Initiatorin Alexa Dehmel erklärt ihre Pläne und sagt, weshalb Bayerns Landeshauptstadt der geeignete Standort ist und wie Hersteller von Sport-, Mode- und Berufsbekleidung sowie von Militärausrüstung von einer solchen Fachakademie profitieren.
Alexa Dehmel im Interview
ISPO.com: Sie planen im Großraum München ein „weltweit einzigartiges Innovations-, Kompetenz- und Ausbildungszentrum für funktionelle Bekleidung. Was können wir uns darunter vorstellen und wie kamen Sie auf diese Idee?
Alexa Dehmel: Im Sommer 2015 hatte ich einige ermutigende Gespräche mit Vertretern der Sportmode- und Textilbranche, des Kultusministeriums in München und mit Designkollegen. Anschließend begann ich dieses Design-Akademieprojekt für funktionelle Bekleidung zu skizzieren. Die zweijährige Ausbildung soll Designer, Schnittmacher und Produktmanager optimal auf den erfolgreichen und schnellen Einstieg in den Job vorbereiten und ist stringent auf die Bedürfnisse der Sportbekleidungs-, Mode-, Berufsbekleidungs- und Militärausrüstung-Branche ausgerichtet.
Welche Inhalte sollen im geplanten Institut vermittelt werden?
Ausbildungsfokus ist es, den Studierenden die bestmöglichen Fähigkeiten im funktionellen Design, ergonomischer Schnittumsetzung, hochtechnischer Materialkunde und Produktion von wasserdichter sowie hochelastischer Funktionsbekleidung im Rhythmus der Industrie zu vermitteln. Natürlich spielt die zukunftsfähige und nachhaltige Ausrichtung dieses privatwirtschaftlichen Projekts eine essentielle Rolle. Stichwort digitale Transformation. Das bedeutet: Die Ausbildungsinhalte werden selbstverständlich auch digital zur Verfügung stehen – ein Online-Fernstudium ist also möglich.
Wie würde der oder die typische Auszubildende dieser Fachakademie aussehen? Und wer würde unterrichten?
Unser Angebot richtet sich insbesondere an Absolventen aller Modeschulen bzw. Fachhochschulen (Design, Schnitt, Textiltechnik), egal ob national oder international, ob öffentlich oder privat. Eine anspruchsvolle Aufnahmeprüfung wird letztlich über die Aufnahme entscheiden. Vorgesehen sind 25 bis 30 Studierende pro Studiengang. Darüber hinaus wird es Weiterbildungsseminare und Workshops für Fachkräfte geben. Ein Kompetenzteam aus der Branche wird mit akademischer Beratung die Lehrpläne gestalten und dann auch in den jeweiligen Bereichen unterrichten.
Fachakademie-Konzept sieht vier Säulen vor
Und worin besteht der Mehrwert für die Bekleidungsindustrie?
Die Sport-, Mode-, Berufs- und Militärbekleidungshersteller können ihre Fachkräfte und Spezialisten umfassend und effizient an einem zentralen Ort weiterbilden lassen und haben Zugriff auf einen einzigartigen Prototypen- und Kleinserien-Fertigungsstandort im süddeutschen Raum. Und die Textilmaschinen-Hersteller können im ganzjährigen Showroom ihre Maschinen präsentieren und demonstrieren.
Das müssen Sie bitte erläutern.
Gerne. Die Fachakademie basiert auf vier Säulen:
- „International Sports Apparel Design Academy“: Das ist die angesprochene Ausbildung von Fachkräften.
- „Machinery Park“: Dabei handelt es sich um einen hochtechnischen Maschinenpark für funktionelle Bekleidung. Das bedeutet: Wasserdichte sowie hochelastische Modelle können hier gefertigt werden.
- „Sample Room“: Das ist ein funktioneller Prototypen-Standort, einzigartig in Süddeutschland. Und dann noch...
- „Functional Design Pattern Material Archive“: Hierbei handelt es sich um die weltweit erste digitale und physische Wissenssammlung über alle Aspekte funktioneller Bekleidung. Sozusagen ein Functionalpedia.
Weshalb wird eine solche Institution benötigt?
