Die Sportindustrie steckt im Umbruch. Innovationen und Kreativität gehören schon immer zur DNA der Sportindustrie. Dass sich der Wettbewerb um die spannendsten Neuentwicklungen inzwischen weitgehend auf den Bereich der Nachhaltigkeit verlegt hat, ist jedoch neu. Die Bandbreite an neuen biobasierten oder recycelten Materialien, an neuen Produktideen und neuen Lösungen für einen nachhaltigeren Konsum war auf der vergangenen ISPO Munich 2020 einfach beeindruckend. Viel zu viel Greenwashing? Keineswegs. Nachhaltigkeit ist ein Prozess, bei dem es darum geht, bisherige Produktions-, Vertriebs,- und Konsummodelle zu hinterfragen und kontinuierlich zu verbessern. Erfreulicherweise begeben sich immer mehr Unternehmen auf diesen Weg. Hier ist eine Auswahl der spannendsten neuen Produkte.
Die Verwendung recycelter Materialien setzt sich allmählich durch. Doch wie sieht es mit der Recyclingfähigkeit von Produkten aus? Da steht die Branche noch ganz am Anfang. Für die Lösung dieses Problems hat Bergans of Norway ein Pilotprojekt zusammen mit dem finnischen Bio-Faserhersteller Spinnova gestartet. Spinnova produziert Zellulosefasern aus zertifiziertem Holz, das sich problemlos wieder recyceln lässt. Erstes Produkt ist ein Rucksack, der zunächst in limitierter Stückzahl an interessierte Konsumenten verkauft wird. Dabei erwerben die Kunden nicht nur den Rucksack, sondern vor allem dessen Material. Am Ende der Nutzungsphase schicken die Konsumenten den Rucksack zurück an Bergans und bekommen daraus ein neues Produkt. Spinnova arbeitet außerdem daran, für die Faser künftig auch Zellulose aus der Landwirtschaft und aus Bioabfällen verwenden zu können.
Das Recycling von Textilien, die mit Membranen verklebt sind, stellt bislang ein Problem dar. Die französische Snowsports Marke Picture Organic Clothing präsentierte als erste Marke exklusiv eine neue wasserdichte, atmungsaktive Skijacke mit der neuen Xpore Membran des taiwanesischen High-Tech Spezialisten BenQ Materials. Die Xpore Membran verspricht eine ähnliche Performance wie andere Membranen, besteht aber aus Polyolefin und enthält nur Kohlenstoff und Wasserstoff. Das macht die Membran in zweierlei Hinsicht ökologisch interessant: Erstens ist das Verfahren völlig lösungsmittelfrei, da Xpore mechanisch und nicht chemisch verstreckt wird. Da die Xpore Membran zweitens nur Wasserstoff und Kohlenstoff enthält, werden bei der thermischen Behandlung zum Recycling keine schädlichen Chemikalien oder Gase freigesetzt. Das heißt, „es ist möglich, die Xpore Membran zusammen mit Textilien zu recyceln, ohne dass bei der thermischen Behandlung schädliche Stoffe entstehen“, sagt Stella Lin, Digital Marketing Manager bei BenQ Materials Corporation.
Pure Waste aus Helsinki hat es geschafft, den gesamten Input für die Kollektion allein aus recycelten Materialien zu bestreiten. Alle Produkte bestehen zu 60 Prozent aus recycelter Baumwolle, 40 Prozent entfallen auf recyceltes Polyester aus PET Flaschen. „Noch lieber wäre uns 100 Prozent recycelte Baumwolle“, erklärt Anders Bengs, einer der Gründer der Marke. „Doch das ist derzeit noch nicht möglich, dann würde die Haltbarkeit der Produkte leiden, was nicht nachhaltig wäre.“
Ausgangsmaterial sind Produktionsabfälle aus der Bekleidungsindustrie, die beim Zuschnitt überall anfallen. Um eine gleichbleibende Qualität und Farbauswahl garantieren zu können, beschränkt sich Pure Waste auf die Farben, die in der Industrie am häufigsten produziert werden: Schwarz, Weiß, Grau und ein dunkles Blau. Um auch mal ein Rot anbieten zu können, muss erst einmal die entsprechende Menge an Abfall besorgt werden. Die Garne werden in der eigenen Fabrik in Indien gesponnen und auch verkauft. Doch das ist nicht alles: Erstmals konnten Produkte mit 20-prozentigem Anteil an Post-Consumer Baumwolle und Denim in die Kollektion integriert werden. Dieser Prozentsatz soll sukzessive erhöht werden. Schließlich geht es Pure Waste nicht nur um die Industrieabfälle, das Unternehmen arbeitet mit weiteren Partnern an der Entwicklung von lokal einsetzbaren Recycling-Lösungen für Post-Consumer Textilabfälle.
Die schwedische Outdoormarke Houdini hat mit dem Launch des Mono Air Houdi aus Polartec Power Air ein neues Innovationsprojekt vorgestellt. Das Ziel: den Verlust von Mikrofasern bei synthetischem Fleece weiter zu verringern. Das funktioniert durch eine besondere Strickkonstruktion, die im Vergleich zu anderen hochwertigen Fleecen etwa fünfmal weniger Fasern freisetzt, und die Polartec bereits im letzten Jahr vorgestellt hat. Mit dem neuen Mono Air Houdi von Houdini wurde nun eine um etwa 25 Prozent leichtere Version entwickelt, die das ganze Jahr über getragen werden kann – als Midlayer oder als Außenjacke. Seinen Namen Mono trägt das Houdi, da es komplett aus nur einem einzigen Garn gefertigt wurde.
Nicht nur technische Bekleidung braucht ein nachhaltiges Update, auch Freizeitkleidung. Outdooranbieter Vaude hat eine ebenso robuste wie modische Jacke aus einem Material vorgestellt, das zu 55 Prozent aus Hanffasern und zu 45 Prozent aus recyceltem Polyester besteht. Das Gute an Hanf: Hanf ist sehr anspruchslos im Anbau und verbraucht wenig Wasser, zudem werden keine Pestizide eingesetzt. Der Einsatz von recyceltem Polyester verringert wiederum den Verbrauch von neu produziertem Plastik und reduziert somit den ökologischen Fußabdruck und die CO2-Bilanz. Darüber hinaus hat der clevere Materialmix eine ausgezeichnete Wärmeleistung, durch eine gewachste Oberfläche ist die Jacke zudem wetterfest.
Patagonia hat sein Nano Puff Jacket nachhaltig weiterentwickelt und präsentiert als erster Markenpartner die Herstellungstechnologie von PrimaLoft P.U.R.E. . PrimaLoft P.U.R.E., das für 'Produced Using Reduced Emissions' steht, reduziert die Kohlenstoffemissionen während des Herstellungsprozesses der Isolation um bis zu 48 Prozent. Normalerweise wird bei der Herstellung von Isolationsfüllungen Wärme benötigt, um die Bindungsfasern zu schmelzen, die die Festigkeit der Isolation gewährleisten. Die P.U.R.E.-Technologie erreicht diese Festigkeit ohne die Notwendigkeit des Schmelzens, wodurch die Wärme aus dem Prozess entfernt wird. Durch die Verwendung des neuen Herstellungsverfahrens und durch die Verwendung von 100 Prozent recycelten PrimaLoft-Fasern erreicht das neue Nano Puff Jacket einen drastisch kleineren CO2-Fußabdruck.
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