Umweltschutz und Nachhaltigkeit hat sich in der Textil- und Outdoor-Industrie als essenzielles Thema etabliert. Das hat unter anderem die ISPO Munich 2019 gezeigt. Wer Sport und Erholung in der Natur vermarktet, will diese nicht gleichzeitig belasten.
Donna Carpenter, Burton-Mitgründerin und Ehefrau von Jake Burton, sieht ihre Marke Burton, die seit kurzem auch Mitglied der European Outdoor Group (EOG) ist, und die gesamte Outdoor-Industrie in der Verantwortung, etwas zu ändern. Sie sagt: „Wir müssen unsere Macht nutzen, um Veränderungen einzufordern.“
ISPO.com: Was bedeutet Nachhaltigkeit für Burton?
Donna Carpenter: Wir bei Burton teilen Nachhaltigkeit in zwei Bereiche auf: Zum einen geht es um die Chemikalien, die wir in unseren Produkten benutzen. Zum anderen um Arbeitsbedingungen und Menschenrechte.
Bei den Chemikalien versuchen wir die sichersten, die es derzeit auf dem Markt gibt, zu verwenden und sind deshalb Bluesign zertifiziert. Jede Firma, egal ob Patagonia oder The North Face, möchte zu 100 Prozent Bluesign zertifiziert sein. Wir bei Burton sind bereits zu 86 Prozent Bluesign zertifiziert – damit sind wir die Firma mit dem größten Anteil an Bluesign-Produkten.
Am Anfang waren wir sehr darauf bedacht, kein bloßes „Green Washing“ zu betreiben. Wir wollten uns sicher sein, dass wir über die bestmöglichen Materialien verfügen, bis wir mit dem Thema Nachhaltigkeit an die Öffentlichkeit gehen. Es hat uns Jahre gekostet, uns das Wissen anzueignen, welches wir heute besitzen.
Ich merkte schnell, dass es toll ist, was wir tun, aber dass wir nur etwas verändern können, wenn wir uns als Industrie zusammenschließen. Deshalb arbeiten wir seit Jahren mit „Protect Our Winters“ zusammen, um für eine Veränderung in der Politik zu kämpfen. Bezüglich der Menschenrechte sind wir Teil der Fair Labor Association, welche die höchsten Menschenrechts-Standards in der UN hat.
Gibt es einen Austausch unter den Firmen bezüglich nachhaltiger Produktionsmöglichkeiten?
Ja, den gibt es! Und das ist mir am Anfang sehr schwergefallen (lacht). Unser Wissen mit Firmen wie zum Beispiel Patagonia zu teilen, fühlte sich anfangs seltsam an, doch wir profitieren gegenseitig von dem Austausch. In wichtigen gesellschaftlichen Themen wie Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung müssen wir zusammenarbeiten, wenn wir wirklich etwas bewirken wollen.
Vor allem im Hardgoods-Sektor, in dem giftige Kleber etc. verwendet werden, besteht eine große Möglichkeit, innovativ zu werden. Wir machen zum Beispiel als einzige Snowboard-Brand eine Lebenszyklus-Beurteilung der Produkte. Damit können wir genau sagen, wie viel Emissionen ein einzelnes Produkt verursacht hat. Darin sind die Rohmaterialien, die Transportwege, der Kleber, die Verarbeitung etc. enthalten.
Dieses Wissen geben wir gerne weiter und möchten der Industrie helfen, nachhaltiger zu werden.
Welche Verantwortung hat die Outdoor-Industrie in Sachen Nachhaltigkeit?
Meiner Meinung nach haben wir eine große Verantwortung, nutzen jedoch unsere Stärke noch nicht. Die Outdoor-Industrie ist in den USA riesig. Wenn man alles zusammennimmt sogar größer als die Pharmaindustrie. Wir müssen unsere Macht nutzen, um Veränderungen einzufordern. Der Weg ist jedoch schwer, denn nicht jeder will über dieses Thema reden und sich eingestehen, was mit unserer Welt gerade geschieht.
In der Outdoor-Industrie verwenden wir viele umweltschädliche Produkte und wir müssen nach Alternativen suchen. Wir sind uns bewusst, dass wir eine große Verantwortung haben und wir probieren verschiedene Sachen aus, um weniger Plastik zu verwenden und Chemikalien zu finden, die weniger giftig sind.
