Alle Marken stehen gerade vor dem gleichen Problem: Wie kann ein Salesmeeting ohne persönlichen Kontakt veranstaltet werden? Wie funktioniert ein digitales Salesmeeting? So auch beim Outdooranbieter Schöffel. Eigentlich hatte Schöffel im Kleinwalsertal schon alles vorbereitet. Dort sollte Mitte Mai der Startschuss in die Saison F/S 2021 fallen. An die 100 Mitarbeiter und Vertriebspartner aus aller Welt sollten anreisen, um an zwei Tagen die neue Kollektion und die Saisonziele zu besprechen – ergänzt um Workshops, Modenschau und gemeinsame sportliche Aktivitäten. „Seit Mitte März war klar, das klappt diesmal nicht“, sagt Reiner Gerstner, Unternehmensleitung Marketing bei Schöffel. Social Distancing und das weitgehende Reiseverbot zwischen den Ländern machen ein internationales Treffen unmöglich. Damit war klar, dass sich Schöffel ein neues Konzept überlegen musste - und zwar schnell.
Aber: Wie transferiert man ein internationales Salesmeeting ins Netz? Wie lange darf es dauern, welche Inhalte sind unverzichtbar, welche können weggelassen werden? Und wie managt man die Erstellung der Inhalte? Keiner hatte das bisher gemacht. Gerstner: „Die Herausforderung war die enorme Komplexität der Aufgabe.“
Der Aufbau des digitalen Salesmeetings lässt sich mit einer Fernsehsendung vergleichen. Es wurden verschiedene Inhalte vorproduziert, die nacheinander eingespielt werden. Geschäftsführer Peter Schöffel und die verschiedenen Bereichsleiter kommen zu Wort, die Kollektion und die neuen Marketingkampagnen werden vorgestellt. Dazu gibt es Schaltungen zu Designern nach Finnland und Österreich, zu Athleten, wie z.B. Gerlinde Kaltenbrunner, und natürlich gibt es eine Modenschau. Ein Moderator führt durchs Programm und sorgt dafür, dass alle Beiträge einem roten Faden folgen. Auch ein geeigneter Ort für den „Dreh“ musste gefunden werden: das Augsburger Textil- und Industriemuseum. „Wir wollten als älteste Outdoormarke Deutschlands bewusst die Verbindung zwischen Tradition und Innovation darstellen“, so Gerstner.
Das Material aus fast 27 Stunden Drehzeit musste auf knapp drei Stunden gekürzt werden. Alle gesprochenen Inhalte wurden genau festgelegt, verschriftlicht, übersetzt und in der Übersetzung mit einer männlichen und weiblichen Stimme passend zum Bild vertont. Was nicht beim ersten Take gelang, konnte jederzeit neu eingespielt werden.
Für die Modenschau wurde extra eine White Box gebaut, weil ein klassischer Catwalk ohne Zuschauer die falsche Botschaft gewesen wäre. Auch bei den Models wurde auf genügend Abstand geachtet. Der genaue Plan und die Möglichkeit, sich immer wieder verbessern zu können, haben die Qualität gesteigert. Gerstner: „Für uns war das eine Win-Win-Situation.“
Obwohl das Salesmeeting in wesentlichen Teilen aus vorproduzierten Inhalten besteht, integriert es auch Live-Elemente und bietet immer Möglichkeiten der Interaktion. So können während des Meetings jederzeit Fragen über den Chat eingestellt und live beantwortet werden. Im Anschluss an das Meeting folgen Webinare der einzelnen Regionen, die live aus den Showrooms gestreamt werden. „In diesem Format werden die Produkte dann im Detail besprochen, und es wird auf regionale Unterschiede eingegangen“, erklärt Gerstner.
„Wenn man sich vor Augen führt, wie digitalisiert wir heute ohnehin schon leben, ist diese neue Form des Salesmeetings die logische Konsequenz“, erklärt Gerstner mit Blick auf die weitere Entwicklung. „Nach diesem Schritt wird es kein Zurück mehr geben, wir werden auch in Zukunft damit weiterarbeiten.“ Das heißt nicht, dass persönliche Treffen künftig ganz wegfallen sollten. Im Gegenteil: „Je digitaler unsere Welt wird, umso wertvoller werden die physischen Begegnungen“, so Gerstner. „Ich bin mir auch sicher, dass die üblichen Fachmessen sich weiterentwickeln werden, und dass wir auf diesen Plattformen eine Mischung aus digitaler Arbeitsgrundlage und persönlicher Begegnung erleben werden.“ Allein die Menge an guten Inhalten zu einem solch frühen Zeitpunkt zur Verfügung zu haben und weiter nutzen zu können, sei ein Gewinn, sagt Gerstner. „Die Bereicherung überwiegt ganz klar die Anstrengung.“
So sieht das auch Pascal Jaquemont, Geschäftsführer Schöffel Frankreich: „Dem ersten digitalen Salesmeeting blickt man natürlich erwartungsvoll und zugegebener Weise auch etwas skeptisch entgegen. Aber wir sahen perfekt aufbereitete Inhalte in komprimierter Form. Und der Vorteil liegt auf der Hand: mein ganzes Team kann diese über die gesamte Sell-In-Phase immer wieder abrufen und Kundentermine noch besser vorbereiten.“ Auch der Austausch funktionierte, resümiert Sabrina Kramer, Lead Designerin bei Schöffel. „Ob unsere Arbeit ankommt und überzeugt, erleben wir normalerweise ganz direkt. Das Feedback hat uns auch in der neuen digitalen Version erreicht, und zwar gefühlt sogar konstruktiver, was sicherlich dem Format des Livechats und der damit verbundenen formellen Moderation geschuldet war.“
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