Die Sport und Outdoor-Branche wirtschaftet zunehmend nachhaltig. Wo man früher noch die Frage gestellt hat, ob Sport und Sportprodukte überhaupt nachhaltig sein können und müssen, findet seit geraumer Zeit ein zunehmend rasanter Wandel statt. Auch die ISPO Munich prämiert seit Jahren mit dem ISPO Award nicht nur die besten Produkte einer Saison. Eine eigene Jury bewertet zusätzlich den ökologischen Impact der Produkte. „Es geht weg von der Fast-Fashion, hin zu langlebigen hochwertigen Produkten“, sagt Professor Mathias Kimmerle, Mitglied der ISPO Sustainability-Jury. Und was sich noch vor ein paar Jahren den Vorwurf des Greeenwashings gefallen lassen musste, ist heute Teil der DNA vieler Outdoor-Marken.
Auch auf den ISPO Re.Start Days stand das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Denn gerade nach Corona fragen die Kunden zunehmend gezielt nach natürlichen oder recycelten Materialien, interessieren sich für die Produktionsbedingungen. Ist der Neustart also auch eine Chance, um die Sportindustrie langfristig nachhaltig zu machen, wird die Erholung grün?
Für Jack Wolfskin CEO Melody Harris-Jensbach steht ein großes „Ja“ als Antwort fest. Wobei sie die Situation anders beurteilt. „Wir sind nicht in einer Erholung“, sagt sie: „Wir erleben gerade eine enorme Beschleunigung“. Die Corona-Krise habe an vielen Stellen für Probleme gesorgt, doch die seien zeitlich absehbar. „Wir arbeiten nicht im Hier und Jetzt“, sagt die Jack-Wolfskin-Chefin. „Covid ist hier und jetzt, und das wird vorübergehen.“ Alles, was heute entwickelt werde sei schon für die Jahre 2021, 2022 und darüber hinaus. „Wir haben das Thema Nachhaltigkeit bei uns ganz bewusst vorangetrieben. Aber nicht wegen Covid, sondern weil wir nach vorne schauen“, so Harris-Jensbach.
Und tatsächlich: Bei Jack Wolfskin ist das Thema kein neues. Bereits 2011 wurde der erste Sozialbericht veröffentlicht, 2014 folgte ein vollständiger Transparenzbericht über die gesamte Lieferkette. „Ich denke, Transparenz ist ein wichtiger Punkt bei der Nachhaltigkeit, bei jeder Initiative, die man ergreift“, erklärt Harris-Jensbach und liefert ihre Definition: „Tun Sie, was Sie sagen, und sagen Sie, was Sie tun, und seien Sie dabei offen und lassen Sie es jeden sehen.“
Auch Jill Dumain, CEO von BlueSign ist mehr als optimistisch. Sie glaube nicht, dass es derzeit einfach nur ein wenig bergauf gehe, sagte sie in München. „Ich glaube, wir befinden uns in der Outdoorbranche in einem Aufschwung, den ich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren so nicht gesehen habe“. Und auch das Thema Nachhaltigkeit habe daran einen Anteil: „Das ist kein schöner Luxus mehr, den man sich leisten können muss“, erklärt die BlueSign-Chefin. Nachhaltigkeit sei heute vielmehr die Voraussetzung, um die zunehmend bewusstere Kundschaft zu überzeugen. Gleichzeitig seien naturverträgliche Produkte auch eine große Chance für Industrie und Handel. „Das ist ein sehr sehr emotionales Thema, mit dem man Menschen begeistern kann“, ist sich Jill Dumain sicher.
Auch für Peter Schöffel, General Manager des gleichnamigen Familienunternehmens, steht ein spezielles Mindsetting im Mittelpunkt, allerdings auf Seiten der Hersteller: „Bei der Nachhaltigkeit geht es nicht um Gewinn und Umsatz. Es geht darum, wer Sie als Persönlichkeit sind. Als Chef eines Unternehmens muss man Nachhaltigkeit wollen, ohne irgendein Fragezeichen. Entweder man tut es mit vollem Herzen oder man lässt es“.
Schöffel empfiehlt den Blick auf die Zeit vor Corona. Die Frage sei doch, so Schöffel, ob die Industrie weiterhin über den niedrigsten Preis punkten wolle oder ob man es schaffe, sich von der Wegwerf-Mentalität zu lösen. Mit seinem Familienunternehmen setzt Schöffel in siebter Generation konsequent auf Qualität. Und das sei, sagt Schöffel, ohne nachhaltiges Denken nicht machbar. „Mit Fast Fashion, kann man einen Flirt haben, aber keine Freundschaft“, erklärt er seinen Ansatz. Wer hingegen langlebige Qualitätsprodukte anbiete, habe viel eher eine Chance, mit dem Kunden zu kommunizieren, Teil seines Outdoor-Lebens zu werden. So unterhält Schöffel eine eigene Service-Abteilung, die bei Bedarf die liebgewonnen Teile der Kunden repariert.
Dass diese Bemühungen teuer sind, dürfte nicht überraschen. Ist der Verbraucher auch bereit, dafür zu zahlen? Das müsse er in der Regel gar nicht, sagt Frank Henke, Senior Vice President Sustainability bei Adidas. „Im Allgemeinen bemühen wir uns um nachhaltige Produkte, ohne die Extra-Kosten auf den Verbraucher abzuwälzen“, erklärt Henke. „Wir tragen einen großen Teil dieser Kosten intern als Teil unseres Engagements für die Verbraucher“. Denn Nachhaltig und fair produzierte Produkte seien heute ein Muss, nicht nur Teil einer Kampagne.
In Herzogenaurach ist die Nachhaltigkeit ohnehin schon länger Programm. Bereits vor 22 Jahren hat Adidas mit seinen Zulieferfirmen einen Code of Conduct ausgehandelt, im Jahr 2008 eine ganzheitliche Umweltstrategie entworfen, seit 2017 sind 99 Prozent der Produkte PFC-frei. „im vergangenen Jahr haben wir mit dem Futurecraft Loop den ersten vollständig recycelbaren Running Schuh auf den Markt gebracht“, sagt Frank Henke – und so solle es weitergehen.
Denn, so Adidas-Kollege Philipp Meister, speziell bei der jüngeren Kundschaft könne man ohne ganzheitlich nachhaltige Produkte nicht mehr punkten. „Ich sehe das an meinen Kindern. Die würden nie auf die Idee kommen, Einwegplastik zu verwenden. Und das sind ja unsere Kunden der Zukunft“, so Meister. Den Erfolg sieht Meister in den langfristigen Verpflichtungen, die Adidas eingehe. So wolle das Unternehmen seinen CO2-Ausstoß in den kommenden um 30 Prozent senken „Und deshalb müssen wir langfristig jeden einzelnen Prozess, jeden einzelnen Schritt innerhalb des Unternehmens optimieren“, so Meister. Am Ende stehe aber ein Gewinn für all Beteiligten.
In absehbarer Zeit werden wir wahrscheinlich nur noch nachhaltige Produkte auf der ISPO Munich sehen – noch mehr Arbeit für die Sustainability-Jury. Denn, so Melody Harris-Jensbach von Jack Wolfskin, „den Stoff oder das Kleidungsstück müssen wir ohnehin herstellen, warum also nicht gleich auf die richtige Art und Weise, warum es nicht unter den richtigen sozialen Bedingungen tun?“ Denn dann, sagt Peter Schöffel, gehe es um die Qualität, nicht mehr in erster Linie um den Preis. „Dann haben wir den Verbraucher im Blick und können das richtige Produkt mit der richtigen Geschichte verkaufen“.
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