Der evolutionstheoretische Grundsatz, d.h. das von Charles Darwin postulierte Prinzip „survival of the fittest” gilt dabei ebenso im modernen Sportmarketing und besagt im übertragenen Sinne: Auf lange Sicht werden nur diejenigen (Unternehmen) überleben, die die Fähigkeit besitzen, sich am besten an die vorherrschenden – und sich stets verändernden – (Markt-)Bedingungen anzupassen. Der Begriff „fittest“ bedeutet dabei eben nicht, wie oftmals fälschlicherweise angenommen, „der Stärkste“, sondern steht für „der am bestmöglich (an die aktuell vorherrschenden Rahmenbedingungen) Angepasste“.
Um daher stets angemessen auf neuste Entwicklungen und Trends reagieren und das eigene Unternehmen bestmöglich an die neuen Marktbedingungen im Sinne des ökonomischen Konzepts der „Organizational Adaptation“ anpassen zu können, ist es für jegliche Stakeholder*innen des internationalen Sportmarketings daher erforderlich:
- Fortlaufend die neusten Trends und Innovationen im Sportmarkt zu identifizieren und zu verstehen
- Die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten, Chancen und Risiken für das eigene Unternehmen zu analysieren und zu bewerten
- Entsprechende Entscheidungen zu treffen sowie adäquate Strategien und Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten und konsequent umzusetzen
In diesem Artikel möchten wir daher - zusätzlich zu diesem Artikel - 3 weitere, innovative Entwicklungen und Trends vorstellen, die das Sportmarketing bereits heute und noch mehr in Zukunft tiefgreifend prägen und nachhaltig verändern werden. Die Kenntnis und das Verständnis dieser Phänomene ist für Entscheidungsträger*innen im Sportmanagement von essentieller Bedeutung, um sich dadurch wettbewerbsfähig für die Zukunft aufzustellen.
Die Trends im Überblick:
Der Megatrend der Digitalisierung wälzt weite Teile unserer Gesellschaft und Wirtschaft um und prägt dabei ebenso die Sportbranche tiefgreifend. Durch innovative Technologien und Plattformen werden u.a. neuartige Möglichkeiten geschaffen, wodurch die Fans verschiedener Sportarten, Clubs, und Wettbewerben näher an die Athlet*innen bzw. an das Geschehen heranrücken und dadurch zusätzliche Erlöspotentiale für Rechtehalter*innen generiert werden können.
Zwei der bemerkenswertesten Entwicklungen in diesem Bereich sind Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR). AR überlagert dabei die reale Welt mit digitalen Informationen, die z.B. für Zuschauer*innen während eines Spiels zugänglich gemacht werden können. Beispielsweise können (zahlungspflichtige) Statistiken zu Spieler*innen oder Spielzügen in Echtzeit auf mobilen Geräten angezeigt werden, was das Spielerlebnis interaktiv bereichert. VR geht noch weiter, indem es immersive Erlebnisse ermöglicht, bei denen sich Fans beispielsweise in einem virtuellen Stadion umsehen oder ein Spiel aus der Perspektive eine*r Spieler*in erleben können.
Diese Technologien erweitern dadurch das traditionelle Zuschauer*innenerlebnis und schaffen die Möglichkeit für zusätzliche Einnahmequellen durch Premium-Inhalte. Denkbar sind dabei u.a. sogenannte „Virtuelle Ticketverkäufe“ für VR-Spieltagserlebnisse, welche - zusätzlich zu klassischen Tickets - und im Gegensatz dazu, in nahezu unbegrenzter Anzahl angeboten werden können. Die dadurch entstehende, noch engere Verbindung von Sportarten, Clubs, Spieler*innen und Marken zu den Fans bietet damit ebenso neuartige Möglichkeiten zur Monetarisierung, wie etwa durch Platzierung von Werbung im virtuellen Raum, Ticketverkäufe oder Abonnements.
Sicherlich gibt es diese Technologien bereits seit einiger Zeit, doch existieren konkret nutzbare Angebote im Sportbereich lediglich in einer Nische und sind im Massenmarkt der Milliarden von Sportfans weltweit bisher noch nicht angekommen.
