- Wofür steht Copenhagenize?
- Was ist typisch für Copenhagenize?
- Welche Datengrundlagen haben die Verantwortlichen?
- Was ist der Copenhagenize Index?
- Wer gewann den Index zuletzt?
- Wie schneiden deutsche Städte ab?
- Welche internationalen Folgen hat Copenhagenizing?
- Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Die Idee für Copenhagenize stammt von Mikael Colville-Andersen. Der Designer, Autor und Redner startete 2007 die Copenhagenize Design Company und brachte damit eine regelrechte internationale Bewegung für mehr Fahrradkultur auf den Weg. Seine Idee und Philosophie ist, mit möglichst einfachen Konzepten Stadtplanung fahrradfreundlich zu machen. Seine Konzepte stellte er mittlerweile in über 100 Städten auf der Welt vor – verbunden mit der Fähigkeit, die Ideen in neue Begriffe zu kleiden. Von ihm stammen Begriffen wie „Cycle chic“, „Citizen cyclist“, „Bycicle urbanism“ – und eben „Copenhagenize“. Heute steht ein großes Team hinter Copenhagenize – die Verantwortlichen, die in Büros in Kopenhagen, Paris und Montreal tätig sind, nennen sich ausdrücklich nicht „Cyclists“. Sie seien einfach Menschen, die gerne mit dem Rad rumfahren – und die wissen, dass eine größere Anzahl an Radfahrern zu einer höheren Lebensqualität in Städten führen.
Weg vom Auto, hin zum Fahrrad – so sollen sich Großstädte nach der Idee entwickeln. Dass dafür keine Sonntagsreden über fahrradfreundliche Städte ausreichen, sondern handfeste Arbeiten nötig sind, zeigt die Beispielstadt Kopenhagen. Es wurden eigene Radfahrerbrücken gebaut, Radwege erweitert und seit 2012 gibt es Fahrrad-Highways. Das sind nicht nur größere und breitere Radwege, sie wurden auch etwa mit einem neuartigen Ampelsystem verbunden, das sich der durchschnittlichen Geschwindigkeit von Radfahrern anpasst und so die Zahl der Geschwindigkeit nehmenden Stopps reduziert. Auch große Fahrrad-Parkhäuser gehören schon lange zum Kopenhagener Stadtbild und damit zum Copenhagenize.
Die von dem Team rund um Copenhagenize gesammelten Daten sind eindrucksvoll. Noch Anfang der 70er Jahre waren mehr als dreieinhalb Mal so viele Autos in Kopenhagen unterwegs wie Fahrräder. Die Zahl der Fahrradfahrer stieg zwar im Laufe der Jahre stetig an. Aber erst mit Beginn des Projekts erhöhte sich die Kurve steil – und im Jahr 2016 fuhren erstmals mehr Fahrräder in die Kopenhagener Innenstadt als Autos. Der Hauptgrund für die Kopenhagener fürs Fahrradfahren hat allerdings nichts mit einem gesteigerten Umweltbewusstsein zu tun. 56 Prozent gaben als Motiv an, dass das Radfahren schlicht deutlich schneller geht. Tatsächlich ergab eine Vergleichsfahrt durch die Stadt vom selben Startpunkt zum selben Ziel für das Auto 37 Minuten Fahrzeit, für das Fahrrad aber nur 13 Minuten. Radfahrer konnten einfach viel direkter an ihr Ziel fahren. Eindrucksvoll ist auch eine andere Analyse, nämlich zum Platzverbrauch. Im Bereich des Hans Christian Andersen Boulevard stellten die Studienmacher fest, dass Fahrräder zwar 62 Prozent des Pendelverkehrs ausmachten – ihnen dazu aber nur sieben Prozent der Verkehrsflächen zur Verfügung standen. Autos wiederum machten nur neun Prozent des Pendelverkehrs aus, hatten dafür aber 54 Prozent der Verkehrsflächen zur Verfügung.
