Im Jahr 1969 gründeten Gabi und Werner Zanier das Familienunternehmen Zanier, als sie mit der Produktion von Handschuhen starteten. Die Zaniers waren selbst engagierte und erfolgreiche Sportler, die wussten, worauf es bei guten Handschuhen ankommt. Daher vertrauen auch das finnische Alpin- und Freeski-Team, das kanadische Snowboard-Team, das österreichische Snowboard-Team oder auch der britische Slalomläufer Dave Ryding dem Know-how des Unternehmens, das unlängst und kurz vor dem 50. Geburtstag von Lienz nach Innsbruck umgezogen ist.
Herr Zanier, Sie haben in den letzten Jahren den elterlichen Betrieb komplett umgebaut und präsentieren zum 50-jährigen Jubiläum 2019 einen Markenrelaunch. Warum war das notwendig?
Wir haben in den letzten Jahren viele alte Strukturen aufgebrochen und erneuert, angefangen beim Umzug nach Innsbruck, über die Digitalisierung mit der Einführung eines neuen Warenwirtschaftssystems und der Eröffnung unseres Webshops, bis hin zur Auslagerung der Logistik an einen Dienstleister. Intern hat sich bei Zanier viel verändert, deshalb war es für uns angesichts des Jubiläums der richtige Zeitpunkt, auch die Produkte und die CI zu überarbeiten und uns frischer und cleaner aufzustellen. Wir wollen uns als Marke klar abgrenzen und zeigen, woher wir kommen. Nach unseren ersten Gesprächen ist uns das auch geglückt.
Warum sind Sie nach Innsbruck gezogen?
Wir haben vor einem Jahr unseren Firmensitz von Lienz nach Innsbruck verlagert, weil wir uns vergrößern wollten, was in Lienz nicht möglich war. Innsbruck als Sportstadt ist für uns der perfekte Firmensitz. Wir sind hier näher an unseren Kunden und haben auch bezüglich der internationalen Anbindung bessere Möglichkeiten.
Ihre Eltern haben Zanier gegründet – wie kam es, dass sie ausgerechnet Handschuhe herstellen wollten?
Mein Vater führte gemeinsam mit seinem Bruder ein Intersport-Geschäft und war schon immer ein sehr aktiver Wintersportler und Skifahrer. Er hat auch Skimannschaften trainiert und kam so irgendwann als Trainer in die USA, wo er – mehr zufällig – die Gelegenheit bekam, seinen ersten Handschuh zu entwickeln und produzieren zu lassen. Daraus hat sich Zanier entwickelt. Es war sozusagen ein schöner Zufall.
Sie sind über all die Jahre bei den Handschuhen geblieben, warum gibt es keine ganze Bekleidungslinie von Zanier?
Wir machen bis heute 95 Prozent unseres Umsatzes mit Handschuhen und haben bewusst entschieden, uns auf unsere Kernkompetenz Handschuhe zu fokussieren. Als Familienunternehmen wollen wir bei unserem ursprünglichen Produkt bleiben und können das auch. Wir haben keine Risikokapitalgeber im Nacken, die versuchen, uns von unserer Herkunft weg zu züchten. Stattdessen schauen wir nach neuen Sportarten und erweitern unser Sortiment um Handschuhe fürs Biken, Klettern, Bergsteigen und den Flugsport, um auch im Sommer Geschäft aufzubauen.
Was bedeutet der Markenrelaunch für die Kollektion? Was hat sich da verändert?
Wir haben in den vergangenen ein bis zwei Jahren wirklich jedes einzelne Modell angeschaut und modifiziert. Der Designanspruch zieht sich jetzt durch die gesamte Kollektion. Wir haben viel Zeit, Nerven und Ideen in unsere neue Kollektion gesteckt.
Das klingt auch so, als hätten Sie ausgemistet…
Ja, das war auch ein Ziel. Aber wir sind in 28 Ländern aktiv, mit sehr großen Unterschieden hinsichtlich der jeweiligen Kaufkraftlevel, der Geschmäcker, der bevorzugten Farben etc. Mit 130 Modellen in der Gesamtkollektion sind wir jetzt etwas kleiner geworden, aber nicht so stark geschrumpft, wie wir das anfangs vermutet haben.
Sie haben auch einen Webshop eröffnet, warum?
Wir haben damit erst 2017 begonnen, was natürlich sehr spät war. Von der Historie her haben wir uns immer klar als Handelsmarke verstanden, wir wollten unseren Händlern mit einem eigenen Shop keine Steine vor die Füße legen. Heute glaube ich aber: Wenn man keinen eigenen Webshop hat, geht man unter und wird nicht mehr ernstgenommen – auch vom Handel. Mit etwa einem Prozent Umsatzanteil ist unser Webshop Luxus, aber ich verstehe ihn auch nicht als Umsatzbringer. Wir brauchen ihn, um unsere eigenen Erfahrungen zu machen und um in solchen Ländern präsent zu sein, in denen unser Distributionsnetz noch große Lücken hat. Wir sind weiterhin ganz klar eine Handelsmarke.
Was haben Sie durch Ihren Shop schon gelernt?
Wir erfahren mehr über unsere Kunden. Wir kennen ihr Alter, wissen ob sie männlich oder weiblich sind, in welchen Regionen sie leben und welche Sportarten sie machen. Das ist sehr spannend für uns.
