Die Situation in Italien entspannt sich nicht. Seit etwa anderthalb Wochen sind die Geschäfte in Italien dicht, doch das Coronavirus breitet sich weiter rasant aus. Am vergangenen Wochenende hat die italienische Regierung deshalb entschieden, die Maßnahmen auszuweiten. Ab sofort sind alle ‚nicht lebensnotwendigen‘ Unternehmen und Fabriken im Land geschlossen. Das trifft auch den Schuhspezialisten La Sportiva. Das Familienunternehmen aus Ziano di Fiemme in Trient, wo auch ein Großteil der Produktion stattfindet, musste sich in den letzten Tagen immer wieder an neue Rahmenbedingungen anpassen. Lorenzo Delladio, CEO und Enkel des Firmengründers, beschreibt die Situation.
ISPO.com: Herr Delladio, wie ist die aktuelle Situation bei La Sportiva in Italien?
Lorenzo Delladio: Bis heute arbeiteten in der Firma etwa 60 Personen im Schichtbetrieb in den Abteilungen Lager, Verkauf und Kundendienst, aber ab heute hat die Firma gemäß des Erlasses des Premierministers alle Lieferungen ausgesetzt, so dass die Firma geschlossen ist. Vertrieb, Marketing, Verwaltung und ein kleiner Teil des Kundendienstes – das sind zwei Personen - arbeiten von zu Hause. Die Produktion steht still.
Wie halten Sie den Betrieb dennoch einigermaßen aufrecht?
Wir arbeiten mit Videokonferenzen für tägliche Besprechungen in den Abteilungen. Es gibt viele Whatsapp-Gruppen für schnelle Abstimmungen. Die IT-Abteilung musste innerhalb von zwei Tagen alle Firmenserver von außen zugänglich machen und Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten können - einige 100 Prozent und einige 50 Prozent - mit Laptops ausstatten.
Wie viele Ihrer weltweiten Händler sind von der Krise derzeit betroffen und mussten bereits schließen?
In Italien sind 100 Prozent der Geschäfte betroffen, im restlichen Europa gibt es Staaten, wo bereits 50 Prozent der Geschäfte geschlossen haben, und andere etwas weniger. Aber die Grenzblockade hat uns gezwungen, alle Lieferungen zu stoppen, außer nach Japan und in die USA, wo die Geschäfte noch ganz normal funktionieren.
Das Dekret vom Samstagabend hat die Schließung der gesamten Industrie auferlegt, also auch den Onlineshops. Ab Mittwoch, den 25. März, werden wir also auch die Lieferungen an den elektronischen Handel stoppen.
Wie reagieren Sie auf die Situation im Handel? Haben Sie Maßnahmen ergriffen um dem Handel zu helfen?
Wir bieten eine Reihe von Möglichkeiten an: Stundung von Zahlungen, Stornierung bereits erteilter Aufträge, Lagerhaltung von Waren für Einzelhändler, die auf die Wiedereröffnung warten. Wir versuchen, dem Handel mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu begegnen.
Reden wir über die Produktion: Wie stark ist Ihre Lieferkette von der Krise betroffen? Ja, die Auswirkung auf die Produktion war der erste Effekt der Krise: Frühjahr/Sommer21-Samples sind zu spät gekommen und auch einige Frühjahr/Sommer 20-Produkte, die in Fabriken in China hergestellt werden. Leider haben selbst mit der Wiedereröffnung der Fabriken in Fujan einige Stoff- und Komponentenlieferanten nicht zur gleichen Zeit geöffnet und die Lieferungen verzögert, so dass die Effizienz gesunken ist. Dies ist derzeit ein weit verbreitetes Problem in der Modeindustrie.
Welche Art von Hilfen bietet die Regierung in Italien Industrie und Handel an? Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, wir haben jedoch Sorge, dass sie nicht ausreichend sind.
Diese Maßnahmen hat die italienische Regierung bislang auf den Weg gebracht:
Für Händler sieht das Dekret eine Steuergutschrift in Höhe von 60 Prozent der Ladenmiete für den Monat März an, allerdings nur für die Tage, die das Geschäft geschlossen war. Die Auszahlung soll spätestens im Mai erfolgen. Für Arbeitnehmer mit einem Einkommen von bis zu 40.000 Euro, die während der Zwangsschließung weiterhin an den Arbeitsplatz gehen, muss der Arbeitgeber einen zusätzlichen Bonus von 100 Euro zahlen. Eltern, die ihre Kinder wegen der Schulschließungen zu Hause betreuen müssen, haben insgesamt 15 Tage Anspruch auf Urlaub, für den eine Vergütung in Höhe von 50 Prozent des Gehalts gezahlt wird. Alternativ kann ein steuerfreier Bonus von 600 Euro für Betreuungsdienste in Anspruch genommen werden. Freiberufler ohne Sozialversicherung haben Anspruch auf eine Entschädigung für den Monat März in Höhe von 600 Euro.
Weitere Hilfszahlungen sind auf dem Weg. Insgesamt hat Italien ein Finanzpaket von insgesamt 300 Millionen Euro verabschiedet, mit dem Arbeitnehmer für Lohnausfälle entschädigt werden sollen. Die Modalitäten stehen aber noch nicht fest.
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