Auch Hans-Dieter Gurk, Technologie-Experte und Geschäftsführer der Digitalmarketingagentur Fellowkids sieht „die AR und VR-Technologie noch in den Kinderschuhen“. Zudem sagt er voraus, dass „der große Durchbruch dieser Technologien noch bevorsteht“, wodurch sich „die Art und Weise, wie Fans weltweit Sport wahrnehmen und konsumieren werden grundlegend verändert“ und damit „diese Entwicklungen das Sportmarketing der Zukunft in Teilen revolutionieren können.
Genau aus diesem Grund besteht für Sportrechtehalter*innen wie etwa Vereine, Verbände, Ligen und allen voran für alle Veranstalter von sportlichen Wettkämpfen in diesem Bereich noch immenses Vermarktungs- und Erlöspotential in der Zukunft. Weitere Hologram-Technologien sowie innovative Hardwarelösungen und Brillen wie etwa die Oculus Rift und Apple Vision Pro beschleunigen diese Entwicklungen zusätzlich.
Für Sportmarketingentscheider*innen besteht damit die Chance, die Gunst der Stunde zu nutzen und noch rechtzeitig auf diesen zukunftsprägende Technologietrend mit aufzuspringen. Dabei gilt es für wettbewerbsfähiges Sportmarketing der Zukunft, jetzt entsprechende Nutzungsmöglichkeiten zu identifizieren, bestehende Erlöspotenziale im AR- und VR-Kosmos zu kreieren und durch entsprechende Produkt- und Serviceangebote so zu implementieren, damit das eigene Unternehmen in der Zukunft durch bestmögliche Nutzung der Chancen dieser immersiven Technologien profitieren wird!
1. NBA Virtual and Mixed Reality Games
Die NBA bietet Virtual Reality-Übertragungen von Spielen an, bei denen Fans einen 360-Grad-Blick auf das Spielfeld genießen können. Dies ermöglicht ein immersives Erlebnis, das sich vom traditionellen Fernsehen signifikant unterscheidet.
2. Augmented Reality beim DFL Supercup
Neben der AR-Nutzungsmöglichkeit im Stadion soll in Zukunft auch ein AR-Angebot für Zuschauer*innen zu Hause entstehen und das Verfolgen des Spiels noch interaktiver und immersiver gestalten.
3. Manchester City VR Experience
Der Club hat eine eigene VR-Plattform entwickelt, die es Fans ermöglicht, ein virtuelles Stadionerlebnis zu genießen. In Kombination mit exklusiven Inhalten und Interaktionen wird so eine neue Form der Fanbindung geschaffen. Beispielsweise werden Stadiontouren oder Spielübertragungen in VR angeboten.
4. Formel 1 AR Experience
Die Formel 1 nutzt Augmented Reality, um Zuschauer*innen detaillierte Einblicke in Rennautos und Strecken zu geben. Fans können beispielsweise das Rennen aus Sicht des Fahrers interaktiv verfolgen und dabei ihren Blick eigenständig verändern oder über eine spezielle App technische Informationen und interaktive 3D-Modelle abrufen.
Content Creation und direktes Fan-Engagement sind wesentliche Elemente im modernen Sportmarketing. Vor allem Athlet*innen nutzen soziale Medien und andere digitale Plattformen, um eigenen, exklusiven Content zu teilen und eine direkte Kommunikation mit den Fans aufzubauen. Diese exklusiven Inhalte reichen von Kabinenszenen bis hin zu persönlichen „behind the scenes“ Einblicken in das private Leben der Athlet*innen. Dabei werden allen voran die Social Media Plattformen Instagram, TikTok und YouTube genutzt, da sie es ermöglichen, schnell und direkt mit einer breiten Zielgruppe zu kommunizieren und Fans die Möglichkeit bieten, unmittelbar mit ihrem Star zu interagieren.
Neben sozialen Medien spielen auch Podcasts, Blogs und exklusive Mitgliederbereiche eine wichtige Rolle, welche die Möglichkeit bieten, tiefere Einblicke zu gewähren und Fans auf eine Weise einzubinden, die über das einfache Zuschauen hinausgeht. Exklusive Inhalte, wie Home Stories, Hintergrundgeschichten oder Verlosungen signierter Utensilien tragen dazu bei, eine erweiterte Community um die eigene Person aufzubauen und somit die eigene Marke kontinuierlich zu profilieren und zu stärken.