Die Industrie fordert seit einiger Zeit mehr Datenaustausch zwischen Industrie und Handel. Aber nicht alle Händler wollen das. Wie sehen Sie das?
Ich denke, je vernetzter wir den Markt bearbeiten, desto erfolgreicher können wir sein. Aber ich verstehe auch die andere Seite. Wir versuchen zu unterstützen, wo wir können und dürfen.
Wo produzieren Sie?
Die komplexen Produkte stellen wir in Asien her mit unseren langjährigen Produktionspartnern. Unser heizbarer Handschuh besteht beispielsweise aus circa 100 Einzelteilen, so etwas könnten wir in Europa nicht mehr herstellen. Unsere Kappen und Wollhandschuhe kommen aber aus Österreich, und unsere Socken aus Italien.
Im Zuge der Digitalisierung wird immer mehr über Automation in der Bekleidungsproduktion gesprochen. Sehen Sie da neue Möglichkeiten in den nächsten Jahren?
Derzeit sehe ich das noch nicht. Im Bereich Strick ist das schon gut machbar, aber für sehr komplexe, mehrlagige und mehrdimensionale Handschuhe, wie wir sie machen, sehe ich noch keine automatisierten Lösungen, die über den Zuschnitt hinaus gehen würden. Auch im 3D-Druck sehe ich noch keine Lösung, wie man z.B. die wärmenden Luftkammern integrieren kann.
Sie sind bereits Bluesign-zertifiziert. Gibt es weitere Pläne in Richtung Nachhaltigkeit?
Wenn man es ernst meint, muss man sich jedes Jahr verbessern! Nachhaltigkeit ist kein Ein-Jahres-Projekt, es ist wie Skifahren: Da will man sich auch kontinuierlich weiterentwickeln. Unser nächstes Ziel ist es, CO2-neutral zu produzieren. Daran arbeiten wir gerade.
Sie arbeiten auch mit vielen Profisportlern zusammen. Warum ist das für Sie wichtig?
Wir stehen bei Zanier zwar alle ganz gut auf den Skiern, aber wir können unsere Produkte nie so testen, wie das Profisportler tun. Wir brauchen aber das Feedback von den Besten, um die besten Produkte zu machen. Deshalb haben wir in den vergangenen Jahren viel ins Sponsoring investiert. Dieses Feedback ist für uns wichtig, noch wichtiger als die Multiplikatorfunktion der Athleten.
Welches Feedback haben Sie da zum Beispiel bekommen?
Ganz unterschiedlich – manchmal bringen sie uns sogar zum Lachen, weil da Sachen kommen, mit denen wir nie gerechnet hätten. Bei den Snowboard-Handschuhen reißen die Nähte nicht auf, sie verbrennen! Die Snowboarder gleiten mit ihren Fingerspitzen über die Piste und dabei schmelzen die Materialien. Wir haben gelernt, dass Snowboarder Funktion und Style brauchen, bei Bergsportlern ist alles, was nur annähernd an Design erinnert, unerwünscht. Da zählt pure Funktion. Sport und Style entwickeln sich, und wir lernen mit.
Wie werden sich Handel und Industrie weiterentwickeln?
Prinzipiell denke ich, dass nicht Angst vorherrschen sollte, sondern Optimismus. Den stationären Handel wird es auch weiter geben. Nur sehe ich auch, dass jeder Multichannel können muss. Für unsere Industrie sehe ich, dass wir schneller werden müssen, um auf die sich extrem schnell wandelnden Bedingungen reagieren zu können.
Unsere Abhängigkeit vom Wetter erfordert das. Wir hatten letztes Jahr einen sehr guten Winter, und erfreulicherweise haben die Händler vorsichtig geordert, sonst hätten wir angesichts der Wetterlage heute schon bald die ersten Rabattierungen im Handel. Wir investieren in mehr Lagerhaltung. Aus klassisch finanzwirtschaftlicher Sicht ist das vielleicht nicht wünschenswert, aus unternehmerischer Sicht und für unsere langfristigen Ziele aber erforderlich.
In welchen Ländern sind Sie am stärksten?
Wir sind in Österreich extrem stark und erwirtschaften hier etwa 40 bis 50 Prozent unseres Umsatzes. Danach kommen Deutschland und die Schweiz, gefolgt von Italien. Weitere Märkte sind Dänemark und Skandinavien, Osteuropa, die USA und Asien. Dort bauen wir gerade das Geschäft auf.
Sie kommen aus dem Bereich Finanzwirtschaft und Unternehmensberatung. Wollten Sie schon immer Zanier übernehmen?
Nein. Aber in der Finanzwirtschaft fehlte mir der Kontakt zur Außenwelt und in der Unternehmensberatung störte es mich immer, dass ich die Umsetzung meiner Konzepte anderen überlassen musste.
Als dann in der Familie die Frage aufkam, ob Zanier weitergeführt oder ein Exit vorbereitet werden soll, haben wir uns fürs Weitermachen entschieden. Trotz all dem Stress, den mein Vater als Chef hatte, hat es mir immer sehr imponiert, wie viel Freude er in seiner Arbeit gefunden hat. Eine Firmenübergabe ist immer eine Challenge und daher mit Höhen und Tiefen verbunden. Dennoch ist es uns zusammen gelungen, die Übergabe sowohl familiär als auch wirtschaftlich erfolgreich zu meistern.
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