Es ist inzwischen ziemlich genau zehn Jahre her, dass Nils Schumann seine Läufer-Karriere beendet hat. Heute ist der einstige deutsche Sportler des Jahres beruflich angekommen. Mit seiner Agentur Prana Sports bietet er erfolgreich Personal Training, EMS-Training, Fitnesskurse und Firmensport an. Im Februar 2019 konnte die Messe München den Sportler dazu gewinnen, im Health- und Fitness-Bereich in der Halle A6 auf der ISPO Munich passende Trainings-Tipps geben, genauso wie zuvor schon Leichtathletin Gina Lückenkemper und Ex-Beachvolleyballer Julius Brink. Hier erklärte der Sohn eines Sportlehrers, wie er mit seinem Programm „Fitness ohne Stress“ auch die Nicht-Sportler zu mehr Bewegung animieren möchte.
Im Interview mit ISPO.com erzählte er außerdem, wie man trotz Stress etwas für seine Fitness tun kann, was eine deutsche Dogge mit seinem Kampf gegen den Bauchansatz zu tun hat und was alles im deutschen Sport schief läuft.
ISPO.com: Nils Schumann, was erwarteten Sie sich von der ISPO Munich?
Nils Schumann: Es gehört ja heutzutage zu den Megatrends, sich über Fragen, ob man gesünder oder besser leben kann, Gedanken zu machen. Dabei spielt das Thema Fitness eine immer größere Rolle. Ich erhoffe mir, dass ich auf der ISPO Munich ein Gefühl dafür bekomme, wie sich die Fitnessbranche entwickelt und wo die Trends hingehen. Ich bin ja auch in der Branche unterwegs, das ist immens wichtig für mich.
Sie sind heutzutage Personal Trainer in Ihrer eigenen Agentur und beraten im Fitnessbereich. Wie kann man denn das berufliche Leben, die Familie und den Sport sinnvoll verbinden?
Viele fühlen sich ja heutzutage wie im Hamsterrad und dann ploppt irgendwann einmal auf, dass man ja auch etwas für seinen Körper tun sollte. Die gute Nachricht ist: Schon mit wenig Aufwand kann man Erfolge erzielen. Das können auch mal nur fünf Minuten schnell Treppe steigen oder ein paar Liegestütze sein. Dieses Wissen, dass man nicht immer jeden Tag eine Stunde dafür einplanen muss, entspannt viele.
Und so stellen Sie Ihre Kunden dann auch ein?
Das ist ganz individuell. Das Wichtigste für mich als Personal Trainer ist das Zielfindungsgespräch und die Frage, was ich eigentlich erreichen will. Die eine möchte gern wieder in die Hose reinpassen, die sie das letzte Mal vor 20 Jahren tragen konnte. Ein anderer würde gern mit den Enkeln Fußball spielen können, ohne danach einen halben Tag völlig kaputt auf der Couch liegen zu müssen.
Wie schaut es bei Ihnen selbst heutzutage in Sachen aktiver Sport aus?
Ich muss tatsächlich aufpassen, da ich mir ja inzwischen eine Truppe mit guten Leuten im Studio aufgebaut habe und oft am Schreibtisch sitze. Ich muss den Bauchansatz bekämpfen, weil es nichts Schlimmeres als einen Trainer gibt, der Wasser predigt und Wein trinkt.
Zum Glück habe ich als Laufexperte für Firmen wie SportScheck oder Dertour eine sehr interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit. Außerdem bin ich als Besitzer einer deutschen Dogge zur Bewegung im Freien verdammt. Ein bis zwei Laufeinheiten so über acht bis zwölf Kilometer schaffe ich in der Regel. In der Woche. Früher als Leistungssportler waren es zwölf Einheiten.
Hilft Ihnen der Titel Olympiasieger heutzutage noch weiter?
Natürlich ist er ein Türöffner und macht mich auch heute noch stolz. Aber damals war ich 22, heute bin ich 40. Und spätestens bei der Kundenarbeit zählen Titel nichts mehr.
Wie bewerten Sie denn derzeit den Zustand des deutschen Sports?
Ich glaube, dass die Bedingungen und die wirtschaftliche Absicherung im internationalen Bereich noch ziemlich gut sind. Aber die Trainer-Decke wird immer dünner. Und der Leistungssport steckt auch wegen der ungelösten Anti-Doping-Problematik in der Krise. Es gibt immer weniger junge Menschen, die auch wegen der Vielzahl an Freizeit-Angeboten den beinharten Weg im Leistungssport gehen wollen.
Wäre eine bessere Förderung ein Weg?
Das Problem ist: Das Fördersystem fördert immer nur das, was erfolgreich ist. Ich glaube auch nicht, dass 150 Euro mehr etwas ändern könnten. Es ist eher ein Problem der Wertschätzung. Wenn man sieht, dass selbst ein Dritter der deutschen Meisterschaft untergeht, ist das schon ein Problem. Warum sind denn so viele ehemalige Leistungssportler verbittert? Weil es bei den Verbänden auch an der Betreuung mangelt. Ähnlich wie beim Einstieg in den Leistungssport braucht es auch beim Ausstieg Unterstützung. In der Leichtathletik läuft da vieles ganz schlecht. Ich habe bis jetzt noch keine Verabschiedung bekommen.
Und auch im Trainer- oder Funktionärsbereich gibt es nur eine überschaubare Anzahl von ehemaligen Sportlern, deren Kompetenz man doch gut gebrauchen könnte. Das ist ein Grund, warum der Wintersport meiner Leichtathletik in der Öffentlichkeit den Rang abgelaufen hat. In meiner Jugend haben die Biathleten neidisch zu uns geschaut – das ist jetzt genau umgekehrt.
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