt es so aus: „Als passionierte Snowboarder, Berg- und Winterliebhaber nehmen wir den Klimawandel sehr persönlich.“ Entsprechend hat sich Burton konkrete Nachhaltigkeitsziele für 2020 gesetzt, die Sozial- und Umweltstandards umfassen. Dazu gehören unter anderem die Bereiche Abfallreduzierung, Tierschutz oder eigene Reisen.
Außerdem setzt Burton auf eine Software zur Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA), um die Umweltbelastung der Produkte gezielt innerhalb des Zyklus zu analysieren und anzugehen. Beispiel Transportwege: Die Snowboard-Fabrik in Österreich stellt die Hälfte der weltweiten Burton-Snowboards her, mit Material aus einem Umkreis von 250 Meilen und mit 100 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen. Ein umfangreiches Up-/Recycling- und Reparaturprogramm wandelt bis zu 85 Prozent alter Boards u.a. in Schilder um, bis nächstes Jahr sollen 40 Prozent aller Garantiefälle repariert werden.
Last but not least, setzte Capita, die jüngste Brand in der hier vorgestellten Runde, 2015 mit dem „Mothership“ eine Brettmanufaktur ins österreichische Feistritz, die ihresgleichen sucht: Capita schuf die, nach eigenen Angaben, modernste und sauberste Snowboardfabrik, die komplett mit heimischer Wasserkraft, also CO2-neutral betrieben wird und erhielt dafür 2017 den Energy Globe Award. Neben der Wasserkraft orientieren sich die Werkstoffe an mehr wasserbasierten Farben, pflanzlichen Harzen und weniger Lösungsmittel.
Gavin Patnode, Produktmanager/Capita auf die Frage, ob eine nachweisbar nachhaltige Produktion von Snowboardprodukten ein wichtiges Verkaufsargument darstellt:
„Ja. Wir beobachten einen wachsenden Trend bei einer breiten Gruppe von Verbrauchern, die sich nicht nur darum kümmern, welche Produkte sie kaufen, sondern auch, wie diese hergestellt werden. Es ist eine sehr aufregende Zeit!“
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