Denken Sie, die Käufer sind bereit, für nachhaltig produzierte Produkte mehr zu bezahlen?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber ich glaube, dass dieses Thema für die heutige Generation immer wichtiger wird. Ich habe drei Söhne in den Zwanzigern. Alle Drei sind sehr anspruchsvoll, wenn es um die Firmen geht, bei denen sie einkaufen. Meine Söhne fordern und erwarten, dass Unternehmen nachhaltig produzieren. Das hat mich persönlich wachgerüttelt und motiviert, in der Hinsicht aktiver zu werden. Ob jedoch der Großteil der Käufer mehr zahlen würde, um für mehr Nachhaltigkeit in der Produktion zu sorgen, das kann ich nicht sagen.
Es würde auf jeden Fall sehr helfen, wenn alle Firmen den Bluesign-Standard einhalten, denn dann werden nicht nur die positiven Auswirkungen für die Umwelt größer, sondern auch die Produktion – und somit auch die Produkte – günstiger.
Sie sind bei Burton nicht nur für das Thema Nachhaltigkeit, sondern auch für das Thema Frauen zuständig. Braucht die Zielgruppe Frau besondere Aufmerksamkeit?
Ja, das braucht sie, denn Snowboarden wird immer noch als sehr männlich dargestellt. In den Anfängen gab es genauso viele Frauen wie Männer – Snowboarden wurde von Männern und Frauen geprägt.
In den ersten Jahren war es nicht unwahrscheinlicher, eine Frau auf den Magazincovern zusehen als einen Mann. Aber dann ist Snowboarden sehr von der Surf- und Skate-Szene beeinflusst worden und Männer dominierten das Geschehen. Seitdem sind Frauen im Snowboarden unterrepräsentiert.
Was können Firmen tun, um dies zu ändern?
Wenn es keine Frauen gibt, die Entscheidungen treffen und in Führungspositionen arbeiten, wird man den Frauenmarkt nie erreichen. Meiner Meinung nach ist die Anzahl an weiblichen Führungskräften und das Wachstum im Frauensektor aneinander gebunden.
Viele Firmen haben versucht, Frauen anzusprechen, aber auf die falsche Art und Weise. Denn es ist wichtig, dass eine Frau darüber entscheidet, was cool für eine andere Frau ist. Wenn all diese Entscheidungen nur von Männern getroffen werden, wird sich nichts ändern – sie wissen eben nicht, was wir Frauen wirklich mögen. Als ich das erste Mal über die Frauenkollektion mit einem unserer Ingenieure sprach, fragte er mich, ob er noch Blumen auf das Produkt tun sollte...
Bei Burton besteht unsere Führungsebene zu 52 Prozent aus Frauen. In dem Senior Team, in dem ich arbeite ist es 50/50 verteilt.
Was sollte ganz allgemein geschehen, damit sich wieder mehr Frauen für Snowboarden interessieren?
Wir sollten mehr Bilder von Frauen zeigen – von Frauen, die Spaß beim Snowboarden haben. Actionbilder von Männern sprechen Frauen nicht an. Ich glaube, es gibt eine große Szene mit starken Snowboarderinnen, wir müssen sie nur weiterhin unterstützen. Burton veranstaltet deshalb Frauen-Snowboardcamps. Denn Frauen lernen anders als Männer.
Als ich surfen lernen wollte, bin ich mit meinem Ehemann ins Wasser gegangen und war danach so frustriert, dass ich mit dem Thema abschloss. Eines Tages bin ich jedoch in einem Surfcamp für Frauen gelandet und es war super. Dort bekam ich Surfen Schritt für Schritt erklärt und andere Frauen unterstützten mich. Ich glaube also, es ist wichtig, nicht nur die richtige Ausstattung zur Verfügung zu stellen, sondern auch für die richtige Umgebung zu sorgen.
Burton ist inzwischen Teil der European Outdoor Group. Was waren die Hauptgründe dafür?
Wir wollen wie in der USA unser Wissen teilen und die Industrie stärken, sei es bei Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung oder anderen Themen.
Burton war schon immer ein Mountain Lifestyle Brand. Seit über 30 Jahren produzieren wir Jacken, Fleeces, Hoodies etc. für Snowboarder und alle Bergliebhaber.
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