Zwischen zwei und sechs Milliarden Euro wird die Verschiebung der Olympischen Spiele von Tokio auf das Jahr 2021 kosten. Diese – wegen der historischen Einmaligkeit des Ereignisses noch sehr grob gerechneten – Überschlagszahlen hört man von Experten aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und dem Gastgeberland Japan.
Ein riesiges Puzzle aus mehr als 40.000 Hotelzimmern, 2000 Bussen und Tausenden Einzelverträgen vom Kontrakt mit den TV-Rechteinhabern bis zum kleinsten Zulieferer muss neu zusammengesetzt werden. Von den Olympia-Qualifikationen in den einzelnen Sportarten ganz zu schweigen.
Eine riesige Herausforderung für das Gastgeberland, das IOC, aber auch die Sportbranche.
Trotzdem glaubt der ehemalige IOC-Marketingchef Michael Payne, dass die Olympischen Spiele 2021 die vielleicht größten der Geschichte werden könnten: „Nach den schwierigen und dunklen Zeiten, mit denen wir konfrontiert sind, wird die Welt das Überleben der Menschheit feiern wollen. Diese Krise isoliert uns, daher könnten die Olympischen Spiele im nächsten Jahr ein Symbol für Vereinigung und Dialog werden“.
Natürlich muss der Mann, der die olympische Bewegung in den vergangenen Jahren zu einem kommerziellen Erfolg gemacht hat, derlei Optimismus verbreiten. Auch, dass IOC-Sportdirektor Christophe Dubi auf die „einmaligen Vorteile“ der zeitlichen Nähe zwischen den Olympischen Sommerspielen von Tokio (23. Juli bis 8. August 2021) und den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar 2022) preist, riecht nach PR-Sprech.
Allerdings hat sich zumindest bei den Big Playern der von der weltweiten COVID-19-Pandemie hart getroffenen Sportindustrie inzwischen ebenfalls das Prinzip Hoffnung durchgesetzt. „Wir freuen uns schon jetzt auf den Sportsommer 2021“, sagt beispielsweise Adidas-Sprecher Oliver Brüggen. Vor den Olympischen Spielen in Japan soll vom 11. Juni bis 11. Juli 2021 die Fußball-Europameisterschaft ein Jahr verspätet stattfinden.
Und auch andere in diesem Jahr gestrichene Traditionsereignisse wie das berühmte Rasen-Tennisturnier von Wimbledon können dann hoffentlich wieder wie gewohnt über die Bühne gehen.
Die Absage der großen Sportevents im Jahr 2020 hat die großen Sportartikelfirmen rein finanziell bislang nicht extrem getroffen. Adidas beispielsweise schätzt die Einbußen durch die Streichung von Olympia und der EM „nur“ auf 50 bis 70 Millionen Euro bei einem jährlichen Konzernumsatz jenseits von 20 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Allein im ersten Quartal 2020 soll der Umsatzrückgang der Marke mit den drei Streifen in China durch Covid-19 bis zu eine Milliarde Euro betragen haben.
Allerdings sind sportliche Großereignisse immer eine riesige, weltweite Bühne, auf der die neuesten Produkte der Top-Firmen präsentiert werden können. Der weltgrößte Sportartikelkonzern Nike beispielsweise wollte als Ausrüster des US-Teams seine Kollektion an nachhaltiger Kleidung und Schuhen aus Recycling-Materialien in den Blickpunkt rücken.
Das fällt nun im Jahr 2020 weg, dennoch bleibt Nike-CEP John Donahoe optimistisch. Zwar schrumpfte der Umsatz der Nummer 1 auf dem Sport-Weltmarkt im ersten Geschäfts-Quartal bis zum 29. Februar in China insgesamt um vier Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der digitale Umsatz im Reich der Mitte allerdings um 30 Prozent.
Das macht Hoffnung, dass der Corona-Virus den Menschen die Lust auf Sportprodukte nicht nimmt. Zudem fährt China längst wieder hoch: Zu Spitzenzeiten der Covid-19-Pandemie waren im Februar dort 75% der Nike-Geschäfte geschlossen, inzwischen sind fast alle wieder geöffnet.
Davon ist die Branche auf den westlichen Märkten noch weit entfernt: In vielen Staaten sind Sportartikel-Geschäfte geschlossen. Adidas und Puma haben in Deutschland Kurzarbeit angemeldet und ihre Geschäftsprognosen für das Jahr zurückgezogen. Schließlich liegen durch die Unterbrechung der großen Fußball-Ligen beispielsweise auch die lukrativen Vorstellungen neuer Trikots von Topvereinen wie Bayern München auf Eis.
Auch wenn 2020 wirtschaftlich eine Delle bringen dürfte, stehen die Vorzeichen für das große Sportjahr 2021 zumindest besser. Nike-Boss Donahoe: „Wir freuen uns darauf, wenn der organisierte Sport wieder läuft. Wenn das so ist, werden wir da sein.“
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