Nachhaltigkeit/21.09.2022

Sportwelt feiert Yvon Chouinards Patagonia-Beben: „Danke, dass Du mutig bist!“

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Patagonia-Gründer Yvon Chouinard tritt seine Firmenanteile für den Kampf gegen den Klimawandel ab. Ein Modell für die Zukunft? ISPO.com hat sich bei Top-Athlet*innen und Köpfen der Sportbranche umgehört.  

Snowboarder Nicola Thost in the mountains with her snowboard
Die Ex-Snowboard-Olympiasiegerin Nicola Thost und die ganze Sportbranche verneigen sich vor Patagonia-Gründer Yvon Chouinard.

Mit einem radikalen Schritt im Kampf gegen den Klimawandel hat Patagonia-Gründer Yvon Chouinard für weltweite Schlagzeilen gesorgt: Chouinard erklärte, seine Patagonia-Anteile im Wert von rund drei Milliarden Euro an eine gemeinnützige Stiftung zu übertragen. Patagonia selbst werde in eine Non-Profit-Organisation umgewandelt. Erwirtschaftete Gewinne, die nicht reinvestiert werden, sollen der Stiftung im Kampf gegen den Klimawandel zugutekommen. Auch auf der ISPO Munich vom 28. bis 30. November 2022 in München ist Patagonia als Aussteller in den Outdoor-Hallen dabei. Zudem ist die US-Marke mit einem Repair Truck im Future Lab vertreten.

Chouinard und Patagonia galten schon lange als Pioniere der Outdoor-Branche, die das Thema Nachhaltigkeit von Beginn an zur zentralen Firmenphilosophie erklärt hatten. Dennoch ist das Echo in der Sportwelt enorm. ISPO.com hat Athlet*innen und Köpfe der Sport- und Outdoorbranche nach ihrer Einschätzung gefragt und Stimmen zum Patagonia-Beben gesammelt.

 

Reaktionen von Sportlerinnen und Sportlern

Die Ex-Snowboarderin und Olympiasiegerin Nicola Thost widmet Yvon Chouinard eine ganz persönliche Nachricht. Ex-Profikicker Neven Subotic, der einst unter anderem für Borussia Dortmund spielte, sieht im Patagonia-Gründer ein Vorbild für die Superreichen der Welt.

Nicola Thost, Ex-Snowboarderin und Olympiasiegerin:

„Das wäre meine WhatsApp-Nachricht an Yvon:

Alle dachten, es geht nicht, und dann kam einer und hat es einfach gemacht. Danke, Yvon, für deine Inspiration zu einem Thema, das zutiefst mit meiner inneren Wahrnehmung übereinstimmt.

Die einzige Konstante ist der Wandel, und es ist an der Zeit, nicht nur zu verstehen, dass die Natur die Quelle und die Seele unseres Lebens ist, sondern auch zu lernen, wie wir dies in alle Bereiche unseres Lebens als Individuen integrieren und verkörpern können.

Wir können nicht an alten Gewohnheiten festhalten, wenn sich die Umstände ändern. Wir müssen mutig ins Unbekannte gehen und aufhören, das, was uns wirklich ernährt, als selbstverständlich zu betrachten.

Es ist an der Zeit, mit dem Herzen zu führen und den Verstand und das Wissen zu nutzen, um entsprechend zu leben - nicht umgekehrt. Das ist kein Luxus mehr - es ist unverzichtbar. Die Natur ist die größte Lehrmeisterin für uns Menschen. Werde still und höre zu. Dann hörst du die leisen, gefährdeten Teile mit so vielfältigen Möglichkeiten.

Unsere Welt braucht mutige Führungspersönlichkeiten und Stimmen, die die unbequeme Wahrheit laut aussprechen und mit mutigen Taten voranschreiten, damit andere, die die Arbeit im Stillen tun, Tag für Tag vorankommen können.

Danke, dass Du mutig bist!

Mit Sonnenschein und Freude vom Meer, auf dem Weg zum Surfen.

Nicola“

David Göttler, Alpinist und Extremsportler:

„Hut ab. Da kann man nur applaudieren und natürlich hoffe ich, dass so eine Entscheidung möglichst viele Nachahmer findet.“

Neven Subotic, Ex-Fußballprofi:

„Ich bin froh, dass es eine andere Art von Superreichen gibt, die tatsächlich ihr gesamtes Vermögen für die Umwelt einsetzen. Er wird sicherlich als ein Meilenstein in die Geschichtsbücher eingehen, an dem sich andere ein Beispiel nehmen können. Sein Leben, sein Lebenswerk und unsere Umwelt sind dadurch nur noch reicher geworden.“

Stimmen aus dem Sport-Business

Beim Thema Nachhaltigkeit steht in der Sport- und Outdoorbranche Kooperation über dem Konkurrenzgedanken. Das zeigen nicht nur verbindende Plattformen wie das Future Lab auf der ISPO Munich 2022, sondern auch die anerkennenden Reaktionen anderer Brands für Patagonias neuen Weg.

Christoph Engl, Oberalp Group, CEO:

„Unternehmen haben zunehmend auch die Aufgabe sich um mehr, als nur um das eigene Business zu kümmern, nämlich sich auch den gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu stellen und zu agieren. Insofern ist dies ein großes symbolisches Zeichen, wie man Unternehmertum auch auf eine andere Art und Weise sehen kann. Getreu dem Gedanken: Weg vom Vererben in der Verwandtschaft, hin zum Vererben in die Gesellschaft.

