Christoph Rapp, International Sales & Retail Manager der Messe München, hat tagtäglich mit den Themen der Sportartikelbranche zu tun. Er ist am Puls der Zeit, die für die Branche relevanten Themen bereitet er für ISPO Academy auf. Beim Auftakt der Reihe ISPO Academy Connect ging es um „Die Zukunft der Sportartikelindustrie – Chancen – Veränderung und Trends“, bei der zweiten Veranstaltung um Start-ups und die Frage, was Gründer wirklich brauchen. Und nun also, bei der dritten Veranstaltung im Weststudio im Münchner Westend, um Esports. „Auf den ersten Blick ist unser Thema für manche vielleicht nicht ganz naheliegend, für andere dagegen sehr“, sagte Rapp. Dahinter steht die immer noch viel diskutierte Frage: Ist Esports eigentlich Sport oder nicht?
„Es ist kompetitives Entertainment“, sagt André Fläckel, der Direktor Esports bei Lagadère – um sich dann festzulegen: „Esports ist auf dem Weg, eine der bedeutendsten Sportarten weltweit zu werden.“ Und damit stellt sich für jeden Player im Sportbusiness eher früher als später die Frage, ob und wie er sich engagiert. Fläckel nennt den wichtigsten Grund: „Die Zielgruppe ist jung“, 16 bis 25 Jahre, „überdurchschnittlich gut gebildet und lässt sich über klassische Kanäle immer schwerer erreichen.“
Der Streuverlust bei dieser Zielgruppe ist enorm – im Esports dagegen habe man die beste Chancen, eine Zielgruppe zu erreichen, die gerade vor „vielen first time experiences“ stehe, wie Cédric Schulte-Langforth, Manager New Business bei Lagadère Plus, erläutert, die sich also erstmals ein Auto kauft, eine Versicherung abschließt, sich womöglich langfristig an eine Marke binden lässt: „Diese Zielgruppe ist einzigartig attraktiv“, sagt Schulte-Langforth.
Lagadère präsentiert Zahlen und Fakten, die den Wachstumsmarkt Esports illustrieren:
- 1,5 Milliarden Menschen vergnügen sich mit Videogames. „Das hat noch nichts mit professionellem Sport zu tun“, sagt André Fläckel, aber es zeigt das Potenzial.
- 365 Millionen Menschen konsumieren und schauen Esports Events. Tendenz steigend. „Es ist ein sehr junger Markt, der sich stetig bewegt“, sagt André Fläckel und analysiert: „Keine Sportart entwickelt sich schneller als Esports.“
- Zum Live Event der Blast Pro Serie kamen Ende November 12.000 Menschen in die Royal Arena Kopenhagen, das Event wurde in 89 Länder übertragen, mehrere Millionen sahen weltweit zu.
- Beim League of Legends Finale sahen 2016 schon 43 Millionen Menschen weltweit zu, in 2017 waren es sogar 75 Millionen. Das Preisgeld betrug insgesamt 24 Millionen Dollar – zum Vergleich: In der Euro League zahlt der europäische Fußballverband Uefa 8,1 Millionen aus.
- 700 Millionen Dollar wurden im vergangenen Jahr mit Esports umgesetzt.
- Esports wird bei den Asia Games 2020 offiziell anerkannter Wettbewerb, es geht also erstmals um Goldmedaillen durch einen internationalen Sportverband.
- Das Team SK Gaming, Nummer 1 beim Spiel Counter-Strike, kommt in den sozialen Netzwerken auf 5,3 Millionen Reichweite – in der Fußball-Bundesliga schaffen das nur wenige Vereine.
- 76 Prozent der Esports Fans sind zwischen 10 und 35 Jahren, weitere 22 Prozent zwischen 36 und 50 Jahre, nur 3 Prozent sind 51 Jahre und älter. 66 Prozent der an Esports Interessierten sind Männer, 34 Frauen.
- 48 Prozent verfügen über ein überdurchschnittlich hohes Haushaltseinkommen
Lagadère Sports berät Unternehmen in strategischen Fragen und ist im Esports eine der wichtigsten Vermarkter. Um zu prüfen, ob ein Sponsoring-Engagement für ein Unternehmen Sinn macht, ist es zunächst wichtig, die Marktteilnehmer zu kennen.
- Publisher sind die Unternehmen, die Esports Spiele herstellen. EA Sports zum Beispiel oder Valve, ein 7-Milliarden-Unternehmen.