Die eigene Produktion und Bereitstellung von exklusivem Content, der eben ganz gezielt über reine sportbezogene Inhalte hinausgeht, ermöglicht es den Sportlern, komplett neue – möglicherweise an sich gar nicht sportaffine Personen – zu erreichen, damit neuartige Zielgruppen zu erschließen, die Bekanntheit der eigenen Person über den Sport hinaus zu steigern sowie die eigenen Sympathiewerte, das Image und den Markenwert gezielt zu steuern und zu erhöhen.
All diese positiven Effekte lassen sich schlussendlich in gesteigerten Erlösen und Honoraren in der Vermarktung der Sportler*in, als auch bei klassischen Werbeverträgen monetarisieren. Zudem lassen sich diese eigenständig produzierten Formate durch bezahlte Produktplatzierungen („Product Placements“) oder auch durch die gezielte Vermarktung an „Presenting Partner“ zusätzlich monetarisieren.
Silja Schröder befasst sich als Professorin für Sportmanagement an der Euro-FH u.a. mit dem Thema des Sportmarketings und stellt dazu fest: „Nur wenige Sportler*innen nutzen derzeit die Möglichkeit, ihre Anhänger*innen und Fans regelmäßig durch eigenständig produzierte Formate mit exklusivem Zusatzcontent, der gezielt über die reine Sportberichterstattung hinausgeht, zu versorgen, wodurch im Sportmarketing oftmals naheliegende Erlös- und Vermarktungspotenziale noch nicht ausreichend genutzt werden“.
Der deutsche Basketball-Star Dennis Schröder nutzt seine Social-Media-Präsenz, allen voran seinen Youtube-Channel, um Fans in persönliche Einblicke in sein Privatleben und seine Karriere zu geben. Durch regelmäßige Updates, persönliche Geschichten, Begleitung auf Reisen durch einen eigenen Kameramann und direkten „behind the scenes“ Content erreicht er zusätzliches Publikum und baut ebenso eine noch engere Beziehung zu seinen Fans auf, was sich schlussendlich positiv auf seine Marke und damit die Vermarktbarkeit seiner Person auswirkt.
Das Phänomen, dass z.B. Fußballspieler wie etwa Cristiano Ronaldo oder Manuel Neuer durch ihre Vereine, Verbände oder Ligen im Sportmarketing gezielt genutzt werden, um die Interessen, Reichweiten und Sichtbarkeit ihrer Aktivitäten zu pushen ist nicht neu, sondern ein bereits seit längerem weit verbreiteter und erfolgreicher Marketingansatz.
Doch seit Kurzem nimmt ein neuer Trend im Bereich des Sportmarketings vermehrt Einzug: Das Crossover und Non-Endemic Marketing, wobei versucht wird, durch die Integration populärer Personen, die entweder außerhalb der originären Sportart (Cross-Over) oder einem komplett anderen Bereich (non-endemisch / „beyond sports“), wie etwa der Kunst- oder Musikszene oder dem Showgeschäft entstammen, für eigene Marketingaktivitäten zu gewinnen und entsprechend weitreichenstark und gewinnbringend einzusetzen.
Beispielsweise kann dies durch Integration dieser sportartfremden Stars in gewisse Aktivitäten mit anschließend entsprechenden Collaboration-Posts in sozialen Netzwerken erfolgen, wodurch beide Seiten idealerweise von der Reichweite und möglicherweise total unterschiedlichen Zielgruppe der jeweiligen anderen Partei profitieren - und dadurch zusätzliche Sichtbarkeit und Reichweite erreicht und auf einfache Weise Follower*innen generiert bzw. transferiert (ohne dass die andere Person diese verliert) werden kann. Das Kalkül dahinter ist, dass durch gezielte Integration sportartferner, reichweitenstarker Personen durch zusätzliche Berührungspunkte, Fan-Potenziale neue Märkte und Zielgruppen strategisch erschlossen werden können.
So z.B. die „Copy the Penalty“ Challenge des FC Bayern München mit Einsatz zahlreicher Stars (wie etwa auch aus dem Skispringen oder Basketball), bei denen Personen einen Elfmeter auf eine gewisse Art und Weise schießen und einen individuellen Jubel durchführen, den dann Harry Kane und Thomas Müller nachahmen müssen. Dadurch erhoffen sich die Beteiligten verstärkte Reichweite in den Zielgruppen der anderen sowie gegenseitige Follower Cross-Over Potentiale.