Mit dem Copenhagenize Index gibt es seit 2011 einen objektivierbaren Vergleich der Fahrradfreundlichkeit in Großstädten auf der Welt. Über insgesamt 14 Parameter vergeben die Verfasser des Index an Städten mit mehr als 600.000 Einwohnern Punkte von 0 bis 4. Punkte gibt es etwa für ein besonders gut ausgebautes Radwegenetz, das in vielen Städten allerdings inzwischen üblich ist. Dazu kommen ein möglichst dichtes Netz an Fahrradparkplätzen und möglichst viele verkehrsberuhigte und damit fahrrad- und fußgängerfreundliche Zonen. Punkten können Städte aber auch, wenn mindestens gleich viele Frauen wie Männer nachweisbar das Rad nutzen oder wenn sie viele Angebote an Leihfahrrädern haben. Auch der Einsatz von Lastenrädern als Transportmitteln oder ein hohes Ansehen des Radfahrens bringen Punkte. Und auch eine Stadtplanung nach dem Motto „Bike first“ wird belohnt.
Der Copenhagenize Index wird alle zwei Jahre erstellt. In der jüngsten Ausgabe im Jahr 2019 lag Kopenhagen mit 90,2 Prozent der möglichen Punkte knapp vor Amsterdam (89,3 Prozent) und Utrecht (88,4 Prozent) in den Niederlanden. Kopenhagen gewann damit zum dritten Mal in Folge den bisher fünf Mal vergebenen Preis – davor war zweimal Amsterdam erfolgreich. Die Städte dahinter hatten schon einen deutlichen Abstand bei den erreichten Punkten – es folgten Antwerpen, Straßburg, Bordeaux, Oslo und Paris. Im nächsten Index könnte allerdings Oslo einen deutlichen Sprung nach vorne machen. Die norwegische Metropole gewann den Titel des „Rising Star“ und gilt als beispielhaft dafür, wie auch in kurzer Zeit große Fortschritte gemacht werden können. Oslo gilt nun auch als Beispiel für alle Städte, die über sich sagen, sie seien zu hügelig oder schneereich fürs Fahrradfahren.
Im Index des Jahres 2019 lag Bremen auf dem elften Platz und damit von den deutschen Städten am besten. Die Weserstadt kam als Newcomer in das Ranking – die Indexmacher lobten stetige Fortschritte und ambitionierte Projekte im Fahrradverkehr, mit denen Bremen in aller Stille die anderen deutschen Städte abgehängt habe. Für Deutschland gab es aber dennoch Lob – es entwickle sich zum Fahrrad-Hotspot Europas. Berlin landete im jüngsten Ranking auf Platz 15, Hamburg auf Platz 20. Der langfristige Vergleich zeigt allerdings, dass andere Großstädte mehr tun. 2011 war Berlin noch auf Platz 4, München auf Platz 6, Hamburg auf Platz 11. Stück für Stück ging es für deutsche Metropolen seitdem nach hinten – ein Hinweis, dass andere Großstädte mehr Anstrengungen unternahmen.
Aus der 2007 gestarteten Initiative hat sich ein von Großstädten auf aller Welt unterstütztes Projekt entwickelt. Barcelona, Straßburg oder Paris zählen zusammen mit einer Reihe anderer Städte zu den Partnern. Die inzwischen zu Experten für eine am Fahrrad ausgerichtete Stadtplanung gewordenen Macher arbeiten dabei mit Großstädten rund um den Globus zusammen und machen den Städten konkrete Empfehlungen für mehr Fahrradfreundlichkeit. Neben dem Copenhagenize Index erstellt das Team auch immer wieder neue Studien. So widmete sich eine in diesem Jahr erstellte Studie dem Thema Frauen und Radfahren. Ein Aufhänger der Studie war, dass nach wie vor viele Frauen von sexuellen Belästigungen im öffentlichen Personennahverkehr berichten. Das Radfahren kann und soll ihnen hier mehr Unabhängigkeit vom ÖPNV bringen – dennoch radeln mehr Männer als Frauen. Dies liegt unter anderem auch an Gefahren vor Übergriffen, die Frauen haben – insbesondere auch abends und nachts. Aus Studien dieser Art macht das Team von Copenhagenize Empfehlungen für Großstädte – in diesem Fall etwa eine noch besser geschützte Fahrradinfrastruktur.
Im September gibt es eine sogenannte Master Class im kanadischen Montreal, der amerikanischen Heimat von Copenhagenize. An drei Tagen soll sich dort über die Erfahrungen mit der Radfahrer-Infrastruktur ausgetauscht werden – auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Mentalitäten und Radfahrkulturen zwischen den Kontinenten.
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