Wintersport/27.02.2018

Freerider Jeremy Jones: „Snowboarding wächst wieder“

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Snowboarder Jeremy Jones ist eine Freeride-Legende, Gründer von Jones Snowboards und der gemeinnützigen Umweltinitiative Protect Our Winters (POW). Sein Wort hat Gewicht in der Szene. Wir haben uns mit ihm über die Zukunft des Snowboardens unterhalten, über den Klimawandel und seine Folgen für die Ski- und Snowboard-Industrie – und darüber, was sich in Sachen Funparks für Snowboarder ändern muss.

Jeremy Jones auf der ISPO Munich 2018
Jeremy Jones auf der ISPO Munich 2018

Jeremy Jones ist einer der Pioniere des Big Mountain Freeriding. 2013 wurde er National Geographic Adventurer of the Year und bekam von Barack Obama den Champion of Change Award des Weißen Hauses verliehen. 

Der damalige US-Präsident ehrte damit die 2007 von Jones gegründete Protect Our Winters Initiative. POW arbeitet beispielsweise auch mit Brands for Good zusammen.

2009 gründete er Jones Snowboards. Die Marke hat sich auf Freeride-Snowboards und Splitboards spezialisiert. Mit seiner Firma möchte Jones eine der führenden Marken in der Outdoor-Industrie im Kampf gegen den Klimawandel sein.

Investoren sind aus Snowboard-Branche wieder verschwunden

ISPO.com: Snowboarden war lange voll im Trend. Seit einiger Zeit sind Snowboarder nur noch ein kleiner Teil der Wintersport-Community – die aber auf der ISPO Munich 2018 eine spannende Entwicklung gezeigt hat. Was hat sich geändert?
Jeremy Jones: Mir hat das Get Together der Wintersport-Community auf der ISPO Munich sehr gefallen. Man trifft dort so viele Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern an einem Ort. Das ist etwas ganz Besonderes, schließlich gibt es das nur einmal im Jahr.

Wenn ich an Snowboarding allgemein denke, ist die Bedeutung zuletzt von Jahr zu Jahr immer weniger geworden. Nun aber denke ich, dass es wieder wächst.

Ist beim Snowboarden alles wieder ein bisschen realer geworden? Ist Snowboarden zu seinen Wurzeln zurückgekehrt?
Es gab diese Zeit, in der Snowboardfirmen börsennotierte Unternehmen waren. Die Investoren hatten die Vorstellung, dass Snowboarding richtig groß werden würde und sie als Investoren damit richtig Geld machen könnten. Das hat sich wieder bereinigt. Es ist wieder ein persönlicherer Sport. Und einige der großen Firmen - die nur aus finanziellen Gründen dabei waren – haben verstanden, dass es einfachere Wege gibt, Geld zu verdienen als mit Snowboarden.

Es ist schön zu sehen, dass diese Firmen gegangen sind. Und es ist schön zu sehen, dass viele der Firmen, die jetzt noch dabei sind, echte Leidenschaft fürs Snowboarden mitbringen.

Jeremy Jones: Snowboarden wird wieder cooler

Wie sieht die Zukunft des Snowboardens aus?
Ich beobachte einen deutlichen Anstieg bei der Anzahl der Kinder, die wieder zum Snowboard greifen – und das sind vor allem junge Kinder. Zum ersten Mal seit zehn Jahren erkenne ich heute, dass Snowboarden wieder wachsen wird. Ich habe ja selbst Kinder, und ich kann sagen: Unter den Zehn- bis Zwölfjährigen wird es wieder cooler.

Skifahren ist ja in den vergangenen Jahren wesentlich wichtiger gewesen. Jetzt sehe ich aber, dass von den Kindern, die beides gemacht haben, die meisten zum Snowboarden tendieren.

Wenn Sie nur einen Wunsch zum Thema Snowboarden für die Zukunft hätten: Wie würde dieser aussehen?
Ich mag unsere Funparks, wirklich. Sie sind aber ein bisschen wie Trainingsparks, um professionelle Snowboarder zu produzieren. Das ist in Ordnung. Ich denke, das ist sehr wichtig. Aber ich glaube nicht, dass jeder Snowboardpark der Welt so sein muss. Das wirkt oft eher wie eine persönliche Trainingseinrichtung für Olympia.

Was ich mir wünsche, sind Funparks, die flowig, einladend und kreativ sind. Und dann habe ich noch einen viel größeren Wunsch.