Aktuellstes und wohl prominentestes Beispiel für den Einsatz dieses Tools im Sportmarketing, ist die fortlaufende Präsenz und Integration des US-Rappers Snoop Doog in unterschiedlichen Rollen bei den Olympischen Spielen in Paris.
Snoop Doog war dabei u.a. als Fackelträger und Kommentator bei Reitwettkämpfen im Einsatz, jubelte als Edelfan bei Turnwettbewerben, saß im Stadion bei Tennisspielen, schaute beim Skateboarden vorbei und kommentierte das Badminton-Spiel zwischen den USA und China. Dazu probierte er unter Anleitung – natürlich von Kamerateams begleitet – medienwirksam verschiedene olympische Sportarten wie Schwimmen und Stabhochspringen aus und erschien in aufmerksamkeitserregenden Outfits bei verschiedenen Wettbewerben wie etwa dem Springreiten.
Dies macht der US-Megastar natürlich nicht einfach aus Spaß – der Grund seiner Auftritte: der amerikanische Sender NBC engagierte den Rapper nämlich als „Sonderkorrespondent“. Der schräge Einsatz des Rappers kostet den Sender kolportierte 500.000 US-Dollar pro Tag sowie weitere TV-Quoten abhängige Prämien, wodurch insgesamt bis zu 15 Millionen Dollar für den Einsatz von Snoop Dogg bei Olympia fällig werden. Die New York Times schrieb dazu „Der Sender hofft, dass Snoop Doggs Aura als eine der bekanntesten und beliebtesten Figuren der Popkultur Zuschauer aller Altersgruppen begeistern wird“.
Und so ist es – die Bekanntheit und Popularität des Rappers – v.a. über die Sportszene hinaus – zahlt sich aus und trug u.a. dazu bei, dass in den USA die Aufmerksamkeit für das Event bzw. die Zuschauerzahlen der Olympischen Spiele 2024 im Vergleich zur vorherigen Olympiade in Tokio um 79 Prozent anstiegen.
Ein weiteres Beispiel für den Einsatz des Non-Endemic Marketing Instruments ist die Integration des TikTok-Stars Khaby Lame, der mit über 162 Millionen die meistgefolgte Person auf TikTok Followern weltweit ist, bei den Hahnenkamm-Skirennen in Kitzbühel. Der Social Media Star postet vom Event Videos auf seinem Kanal, welche dabei weltweit mehr Reichweite und Aufmerksamkeit als alle übliche Ausstrahlung des Rennens in nationalen und internationalen TV-Kanälen zusammen erzeugte – und dies vor allem auch in Zielgruppen, denen das Hahnenkammrennen bisher wohl kein Begriff gewesen ist. Zudem war auch die reichweitenstarke Leichtathletin Alica Schmidt Teil des Ski-Events in Kitzbühel, um bisher weniger skisportaffine Personen über die Social Media Posts für das Event und die Sportart zu begeistern. Auch wurde schon der bekannte Streamer Pascal Gurk als Kommentator für Fußballspiele bei MagentaTV eingesetzt, um auch die GenZ für den Fußball zu begeistern.
Hans-Dieter Gurk stellt dazu ebenso fest: „Die Einbindung reichweitenstarker Influencer*innen im Co-Streaming ist im E-Sport bereits seit längerem ein bekanntes Instrument des Sportmarketings und wird auch in Zukunft weiter Einzug im traditionellen Sport halten“.
Diese drei dargestellten Trends im Sportmarketing mögen alle nicht vollends neu sein, dennoch bestehen gerade aufgrund der nicht flächendeckenden Verwendung in Kombination mit damit verbundenen, immensen Erlös- und Vermarktungsmöglichkeiten noch enorme Chancen und Potenziale für eine erfolgreiche Nutzung in der Sportvermarktung der Zukunft.
Um daher im Sportmarketing von morgen bestmöglich davon profitieren zu können, sollten Entscheider*innen diese Phänomene, Trends und Entwicklungen bestmöglich kennen, die jeweiligen Mechanismen dahinter verstehen und basierend darauf innovative Produkte und Services gänzlich neu entwickeln oder eben bestehende Angebote an die neuen Möglichkeiten anpassen – Survival of the fittest!
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