Im Interview mit ISPO.com blickt Peter Aschauer noch einmal zurück, erklärt, wie er den ABS-Rucksack etablierte, wie er die Zukunft des Marktführers im Bereich Lawinen-Rucksäcke sieht und warum er sich für einen Verkauf seines Unternehmens entschied.
Was hat Sie dazu bewogen, sich nach 30 Jahren von Ihrem Unternehmen und „Ihrem Baby“, dem ABS-Lawinenairbag, zu trennen?
Peter Aschauer: ABS Lawinenairbags hat über 30 Jahre mein Leben bestimmt und ausgefüllt, und wird auch immer ein Teil von mir bleiben. Dennoch ist es nun mit 74 Jahren Zeit, sich aus dem aktiven Berufsleben zu verabschieden. Zudem hat sich ein neuer Eigentümer gefunden, der sehr gut dafür geeignet ist, ABS wieder in die Erfolgsspur zurückzuführen.
Sie sagen, Sie wollen Ihr Netzwerk und Ihre Kontakte auch weiterhin zur Verfügung stellen – in welcher Form kann dies geschehen?
Ich werde im Rahmen der Firmenübergabe natürlich das neue Management und die über Jahre aufgebauten Kontakte zusammenführen. Zudem stehe ich bei Bedarf immer zur Verfügung, um z.B. Impulse für die Produktentwicklung zu geben. Damit soll ABS die über viele Jahre hinweg aufgebaute Erfahrung weiter zur Verfügung stehen.
Lassen Sie uns zurückblicken auf Ihre lange Firmengeschichte: Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, Lawinenairbags zu produzieren?
Auf die Idee kam ich eher zufällig. Beim Zeitunglesen stieß ich auf einen Artikel, in dem das Patent von der Fraunhofer Gesellschaft zum Kauf angeboten wurde. Es interessierte mich, weil ich beim Heliskifahren in Kanada selbst einen Lawinenabgang beobachtet hatte, der schlimm hätte ausgehen können. Ab diesem Zeitpunkt war ich für dieses Thema sensibilisiert. 1980 habe ich dann das Patent erworben.
Sie haben 1985 den ersten voll funktionsfähigen ABS-Rucksack auf der ISPO Munich präsentiert. Wie war das damals für Sie beim ersten Mal als Aussteller auf der Fachmesse?
Wir haben damals das erste vollfunktionsfähige Airbagsystem präsentiert – ein System, das per Seilzug eine Druckluftpatrone ansticht, die den Airbag dann befüllt. Diese Erfindung stieß jedoch nicht auf die erhoffte Resonanz. Der Erfolg war bescheiden, die Reaktionen nicht sehr ermutigend. Ich stellte damals das ganze Projekt in Frage – doch mein Glaube an das Produkt behielt letztlich die Oberhand. Gerade in der Anfangsphase braucht man natürlich eine gewisse Überzeugung und auch Durchhaltevermögen.
Es ist einfach sinnvoller, eine Verschüttung zu vermeiden, als diese zu riskieren und zu warten, dass man rausgeholt wird. Diese Idee hat mich nicht losgelassen und den Ausschlag gegeben, dass wir weitergemacht haben. Vor allem haben wir auch begonnen, an den Tragemöglichkeiten zu arbeiten, die waren noch bei Weitem nicht ausgereift. Die ersten Rucksäcke waren nicht komfortabel zu tragen und wogen circa vier Kilo.
Sie haben mit Ihren Produkten den Markt geprägt. Worauf blicken Sie besonders stolz zurück? Was waren die wichtigsten Innovationen?
Aufgrund kontinuierlicher Weiterentwicklungen am System und den jahrzehntelangen Erfahrungen aus Praxisfällen konnte sich ABS nicht nur als Innovations-, sondern auch als Marktführer mit einem ausgereiften und hundertfach erprobten Produkt Made in Germany behaupten.
Neben unseren Twinbags, die doppelte Sicherheit liefern, haben wir zuletzt mit unserem P.RIDE System das erste serienmäßige Partnerauslösungssystem vorgestellt, das per Funk nicht nur das eigene Leben aktiv retten kann, sondern auch das von Mitfahrern. Damit haben wir mehr als einmal eine neue Ära eingeläutet. Natürlich bin ich stolz darauf, mit vielen Impulsen, Ideen und Innovationen einen neuen Markt geschaffen und kontinuierlich weiterentwickelt zu haben.
Sie haben viel für das Thema Sicherheit getan. Was glauben Sie, wie vielen Menschen haben Ihre Lawinenairbags das Leben gerettet? Spüren Sie die Anerkennung dafür, auch gesellschaftlich?
Wie viele Menschenleben gerettet wurden lässt sich nicht sagen. Und auch die Suche nach Anerkennung war nie mein primärer Treiber, sondern immer das Thema Sicherheit am Berg. Mein Ansinnen war es, das Bewusstsein für Gefahren abseits der Pisten zu stärken und ein Produkt auf den Markt zu bringen, das eine Verschüttung verhindern kann.
Wie hat sich das Skifahrer-Verhalten in den vergangenen 30 Jahren geändert?
Es hat sich vieles zum Positiven entwickelt, gerade das Bewusstsein für Gefahren abseits der Pisten wurde geschärft, nicht zuletzt leider auch aufgrund einiger prominenter Lawinenopfer. Dennoch haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Gerade das Selbstbewusstsein der Skifahrer hat auch zugenommen und damit leider auch das Denken, dass man aus einer Lawine noch leicht herausfahren kann. Dies ist jedoch in den seltensten Fällen wirklich möglich.
Wie bewerten Sie den Trend zum Skitourengehen und zum Off-Piste-Fahren – aus geschäftlicher Sicht, aber auch als Freund des Skisports.
Als leidenschaftlicher Tourengeher bewerte ich den Trend als absolut positiv, dennoch ist es Aufgabe von allen, im gleichen Atemzug auch immer das Thema Sicherheit und Umweltschutz konsequent zu nennen. Die Berge sind für alle da, aber wir müssen uns auch an Regeln halten und gerade auch den Nachwuchs auf die Gefahren im freien Gelände hinweisen sowie bestmöglich auch auf Unfälle vorzubereiten.
Wie hat sich Branche entwickelt, wie der Wettbewerb? Was sind die größten Herausforderungen in diesem Business, wie haben diese sich verändert?
Die Branche hat sich sehr weiterentwickelt, es gibt mittlerweile viele Konkurrenzanbieter, die alle dasselbe Ziel verfolgen. Auch der Konflikt zwischen stationärem Handel und Online Verkauf hat die Branche natürlich verändert. Der Kunde hat nun tagesaktuelle Transparenz. Das führt natürlich zu einer verstärkten Preissensibilität.
Haben Sie einen Ratschlag, den Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben können?
Mit Stefan Mohr übernimmt ein Vollblut- Unternehmer das Ruder, ich denke nicht, dass er von mir Ratschläge in Sachen Unternehmensführung benötigt. Ich bin mir sicher, dass er das Erbe von ABS in manchen Bereichen fortsetzen und in anderen weiterentwickeln wird. Das ist gut so und entspricht auch dem Lauf der Dinge.
Was kommt jetzt für Sie in der Zukunft?
So kurz vor einem Winter denke ich als leidenschaftlicher Skifahrer natürlich an die kommende Saison und werde meine neue Freizeit in vollen Zügen genießen.
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