Währned die Corona-Pandemie von der Bundesliga über die Formel 1 bishin zu Fußball-EM und Olympia den Sport zum Erliegen bringt, rückt der Esport immer weiter in den Fokus.
Zwar werden auch dort Großevents verschoben, doch für viele Sportarten ist Esport derzeit das Mittel der Wahl, um weiter öffentlich präsent zu sein. So nehmen mehrere Bundesliga-Vereine an der Bundesliga Home Challenge teil und liefern sich dort Duelle an der Konsole im Videospiel FIFA 20 - natürlich live gestreamt.
Auch die Formel 1 hat Esport als Ersatz für die abgesagten Rennen entdeckt und veranstaltet inzwischen eSport-Events, in denen sich echte Formel-1-Racer wie Max Verstappen, Lando Norris oder Charles Leclerc mit Streamern und YouTubern im Spiel F1 2019 messen. Selbst der deutsche TV-Rechte-Inhaber Sky zeigt diese Videospielrennen inzwischen live.
Der Vizepräsident des Esport-Bundes Deutschland, Niklas Timmermann, kann genau erklären, welche Chancen und Herausforderungen der boomende eSports-Markt für Sponsoren bringt.
Niklas Timmermann ist beim ESBD zuständig für alle Esport-Teams sowie -Spieler. Der Verband wurde im Jahr 2017 gegründet und fungiert als Fachsportverband für den bundesweit organisierten Esport und seine Sportlerinnen und Sportler in Deutschland.
Esports, prophezeit Timmermann, wird in einigen Jahren zur zweitgrößten Sportart hinter Fußball aufsteigen: „35 Millionen Gamer gibt es allein in Deutschland“. Davon sind, nach Angaben von Statista, drei Millionen Menschen sogar ESports-Enthusiasten (das heißt, sie schauen mindestens einmal pro Monat ein Esports-Event an oder nehmen daran teil).
Der Esports-Markt bietet für Unternehmen viele Chancen und Vorteile, erklärt Timmermann.
- Sponsoren können eine junge Zielgruppe erschließen, die sie auf anderen Wegen nicht erreicht hätten. Der ESBD-Vize macht das am Beispiel von Fußballvereinen deutlich: Diese klagen in den Städten und Dörfern über Mitgliederschwund. eSport-Mannschaften hingegen freuen sich über mehr und mehr Mitglieder. Sie sprechen die Sprache der Zielgruppe (Millenials) und ziehen somit viele junge Menschen an.
- Der Grad der Individualisierung für Werbetreibende ist deutlich höher. Im Gegensatz zum „normalen“ Sport, darf Werbung im eSport nicht nur an bestimmten Positionen des Trikots platziert werden. „Logos findet man auf jeder freien Stelle der Trikots. Ärmel, Rücke, Vorderseite“, erklärt Timmermann.
- Neue Sales-Kanäle: Timmermann sieht für Unternehmen die Chance, neue Märkte zu erschließen und die Produkte an eine neue Zielgruppe verkaufen zu können. Des Weiteren profitieren Unternehmen davon, dass sie „ein junges, modernes Image generieren und authentisch mit der jungen Zielgruppe interagieren“ können.
Viele Unternehmen haben das Potential bereits erkannt. Dabei handelt es sich nicht mehr nur um Tech-Firmen wie Nvidia, Logitech oder Intel. Ein Schwergewicht im Esport ist Mercedes-Benz. Der Autohersteller arbeitet als strategischer Partner mit dem Veranstalter ESL zusammen und ist damit bei Großveranstaltungen wie der ESL One auf großen Leinwänden sowie in den Arenen präsent.
„Wir sind davon überzeugt, mit diesem […] Engagement unser Sportsponsoring zukunftsorientiert ergänzen zu können und können so auch mit einer sehr interessanten neuen Zielgruppe in Kontakt treten“, sagt Dr. Jens Thiemer, Marketing-Vizepräsident von Mercedes-Benz Pkw im Rahmen der Bekanntgabe der Zusammenarbeit.