Was wäre das?
Die Snowboard- und die Skiindustrie müssen unbedingt eng zusammenarbeiten, um den Klimawandel zu bekämpfen. Die essentielle Geschichte über die Zukunft des Skifahrens und Snowboardens handelt davon, dass es schon bald viel weniger Skigebiete und viel weniger Schnee geben wird. Alles wird sich im Hochgebirge abspielen.

Aber: Wir entscheiden, wie viel sich wie schnell verändern wird. Ich finde es daher überraschend, dass die Industrie Angst hat, darüber zu reden und dass sie nichts unternimmt.

Auf der ISPO Munich 2018 waren die Designer-Boards von Jeremy Jones ein echter HIngucker.
Auf der ISPO Munich 2018 waren die Designer-Boards von Jeremy Jones ein echter HIngucker.
Bildcredit:
ISPO.com

Jeremy Jones: Unsere Industrie muss kreativer werden

Und was unterscheidet dann Jones Snowboards von anderen Marken, was machen Sie besser?
Sind umweltfreundliche Snowboards möglich? Ich sehe diese Frage nicht als im Sinne eines Konkurrenz-Wettbewerbs – sondern als Aufgabenstellung für alle. Ich denke, wir alle müssen etwas tun. Und so geht es für uns um jede Facette vom Snowboardproduktions- bis zum Verkaufsprozess.

Wir befinden uns mitten in einem sehr detaillierten Audit, also einer Prüfung des ökologischen Fußabdrucks unseres Produktes. Wir haben immer versucht, bessere Snowboards zu bauen und wir versuchen auch, Snowboards zu bauen, die so nachhaltig wie möglich hergestellt werden. Und dann sind wir Teil der Kampagne „1% for the Planet“.

Was bedeutet das für Jones Snowboards?
Ein Prozent des Umsatzes geht an Organisationen, die sich für den Schutz und die Erhaltung der Umwelt einsetzen. Und durch das Engagement bei meiner Initiative „POW – Protect Our Winters“ (die Organisation möchte die Outdoor-Szene im Kampf gegen den Klimawandel mobilisieren, Anm. d. Red.), sehe ich, dass es eine Menge großartiger Umweltorganisationen da draußen gibt.

Aber das Wichtigste für all diese Organisationen, die für den Planeten kämpfen, ist Geld. Wir brauchen mehr Menschen und damit meine ich auch Industrie-Unternehmen, die dafür bezahlt werden, jeden Tag aufzuwachen und den Klimawandel zu bekämpfen.

Unsere Industrie muss hier kreativer werden. Ich habe Glück, dass ich diese Firma vor fast zehn Jahren gegründet habe und es läuft ganz gut. Und das ist unabhängig davon, ob ich ein Prozent für „1% for the Planet“ spende, oder nicht. Ich verstehe also nicht, warum etablierte Unternehmen nicht auch so handeln können.

Protect Our Winters: Jeremy Jones kritisiert Unternehmen

Was könnten die Unternehmen noch machen?
Zum Beispiel haben wir auf der ISPO Munich eine Party geschmissen, auf der wir ein Snowboard mit Artwork versteigert haben. So haben wir einen fünfstelligen Betrag gesammelt.

Mein  Appell an alle: Es ist nicht so schwer. Jeder kann sich überlegen, wie er Geld für den Planeten sammeln kann!

Sie haben POW erwähnt. Aus Ihrer US-amerikanischen Initiative ist inzwischen eine weltweite Bewegung mit vielen Ländergruppen geworden. Dachten Sie, dass das so eine große Wirkung haben könnte?
In gewisser Weise ja - in gewisser Weise nein. Ich meine, weniger als ein Prozent der Unternehmen in der Wintersportindustrie arbeiten mit „Protect Our Winters“ zusammen. Weniger als ein Prozent der Skifahrer und Snowboarder sind Mitglieder von Protect Our Winters. Dabei könnte jeder für einen Dollar Mitglied werden. Dass so viele noch nicht mitmachen, ist schockierend.

Andererseits ich bin sehr stolz darauf. Wir haben zehn Leute, die für Protect Our Winters in den USA arbeiten. Das sind die klügsten Köpfe, die mit dieser Branche zu tun haben. Und das sind Menschen, die die Welt verändern wollen. Ich habe gelernt, dass wirklich kluge Menschen die Welt verändern wollen.