Das mittlerweile börsennotierte Unternehmen mit Hauptsitz in New York sieht sich selbst als eine „Globale Fitness-Plattform – komplett neu gedacht“. Zum Produktportfolio gehören zwei Peloton Bikes und das Laufband „Tread“ (im Laufe des Jahres auch in Deutschland zu haben) mit großem Screen sowie die Peloton App.
Die Connected Fitness Kurse sind als Livestream und On Demand abrufbar. Täglich frischer Content kommt aus den Live-Studios in New York und London. Die Trainer gehören laut Peloton zu den besten der Welt. Mit diesem Konzept trifft die Marke scheinbar voll ins Schwarze.
Rasant erobert Peloton seit Ende 2019 auch den deutschen Markt. ISPO.com hat mit Anke Drewicke, Marketingchefin Deutschland bei Peloton, über die Erfolgsgeschichte gesprochen.
ISPO.com: Peloton wurde 2012 von John Foley gegründet. Anfangs lief es holprig. Was brachte den entscheidenden Umschwung zum Erfolg?
Anke Drewicke: Den Turnaround haben wir mit einem Erfolgskonzept geschafft, das wir heute noch anwenden: Wir bieten die Möglichkeit Peloton auszuprobieren. Dafür haben wir Stores geschaffen, in denen richtige Trainings durchgeführt werden können. Sie zeigen, was Peloton ausmacht. Denn bis dahin fehlte eine haptische, erlebbare Referenz.
Gab es weitere Herausforderungen?
Insgesamt hat Peloton die gesamte Home Fitness Kategorie erstmal ganz neu positionieren müssen – vor allem als heutiges Konzept. Sie war bis dahin weder in den USA noch in Deutschland in der Form existent. Insbesondere für Deutschland standen wir vor der Herausforderung nicht nur ein neues Produkt zu launchen, sondern eine komplett neue Kategorie. Boutique-Fitness wäre das nächstgelegene Wort, um Peloton zu beschreiben.
Die veröffentlichte Jahresbilanz für 2020: 1,8 Milliarden US-Dollar Einnahmen. Woher kommt der enorme Erfolg aus ihrer Sicht?
Aus der Kombination von:
- Qualitativ-hochwertiger, komfortabler Hardware,
- intuitiver Software…
- erstklassigen, vielfältigen Kursen,
- unseren unglaublich motivierenden, internationalen Trainern,
- einer einzigartig umfangreichen Musikauswahl,
- sowie unserer Member Community aus aller Welt…
…und letztlich dem daraus entstehenden einmaligen Trainingsgefühl. Dazu kommt die leichte Zugänglichkeit zu jedem Zeitpunkt – ganz komfortabel von zu Hause aus.
Wie groß ist der Schub, den die Corona-Pandemie Peloton gegeben hat?
Die Bedeutung von Home Fitness, gerade in Deutschland, hat extrem zugenommen.
Peloton gab es bereits vor der Pandemie. Denn die Relevanz und das Bedürfnis, auf das wir unser Konzept fußen, waren vor Corona da - und werden auch danach da sein. Natürlich sind in der Pandemie-Zeit Bedürfnisse entstanden, für die es anderweitig kein Angebot gab, so ergab sich eine Fokussierung auf Peloton.
Wir werden uns auch künftig weiter als digitale Fitness-Plattform etablieren und in ein breites Angebot investieren.
Und was bedeutet das Corona-Jahr in Kennzahlen?
Die Anzahl der Member hat sich von März 2020 bis heute verdoppelt – von 2,2 auf 4,4 Millionen weltweit. Besonders interessant finde ich, dass die Zahl der Workouts pro Mitgliedschaft pro Monat im selbigen Zeitraum von rund 12 auf 24 gestiegen ist.
Peloton war bis Ende 2019 mit den USA, Kanada und Großbritannien nur in englischsprachigen Ländern vertreten. Dann folgte Deutschland. Warum?
Deutschland ist eine Fitnessnation. Und sehr interessiert was Innovation und Technik anbelangt. Das merken wir auch an den detaillierten Rückfragen unserer Mitglieder und ihrem Know-How. Das ist toll.