Im Fall des Patagonia-Gründers ist dieser außergewöhnliche Zug nicht überraschend, Herr Chouinard ist schon immer durch eine sehr unkonventionelle Sicht der Dinge und durch ein sehr vorausschauendes Verhalten in seiner Lebensidee aufgefallen. Dies ist ein großes Symbol, wie man erfolgreiches Unternehmertum in eine andere Perspektive bringen kann und im Extremfall alles was man an Erfolg erreicht wieder an die Gemeinschaft zurückgibt.

Große Verneigung vor einem großen Weltbürger!“

Christoph Engl, CEO der Oberalp Group: „Große Verneigung vor einem großen Weltbürger!“

Ulrika Björk, Polygiene, CEO:

Das sind fantastische Neuigkeiten! Das unterstreicht deutlich, wie authentisch Patagonia als sinnorientierte Marke ist. Das Unternehmen an Mutter Erde zu spenden, ist ein mutiger Schritt und ein großartiges Statement - und ernsthafte Herausforderungen erfordern disruptive Maßnahmen. Die Klimakrise ist real, und jeder muss achtsamer werden und die absolute Dringlichkeit spüren. Jeder einzelne Mensch auf diesem Planeten wird gebraucht, um unseren Lebensraum zu schützen! Diese Initiative wird hoffentlich andere dazu inspirieren, ihr zu folgen.

Reiner Gerstner, Schöffel, Unternehmensleitung Marketing:

„Als lebenslanger Outdoor-Fan erlebe ich die Marke Patagonia seit jeher als ganz besonders nah am Menschen. Das Bestreben, die Natur für zukünftige Generationen zu bewahren, ist die logische Konsequenz daraus. Yvon hat mich immer begeistert, wenngleich einige disruptive Bestrebungen, wie z.B. ‚Don`t buy this jacket‘ nicht nur auf das gut gemeinte Handeln, sondern auch auf die kommerziellen Ziele der Marke, ausgerichtet waren. Nachhaltig inspiriert hat mich sein Buch und seine Überzeugung ‚let your people go surfing‘. Der jetzige Schritt ist angesichts der enormen Bedrohung der Menschheit durch den Klimawandel ein starkes Zeichen. Diese Entscheidung inspiriert Menschen wie Organisationen gleichermaßen, jede mögliche Verbesserung der Situation zu unterstützen. Bravo, Yvon!“

Peter Bauer, Amplid Snowboards, CEO & Ex-Snowboard-Pro:

„Dies ist nicht nur aus Marketingperspektive ein genialer Schachzug, sondern hilft auch, das für unsere Zukunft notwendige Umdenken beim Konsumverhalten weiter zu forcieren. Des Weiteren wird das mit der Stiftung erwirtschaftete Kapital sicherlich in die richtigen Eco-Projekte reinvestiert, dies hat Yvon Chouinard in den letzten Jahren ja bereits bewiesen.“

Herbert Horelt, Devold of Norway, Managing Director and Country Manager:

„Patagonia zeigt mit diesem Statement eine klare Haltung: Shareholder is the Planet. Dies ist ein einzigartiger und visionärer Schritt, der weit über die Outdoor-Branche hinaus und weltweit für Aufmerksamkeit und Begeisterung sorgt. Es wäre zu wünschen, dass weitere Player diesem Beispiel folgen. Der gesellschaftliche Impact wäre immens und dies würde eine neue Ausgangssituation für Non-Profit-Organisationen und den Kilmaschutz schaffen. Ein großartiger Schritt, der noch mehr bewirkt, wenn er Unternehmen, vom großen Konzern bis zum Privathaushalt, dazu inspiriert, Ähnliches zu tun.“

Herbert Horelt, Managing Director and Country Manager von Devold of Norway
Herbert Horelt, Managing Director and Country Manager von Devold of Norway

Gemeinnützige Stiftungen

Purpose statt Dividende: Yvon Chouinard und Patagonia unterstützen mit dem neuen Kurs gemeinnützige Stiftungen und glänzen als Vorbilder. Ein Weg, für den die in der Schweiz ansässige Stiftung myclimate seit 2006 steht. Kein Wunder, dass auch hier das Feedback positiv ausfällt.

Harald Rettich, myclimate, Bereichsleiter Corporate Partnerships Manager:

„Gerade jetzt bin ich sehr froh, dass es Vordenker gibt, die auch aktiv Zeichen setzen und uns darauf hinweisen, wie wichtig es ist, zu handeln. Für den Klimaschutz ist dieser Schritt in der Tat sehr bedeutend, weil die Marke Patagonia weltweit bekannt ist und dadurch der Fokus auf das Thema gerichtet wird. Ganz besonders gefällt mir, dass Herr Chouinard die Entscheidung mit der Begründung getroffen hat, dem Unternehmen langfristige Stabilität zu sichern, anstatt kurzfristig mögliche Gewinne durch einen Börsengang zu erzielen.“

Kritik

Nicht überall wird die Ankündigung des Milliardärs gleichermaßen überschwänglich aufgenommen. Wie Bloomberg und die New York Times berichten, erspart sich Chouinard mit der Überschreibung von Patagonia im Vergleich zu einem Verkauf der Marke mehrere hundert Millionen Euro an Steuerzahlungen.

Graham Starr, Global Business Editor Bloomberg

„Der Patagonia-Gründer vermeidet 700 Millionen Dollar Steuern, indem er Anteile spendet. Damit bleibt die Kontrolle über das Unternehmen in der Familie, aber Steuern aus der traditionellen Vererbung oder Eigentumsübertragung werden vermieden.“

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