Die Branche der Sportmode steht heute besser da denn je: Der Outdoormarkt boomt, ein großer flächenbreiter Fitnesstrend sorgt für wachsenden Umsatz bei den Bekleidungsherstellern und allgemein wird funktionelle Mode immer mehr im täglichen Leben getragen. Allerdings ist es für Hersteller von Sport-, Mode-, Berufs- und Militärbekleidung sehr schwer, junge und gut ausgebildete Talente im Funktionsdesign zu finden, da es keine entsprechende Ausbildung gibt.
„Learning by doing führt zu Fehlern“
Welche Ausbildungs- und Studienangebote treffen die Bedürfnisse denn am ehesten?
Drei Universitäten in Großbritannien, eine in Annecy sowie eine in Kanada und den USA bieten inzwischen Studiengänge an, die das Thema aufgreifen. Seit diesem Jahr wird auch an der HTW in Berlin ein darauf ausgerichteter Studiengang angeboten.
Diese Bildungsangebote berücksichtigen allerdings jeweils nur Teilaspekte der von der Branche benötigten Kenntnisse und können daher keine konsequent am Bedarf ausgerichtete Ausbildung der Designer, Schnittmacher oder Produktmanager bieten.
Im Moment ist es eher so: Bekleidungsdesigner erwerben die in der Sportbekleidungsindustrie benötigten Funktionskenntnisse über „Learning by doing“, was zu Qualitätsmängeln, Fehlproduktionen, langen Innovationszyklen und hohen Kosten führt. Ein Ausbildungszentrum würde als internationale Talentschmiede die Steigerung der Produktqualität und damit der Sortimente im Sport-Fachhandel nachhaltig unterstützen.
Weshalb ist Bayern bzw. München der richtige Standort für Ihr Vorhaben?
Viele Hersteller von Sportbekleidungs-, Mode-, Berufsbekleidungs- und Militärausrüstung haben ihren Sitz in der Alpenregion, also in Süddeutschland, in Österreich und in der Schweiz. Außerdem ist München Standort von ISPO, der weltweit größten Multisegment-Sportmesse.
Der Großraum München bietet mit seiner hervorragenden Infrastruktur also beste Voraussetzungen für ein Ausbildungszentrum für funktionelle Bekleidung. Aber auch der Standort würde profitieren: Das Akademie-Konzept wird Innovationen in und aus Bayern fördern und ermöglicht durch sein einzigartiges Gesamtkonzept Effizienzsteigerungen in Handel und Industrie und bietet einen permanenten Anlaufpunkt für die internationale Design-Szene.
Initiative in der Gründungsphase
Wie ist der aktuelle Stand Ihrer Planungen und wie sieht die Kooperation mit ISPO aus?
In Frankfurt habe ich zuletzt erfolgreiche Gespräche mit Verbänden, Maschinen- und auch Softwareherstellern geführt. Und ganz aktuell habe ich einen Businesspartner gefunden, mit dem bald die ersten Schritte gegangen werden können.
Von der Kooperation mit ISPO profitieren beide Seiten: Das ISPO Netzwerk sowie die Kommunikations- und Vermarktungskanäle werden für das Innovations-, Kompetenz- und Ausbildungszentrum von Nutzen sein. Auf der anderen Seite kann ISPO das bestehende Dienstleistungsportfolio im Bereich Nachwuchsförderung, Ausbildung, Start-ups, Jobs, Textilinnovationen und Textrends erweitern.
Klingt nach einem spannenden Projekt. Wer mehr erfahren möchte: Wo findet man weitere Informationen?
Wir befinden uns aktuell in der Gründungsphase und agieren deshalb noch im Hintergrund. Über eine persönliche Kontaktaufnahme freue ich mich natürlich. Kontaktdaten findet man auf der Website meiner Agentur Active Sports Design.
Über Alexa Dehmel:
Die 1967 in Kirchzarten bei Freiburg geborene Alexa Dehmel ist Head of Design und Eigentümerin der Münchner Agentur Active Sports Design & Consulting. Sie studierte u.a. in Florida/USA und Paris Modedesign und Schnitt und arbeitete danach als Dozentin in einer Modeschule und als freischaffende Designerin funktioneller Sportbekleidung. 2005 gründete sie ihre Agentur.
Alexa Dehmel ist leitendes Mitglied der ISPO AWARD Jury im Segment Apparel.
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