Ein Peloton Bike kostet ab 2145 Euro. Das neue Peloton + liegt bei rund 2700 Euro – ohne Zubehör wie Schuhe oder Hanteln. Ein stolzer Preis…
Das ist mehr eine Frage des Wertes, als eine Frage des Preises. Das Bike kostet seinen Preis, weil wir Hardware anbieten, die auch in 5 Jahren noch super aussieht, zuverlässig ist und über deren Screen sich sofort Tausende an Kursen abrufen lassen. Produziert mit den eigenen Trainern, in eigenen Studios, in bester Qualität und zu bester Musik.
Dazu kommt ein Monatsbeitrag von 39 Euro…
Genau. Dieser versteht sich als „All-Access-Mitgliedschaft“. Das bedeutet, dass alle Familienmitglieder alle Kursangebote mit einem eigenen Nutzerprofil nutzen können und täglich um die 25 neue Kurse abrufen können. Ähnlich wie Netflix. Und das relativiert auch insgesamt das Angebot: Ich kenne kein weiteres Produkt in der Qualität und mit einem so breit aufgestellten professionellen Kursangebot für diesen Preis. Zudem bieten wir eine App-Mitgliedschaft für monatlich 12,99 an.
Wie definieren Sie Ihre Zielgruppe?
Im Grunde genommen: Du und ich (lacht).
Ganz einfach Menschen, denen Sport wichtig ist und die wissen, was Fitness für sie tun kann. Ich bin Mutter, wenn ich nicht körperlich fit bin und Kinder oder den Einkauf nicht richtig tragen kann, stehe ich vor einem Problem.
Heutzutage geht auch darum: Wie baue ich die für Sport erübrigte Zeit sinnvoll in meinen Tagesablauf ein? Da sehen wir Peloton als „One-Stopp-Fitness-Lösung“, die alles vereint.
Mein Bike steht zu Hause neben dem Schreibtisch. Habe ich mal eine freie Stunde, oder mein Kind schläft nebenan, springe ich aufs Bike und trainiere hocheffizient bei guter Musik. Das könnte ich sonst gar nicht. In einer Stunde ist die Fahrt zum Fitnessstudio, der Kurs, Duschen und die Rückfahrt nicht zu schaffen – geschweige denn, würde ich das Kind allein lassen. Convenience ist also auch ein Faktor für die Zielgruppe.
Klassisches Spinning lebt vom Erlebnis in der Gruppe Blut, Schweiß und Tränen zu schuften, sich gegenseitig anzufeuern. Schafft Peloton das – und wie?
Ja, ich habe schon viel Blut, Schweiß und Tränen auf diesem Bike gelassen (lacht). Für die Kurse produzieren wir täglich relevanten Content, der die Menschen persönlich ansprechen soll. Unsere Trainer gehen stark ins Storytelling. Ich gebe unumwunden zu: Da habe ich auch schonmal ein Tränchen auf dem Bike verdrückt.
Grundsätzlich hat jeder Mensch andere Bedürfnisse. Ich persönlich bin froh darüber, allein auf dem Bike zu schuften. Größere Hemmungen hätte ich neben anderen im Kursraum. Mir hilft es auch mich zu fokussieren. Im Studio wäre ich eher abgelenkt.
…und zum Gemeinschaftsgefühl beim Strampeln vor dem Screen soll die Community beitragen? Wie funktioniert das?
Eine erste Orientierung bieten Hashtags, denen sich die Mitglieder anschließen können. Während der Kurse ist auf dem Screen das Leaderboard, also die Rangliste, sichtbar. Sie zeigt welche und wie viele Mitglieder teilnehmen – und ihre Performance in Echtzeit. Es gibt die Möglichkeit sich virtuelle „High-Fives“ zu gebe. Als „Hallo“ oder extra Ansporn. Und es gibt den verlängerten Strang der Community in Social…
Inwiefern?
Unsere Social-Kanäle werden quasi von unserer Community selbst gemanagt. Im Fanaccount „German Ladies“ beispielsweise, verabreden sich die Member zu virtuellen Gruppenrides – auch zu speziellen Anlässen wie Geburtstagen. Die Member geben sich Tipps, motivieren oder beraten Unentschlossene. Auch ein reales Treffen in Berlin wurde in diesem Rahmen verabredet, ein Besuch im Peloton Store inbegriffen. Kurzum: Da ist ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl durch das gemeinsame, virtuelle Trainieren. Die Community ist sehr aufgeschlossen und freundlich.
Für eine Lovebrand wie Peloton empfinde ich das als absolutes Asset. Wir sind sehr dankbar dafür.