- Media: Esports läuft vor allem über Streaming-Plattformen. Twitch.tv ist die Esports Plattform Nummer 1, mit weitem Abstand vor YouTube Gaming. Im linearen Bereich übertragen TV-Sender wie ESPN und auf dem deutschen Markt Sport 1. Auch Facebook, Amazon und sogar die Walt Disney Company mischen mit.
- Sport-Teams drängen inzwischen auch aus den etablierten Vereinen in den Esports Markt: der FC Schalke 04, Paris St. Germain, Manchester City, FC Valencia, aber auch die Philadelphia 76er
- Sponsoring: Die Brands kamen anfangs vor allem aus dem endemischen Bereich, aus der Computer-Industrie und deren Zulieferer, Logitec und Acer beispielsweise. In jüngster Zeit aber steigen immer mehr weltweit agierende Konsumgüter-Brands ein. Beispiele: BMW, Mercedes, Red Bull, Vodafone, Visa, Gerolsteiner, Jack & Jones.
„Die Bewegung im Sponsoring wird signifikanter wahrge
nommen als in den meisten anderen Sportarten“, sagt Cédric Schulte-Langforth, was für die einsteigenden Brands eine große Chance ist. Allerdings müsse man sich auch stets gewiss sein, dass die Zielgruppe sehr sensibel reagiere: „Wenn ein großes Unternehmen in den Esports einsteigt, löst das Begeisterung bei den Fans aus – aber sie sind auch kritisch und beobachten genau, wie sich der Sponsor verhält.“
Anhand von drei best case Beispielen erläutert Schulte-Langforth, wie sich Brands im Esports engagieren und welche Leitsätze für den Einstieg von Unternehmen sich daraus ableiten lassen.
- Schaffe Mehrwert für die Fans. Beispiel Gerolsteiner. Der Getränkehersteller sponsert das deutsche Team Unicorns of Love. Und zeigt in Videos auf den Social Media Plattformen zum einen, dass Esports Profis nicht dem überholten Klischee entsprechen (also nicht nur Cola trinken, Pizza essen, sich im Keller verstecken), sondern fitte Ausdauersportler. Gerolsteiner bringt Videos mit Insights aus der Mannschaft, begleitet das Team ins Fitnessstudio, im Trainingsalltag und zu Wettkämpfen. Der Ärmelsponsor präsentiert sich so als lifestyle-bewusste und junge Marke – nicht mir plumpe Werbung, sondern echten Infos und Unterhaltung für die Fans.
- Esports muss authentisch bleiben. Beispiel BMW. Der Automobil-Hersteller sponserte das European League of Legends Championship Series (EU LCS) summer final in Paris – und landete einen besonderen Coup: Als die Unicorns of Love sich nicht qualifizierten, brachte BMW trotzdem deren Top-Star und Team-Manager Romain Bigeard, eine Ikone des Esports, auf die #LaneToParis, so der Hashtag in den sozialen Netzen – mit einem Graffiti-Modell des M3. BMW verzichtete sogar auf sein etabliertes CI-Design und band sein Logo in auf Esports abgestimmte Art in die Vermarktungsflächen ein.
- Nimm das, was du am besten kannst – und teile es mit der Szene. Beispiel Jack & Jones. Der Bekleidungshersteller stattet das CS:GO-Team Astralis mit einer eigenen Kollektion aus: Hoodies, Shorts, Hosen, sehr stylisch und wie für die Esports Zielgruppe geschaffen. Die Astralis-Profis stellen sich als Kampagnen-Models zur Verfügung, die Kollektion gibt es jetzt auch online und in Flagstores zu kaufen.
Was sind die Herausforderungen für den Esports Markt? André Fläckel nennt vier Punkte:
- Noch mehr klassische Marken werden sich engagieren – beim Recruiting und Employment, mit Content Creation, dem Aktivieren von Influencern und Ambassadors und mit Knowledge- und Image-Transfer.
- Dafür brauchen sie ein besseres Verständnis der Zielgruppe.
- Die Brands müssen sich dem Markt anpassen – zum Beispiel in der Ansprache der Zielgruppe.
- Esports braucht noch professionellerer Strukturen in seinen Verbänden und Organisationen – und eine klare Planbarkeit der Veranstaltungen und Events. Die Player im Esports müssen für mehr Transparenz bei den KPIs sorgen und für Standards, an denen sich große Unternehmen heute orientieren.
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