Einkaufen macht Spaß. Vor allem bei Kleidung sitzt das Portemonnaie locker. Wie oft steht man vor einem Spiegel im Geschäft und redet sich ein, man habe das ultimative Teil gefunden, das einen von nun an, bei jedem Anlass und jahrelang begleiten werde.
Als müsse man sich den Einkauf schönreden. Denn kaum landet das heiß ersehnte Objekt der Begierde in der Tüte, ist es schon bald vergessen und wird ausgemustert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sorgen die deutschen Haushalte in einem Durchschnittsjahr für 100.000 Tonnen Textil- und Bekleidungsabfälle.
Konsumenten setzen auf Reparaturservice
Auch bei der Produktion neuer Kollektionen dürften Unmengen an Stoffresten und Verschnitten anfallen, Zahlen dazu gibt es nicht.
Doch die Stimmung ändert sich. Die Wegwerfwelle ebbt ab. Eine wachsende Gruppe von Konsumenten konsumiert bewusster. Sie trennt ihren Abfall, kauft lieber im Bioladen als im Discounter und interessiert sich für Kleidung, die qualitativ hochwertiger ist und länger hält als eine Saison.
Diese Menschen ahnen irgendwie, dass es besser ist, die Kletterhose auszubessern oder den Rock kürzen zu lassen, als sich ständig neu auszurüsten, wenn der Müllberg nicht immer weiter wachsen soll.
Reparatur von Gore-Tex-Produkten
Dazu passend bieten viele Unternehmen der Sportindustrie wie die Firma Gore einen Reparatur-Service an. In Reparatur-Zentren wie zum Beispiel im österreichischen Pasching werden GORE-TEX®-Produkte wieder fit gemacht für den nächsten Einsatz.
Nach dem Ausbessern werden Nähte und Membranen fachgerecht verschweißt und so die Wasserdichte wiederhergestellt. Egal, ob vorher der Klettverschluss schwächelte, das Stretch-Material ausgeleiert oder ein Reißverschlussschieber fehlte.
Über die Internetseite kann der Kunde außerdem ein Erste-Hilfe-Set für den Einsatz unterwegs bestellen. Er bekommt Klebeflicken in Standardgrößen, die nicht zugeschnitten werden müssen und sich für verschiedene Materialien eignen. Die Flicken machen bis zu fünf Wäschen mit.
Outdoor-Firmen geben Garantien
Die Schweizer Firma Mammut wirbt damit, dass man alle Produkte der Firma professionell in Ordnung bringen lassen kann, wenn diese „durch Fremdeinwirkungen“ gelitten haben. Gemeint sind Steinschlag, Feuerfunken oder Felsen, aber auch ganz normale Abnutzungserscheinungen oder das Ausbleichen des Produkts durch die Sonne gehören dazu.
Eine Grafik auf der Webseite zeigt den „Garantie- und Reparaturablauf“, der über den Sporthandel abgewickelt wird. Ebenfalls über den Handel ins Fachgeschäft bietet VAUDE einen hauseigenen Reparaturservice an und spricht in diesem Zusammenhang vom „Gegensatz zur weit verbreiteten Wegwerfmentalität“.
Und fehlt am Lieblingsteil eine Schnalle oder ein Knopf oder ist sonst etwas kaputtgegangen, muss man sich noch lange nicht davon verabschieden, es gibt für „fast alles Ersatzteile“.
Recyclebare Textilien werden Standard
Patagonia bietet ebenfalls an, „alles zu reparieren, was Schäden aufweist“. Gemeinsam mit eBay hat die Firma zudem eine Plattform gegründet, über die Kunden gebrauchte Patagonia-Kleidung kaufen und verkaufen können. Bisher gibt es das Angebot nur in den USA, es soll aber auch bald nach Europa kommen.
Der Outdoor-Spezialist aus Kalifornien arbeitet seit 1996 mit Bio-Baumwolle, mehr als 70 Prozent der Produkte enthalten heute sogenannte e-Fasern wie Hanf, chlorfrei behandelte Wolle, Tencel® oder recyceltes und recycelbares Polyester.
Schon 2008 gelang es in Zusammenarbeit mit TORAY Nylon, was aufgrund seiner Struktur als schwierig wieder zu verwerten gilt, zu recyceln und wiederzuverarbeiten. Der Hersteller fordert seine Kunden dazu auf, getragene Polyester-Kleidung zurückzugeben, damit sie nicht auf dem Müll landet.
Upcycling als neuer Trend
Das „Recyceln sollte aber die letzte Option sein. Recycelt wird erst, wenn Reparieren oder Weiterverwenden nicht mehr möglich sind“, so die Maxime. Diesem Trend folgt auch das sogenannte Upcycling.
Dabei werden keine neuen Rohstoffe verbraucht, sondern aus alten Dinge entstehen neue, hochwertige Produkte: Tischdecken werden zu Kleidern, Jeans zu Westen, Skianzüge zu Hoodies, LKW-Planen zu Taschen, Pullis zu Handyhüllen.
Die kleine Firma Kindred cloth in New York etwa funktioniert getragene Lieblingsklamotten von Erwachsenen um und entwirft daraus Einzelstücke für Kinder.
Neues Design im Veränderungsatelier
Eugenie Schmidt und Mariko Takahashi aus Berlin haben eher die Damenwelt im Fokus. Auf einer Website können Kleiderspender mit einem Barcode die „Elternkleider“ wiederfinden und die Geschichte des neuen Kleidungsstücks und die Arbeit der Designerinnen verfolgen.
Ebenfalls in Berlin ist das Veränderungsatelier „Bis es mir vom Leibe fällt“ zu Hause. Das Team um Eilsabeth Pratner flickt die abgewetzte Lieblingsjeans, funktioniert Wachsjacken in Laptoptaschen um, verwandelt Omas alte Strickjacke in eine hippe Tasche und abgelegte Ballgarderoben in fesche Minikleider.
Auch Jutebeutel oder alte Bettwäsche können dem kreativen Schaffensdrang nichts anhaben und werden „wachgeküsst. Wir widmen uns der Reparatur im weitesten Sinne des Wortes. Wir erhalten und erneuern Dinge, die sich bereits in der Welt befinden“, lautet die Philosophie der Designerinnen.
Do-it-yourself im Repair-Cafe
„Jede Reparatur macht das reparierte Teil zum Unikat. Der Schaden wird als Anreiz und Gelegenheit zur Veränderung aufgefasst.“
Aus den Niederlanden wiederum kommt die Idee der Repair-Cafés: Hier treffen sich Menschen, um den kaputten Toaster oder das Handy, den alten Föhn oder den Hosensaum wieder in Ordnung zu bringen.
Dabei helfen Experten, die technisch fit und handwerklich geschickt sind. Ins Leben gerufen hat die Initiative Martine Postma, die 2009 das erste Café in Amsterdam organisierte und deren Stiftung heute Anfragen aus aller Welt bekommt von Leuten, die Repair-Cafés in ihren Ländern gründen wollen.
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