Daneben befinden sich weitere global Player im Markt, wie
- BMW (Partner League of Legends)
- DHL (Partner ESL)
- Deutsche Telekom (Hauptsponsor Clan SK Gaming)
- Adidas (Ausrüster Clan Team Vitality)
- Intersport (Ausrüster SK Gaming)
Aber auch kleinere Unternehmen haben Esports für sich entdeckt. Der Sportartikelhersteller Uhlsport sponsert als offizieller Ausrüster den Berliner Clan BIG (Counter-Strike).
„Für Uhlsport ist es wichtig, den Zugang zur jungen Zielgruppe nicht zu verlieren und die Marke emotional zu positionieren. Aufgrund der hohen Konkurrenzsituation wird dies im Fußball zunehmend schwieriger“, erklärt der Hersteller die Gründe für sein Engagement.
Warsteiner schloss mit der ESL einen Sponsoringvertrag bis 2020. Das Engagement umfasst unter anderem das Ausschankrecht der Warsteiner-Produkte und die Einbindung in die Live-Übertragungen der ESL-Formate und -turniere.
„Wir haben hier die Möglichkeit, eine digitalaffine Zielgruppe zu begeistern und unsere Marke in einem neuen Umfeld zu präsentieren“, sagt Brand Director Marcus Wendel von der Warsteiner Brauerei.
Auch Wüstenrot schielt auf die junge Zielgruppe. „Als Unterstützer für Lebens- und Wohnwünsche liegen uns die Bedürfnisse junger Erwachsener sehr am Herzen. Wir wollen offen für die Interessen der kommenden Generation sein und mit ihr in den Dialog treten“, sagt Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Bausparkasse.
Der Versicherungsanbieter, ist bereits seit 2016 im Esport als Sponsor tätig, als Hauptsponsor für die ESL Meisterschaft, die höchste Spielklasse in Deutschland. Dabei setzt Wüstenrot auf Banner-Werbung.
Weitere Sponsoren sind
- Gerolsteiner (Clan Unicorns of Love)
- Vodafone Group (ESL)
- SAP (Clan Team Liquid)
- UPS, Barmer, Fischer, Puma (VfB Stuttgart)
Werbetreibende und Sponsoren müssen bei aller Faszination für den Markt allerdings auch ein paar grundlegende Besonderheiten beachten, warnt Timmermann.
- Die Szene ist – Stand jetzt – neben aller voranschreitenden Professionalisierung noch sehr unstrukturiert und volatil, macht Timmermann deutlich. „Wie lange sind die Spiele von Publisher-Seite erfolgreich? Können Sie sich halten oder werden die Spiele morgen schon wieder eingestampft.“ Teams können saisonale Schwankungen haben – nahmen manche Clans vergangenes Jahr noch an einer Weltmeisterschaft teil, finden Sie sich in diesem Jahr auf dem letzten Tabellenplatz. Wo einerseits für Fans Spannung innerhalb der Liga herrscht, bedeutet das für Sponsoren andererseits wenig Planungssicherheit.
- Unternehmen müssen ein Feingefühl für die spitze und emotionale Zielgruppe besitzen. Werbung muss gut durchdacht und platziert sein. Mercedes leistete sich einen Fauxpas, als sie bei einem Esport-Turnier mit dem Slogan „fast so gut wie unsere E-Klasse“ geworben hatten, illustriert der ESBD-Vize. Die Reaktion der Fans ließ nicht lange auf sich warten, denn die Großteils Jugendlichen brauchen schlicht keine E-Klasse: Es hagelte einen Shitstorm und man machte sich über den Automobilhersteller lustig. Werbetreibende und Sponsoren müssen sich also fragen: Wer ist diese Zielgruppe und was braucht sie?
- Noch sind die Einstiegspreise für Sponsoren gering, allerdings wird sich das in den nächsten Monaten und Jahren schnell ändern, prophezeit Timmermann. Der Boom der Branche fördert einen Verdrängungswettkampf: In Zukunft werden Werbeplätze demzufolge teurer: Schnell handeln lohnt sich.
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