Abnehmen ohne schweißtreibendes Krafttraining und endlose Ausdauer-Einheiten? Mit dem Elektrostimulationstraining, kurz EMS, soll das möglich sein. Statt unsere Muskeln aktiv zu bewegen, erfolgt die Stimulation hier durch Impulse aus Klebe-Elektroden, die großflächig auf der Haut anliegen.
Der Befehl zur Kontraktion des Muskels wird also nicht durch einen Nervenimpuls vom Gehirn aus gesendet, sondern trifft die Muskulatur direkt durch eine elektromagnetische Stimulation, kurz EMS. Um alle Muskelgruppen zu erreichen und den Körper ganzheitlich anzusprechen, trägt man beim EMS-Training einen eng anliegenden „Bodyformer“-Anzug, an dem bis zu 20 Elektroden befestigt sind. Dieser Ganzkörperanzug ist wiederum mit dem eigentlichen Impulsgeber, dem „Bodyformer“ verkabelt. Doch ist das EMS-Training für unsere Gesundheit unbedenklich und reichen ein Overall und etwas Strom aus, um herkömmliches Fitness- und Krafttraining zu ersetzen?
Zwar ist das EMS-Training für Hobbyathleten und Abnehmwillige erst seit einigen Jahren auf dem Vormarsch, in der Physiotherapie findet die elektromagnetische Stimulation jedoch schon seit den 1970er Jahren Verwendung. Vor allem während der Rehabilitation ist häufig kein herkömmliches Krafttraining möglich – hier kommt die elektromagnetische Stimulation erfolgreich zum Einsatz: „Beispielsweise, wenn jemand in Folge einer Verletzung viel Muskel verloren hat und sich schwertut, ihn auf konventionelle Weise wieder aufzubauen“, weiß Sportmediziner Prof. Holger Schmitt im Interview mit der „Welt“ zu berichten. Und auch im Profisport wird das EMS, insbesondere zu Regenerationszwecken, schon lange genutzt. Die durchblutungsfördernden Eigenschaften des EMS können bei richtiger Anwendung also durchaus positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Wie aber sieht es in Sachen Gewichtsreduktion und Muskelaufbau aus?
Für Fitness-Sportler und Abnehmwillige bedeutet das: EMS-Training kann seine volle Wirkung erst in Kombination mit echter Bewegung und richtigem Krafttraining entfalten. Wer den elektrischen Ganzkörperanzug also beim Workout trägt, kann durch die zusätzliche Durchblutung und Stimulation der Muskulatur den Effekt um ein Vielfaches erhöhen. Auch die Regeneration kann durch den Reizstrom deutlich verbessert werden, so dass man schneller wieder ins nächste Training starten kann. Um der Gefahr einer Überbelastung und damit einer Schädigung der Gesundheit zu entgehen, ist eine Trainingsüberwachung beziehungsweise ärztliche Beratung vor dem ersten EMS allerdings dringend geraten.
Um einen trainingswirksamen Reiz zu setzen, sind beim EMS-Training für Einsteiger die klassischen Bodyweight-Übungen wie Kniebeugen, Liegestütze oder Sit-ups völlig ausreichend. Wichtig ist, die Übungen langsam und kontrolliert auszuführen, damit die elektromagnetische Stimulation während der Kontraktion des Muskels erfolgen kann. In der Regel haben die vom Bodyformer ausgesendeten Elektroimpulse eine Länge von vier Sekunden – danach sind vier Sekunden Pause angesagt. Im Optimalfall sollte also jede Wiederholung in dem vier-sekündigen Zeitfenster der Stimulation erfolgen. Die langsame Ausführung führt in Kombination mit der gezielten Stimulation der Muskelgruppen zu einem nachweislich höheren Trainingseffekt – wer also seine überschüssigen Pfunde schnell loswerden will, ist mit einem EMS-unterstützen Krafttraining bestens beraten. Bei fortgeschrittenen Athleten kann das EMS auch beim Krafttraining mit Hanteln oder auf dem Laufband angewendet werden.
Grundsätzlich gilt: Reizstrom allein genügt nicht, um Kraft aufzubauen und unseren Körper in Form zu bringen. Der Traum, sich den gewünschten Adonis-Körper per EMS ganz nebenbei auf dem Sofa zu züchten, entspricht also nicht der Realität. Das bedeutet jedoch nicht, dass die elektromagnetische Stimulation keinerlei Nutzen auf dem Weg zum Wunschkörper hat: „Die Wirkung von EMS auf die Muskulatur steht außer Frage. Von den Anbietern wird aber teils zu viel versprochen. 20 Minuten mit leichter Bewegung sind mit einem mehrstündigen konventionellen Training vergleichbar.“, verrät EMS-Experte Johannes Pommern in „Die Welt“.
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