„Business as usal wird nicht mehr funktionieren!“. Katrin Ley brachte die Kernbotschaft gleich am Anfang der hochkarätig besetzten Panel-Diskussion zum Thema „Circularity“ bei der ISPO Munich Online auf den Punkt. Die geschäftsführende Direktorin steht mit der Nachhaltigkeits- und Innovations-Plattform Fashion for Good beispielhaft für den nötigen Wandel in der Sport- und Textilindustrie.
Die EU macht nämlich inzwischen auch rechtlich Druck in Sachen Kreislaufwirtschaft. „Nachhaltige Produkte und Circular Economy sollen zur Marktnorm werden. Das ist bis zum Ende dieser Dekade das klare Ziel und wir wollen damit Vorbild für die ganze Welt sein“, verkündete Helena Braun während der Diskussion. Sie ist Mitglied im Team von EU-Kommissar Franz Timmermans, der im Kabinett von Präsidentin Ursula von der Leyen für den European Green Deal zuständig ist.
Und Veränderungen in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit stehen bei der EU ganz oben auf der Prioritätenliste. Nach dem im vergangenen Jahr beschlossenen „EU Circular Economy Action Plan“ soll es bis Ende dieses Jahres klare Vorgaben für den wegen seiner bislang wenig nachhaltigen Produktionsmethoden zentral eingestuften Textilsektor geben.
„Wir wollen ändern, wie die Produkte konsumiert und produziert werden. Sie sollen recycelbar, reparierbar und langlebiger werden“, so Braun. Zudem sollten neue Businessmodelle wie product as a service unterstützt werden.
Ähnliche gesetzliche Regelungen waren in der vergangenen Legislaturperiode für die Plastik-Industrie erlassen worden. Wegen des laufenden Diskussionsprozesses konnte Helena Braun noch nicht so viele Details über die geplanten Vorgaben im Textilbereich sagen. Aber manches deutet sich bereits an: „Es könnte einen Pflicht-Prozentsatz von nachhaltigen Produkten eingeführt werden. Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass länderübergreifend in der EU der Markt für recycelte Textilien funktioniert und Firmen auch darauf verlässlich Zugriff haben.“ Bislang wird nämlich lediglich ein Prozent der Textilien recycelt, der Rest landet auf dem Müll.
Braun lud alle Player der Sport- und Textilbranche ein, am laufenden Gesetzgebungsprozess mitzuarbeiten: „Jeder kann dazu beitragen. Es geht nicht um Restriktionen, sondern die Maßnahmen sollen einen Benefit für die Menschen und die Industrie bringen.“ Wie das sinnvoll funktionieren kann, zeigt das von der EU unterstützte „New Cotton Project“. Darin arbeiten zahlreiche große Marken, Organisationen und Universitäten aus Europa zusammengeschlossen, um weltweit erstmals kommerzielle Kleidung komplett in einem Kreislaufmodell zu produzieren.
Konkret heißt das, dass die finnische Biotechnologie-Firma Infinited Fiber Company Textilmüll sammelt, aufbereitet und neue Fasern daraus herstellt. Diese werden von großen Firmen wir H&M oder adidas zu kommerzieller Kleidung verarbeitet. Nach Ende der Nutzungsphase können die Klamotten wieder zurückgegeben werden und der Prozess beginnt von vorn.
„Das passt in unsere Unternehmensziel, dass wir den Unterschied für die Menschen machen und ihr Leben ändern können Das Motto heißt: Made to Remade“, begründete James Tarrier, Director Platform Innovation bei Adidas Futures Team, die Teilnahme der Marke an dem wegweisenden Projekt.
Fashion for Good unterstützt genau solche Aktionen, indem disruptive, innovative Startups mit großen Marken zusammengebracht werden. Damit derlei Kreislauf-Prozesse im Mainstream ankommen.
„Bisher läuft der Prozess meistens linear ab. Die Kleidung wird unter Nutzung vieler Ressourcen produziert und landet dann irgendwann im Müll. Das muss sich ändern“, forderte Ley: „Dafür brauchen wir Innovationen, Zusammenarbeit auf der ganzen Lieferkette und die Unterstützung der Politik.“ Nur so kann Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft irgendwann zum „Business as usual“ werden.
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