Will Peloton die klassischen Fitnessstudios ersetzen?
Wir glauben, dass ein gutes Fitness- und Workouterlebnis ortsunabhängig ist. Ob draußen, zu Hause oder im Fitness-Studio entscheidet jeder selbst.
Den Vorteil von Peloton sehe ich im „nur eine Armlänge entfernten“, hochwertigen Fitnesserlebnis. Wir positionieren uns komplementär zu Premium-Fitnessstudios, nur am besten Ort der Welt: Zuhause. Unser Konzept bereichert und erweitert die Fitness-Community.
Das Peloton-Konzept vergrößert die Fitness-Community und die Möglichkeiten also?
Ganz genau. Auch im Hinblick auf Outdoor-Sport. Wir haben viele Mitglieder, die bei schlechtem Wetter oder in der Sommersaison bei großer Hitze das Peloton Bike nutzen – oder in Ergänzung zum Laufen beispielsweise Kraftkurse oder Stretching speziell für Outdoor-Runner mit uns machen. Das macht die Workouts insgesamt abgerundeter und effizienter.
Wie wird sich der Markt für „Home Fitness“ entwickeln?
Ich freue mich immer, wenn ich auf diese Branche schaue. Peloton war mit einer der ersten in diesem Feld. Jetzt kommen weitere Marken dazu, die neue Konzepte mitbringen. Das ist gut: für den einzelnen Sport- und Fitnessbegeisterten, um sein passendes Angebot zu finden und für die Kategorie Home Fitness insgesamt.
Ich bin überzeugt, wir stehen erst am Anfang. Da ist noch ganz viel Potenzial und Platz.
Und welche konkreten Themen werden künftig wichtig?
Member Centricity ist und bleibt ein großes Thema. Genauso wie das Thema Community.
Wir haben mit Peloton den Königsweg gewählt, denn wir sind sehr fokussiert auf unsere Mitglieder und können schnell auf ihre Anforderungen eingehen. Beispielsweise durch die fast wöchentlich neu eingeführten Features auf dem Bike. Wir bleiben flexibel und haben die Sicherheit, dass wir das Produkt nicht an der Zielgruppe vorbei konzipieren.
Im Dezember 2020 hat Peloton die Marke Precor für 420 Millionen US Dollar von Amer Sports gekauft. Mit welchem Ziel?
In den USA sowie in kleinerem Umfang auch in UK, Kanada und Deutschland, stehen Peloton Bikes auch in Hotels. Auf unserer Website gibt es einen Hotelfinder, der je nach Suchanfrage die mit Peloton ausgestatteten Hotels anzeigt.
Denn es gibt auch außerhalb von Wohn- oder Schlafzimmer weitere Möglichkeiten, um Peloton als Premium-Produkt zu positionieren. Dazu gehören natürlich Hotels und Fitnessräumlichkeiten. Mit Precor haben wir damit die Infrastruktur erworben.
Ende 2020 haben Sie ihre Kooperation mit der DFB Academy bekannt gegeben. Was versprechen Sie sich davon?
Was Fitness betrifft, steht der DFB wie kein anderer für funktionale Exzellenz – wir haben viel gemeinsam, was diesen Anspruch angeht. Ich erinnere mich, wie Jürgen Klinsmann erstmalig die Fußballnationalmannschaft mit einem professionellen Fitnessansatz aus den USA trainiert hat. Deutschland wurde prompt Weltmeister.
Für uns ist es mehr eine Content- und weniger eine Marketing-Partnerschaft. Unsere Trainer sprechen mit den Trainern des DFB – und andersherum. Natürlich haben wir DFB-Kursserien auf dem Bike. Damit erschließen wir uns die riesige, fitnessbegeisterte Zielgruppe der Fußball interessierten Fans in Deutschland.
Peloton war zur ISPO Munich Online auch mit einem Public-Live Stream Beitrag vertreten. Wie war's?
Gut war's – das digitale Format der ISPO Munich. Wir waren über den Talk mit Erik Jäger (Peloton Trainer) und Simone Schubert (DFB Academy) zum Thema „Fitness in professional sports“ dabei. In Zeiten wie diesen eine willkommene Abwechslung. Nichtsdestotrotz freuen wir uns darauf, wenn die ISPO Munich wieder offline stattfindet und wir uns wieder persönlich begegnen können.
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