Das mobile Bezahlen per Smartphone gilt als Zukunftstechnologie, die unser Kaufverhalten massiv verändern wird. Niemand muss mehr Bargeld oder Bankkarten im Portemonnaie tragen, selbst Kleinstbeträge werden akzeptiert, keine Kassen sind mehr erforderlich und auch keine Warteschlangen. Der Check-out erfolgt überall, schnell und unkompliziert.
Seit Jahren wird davon gesprochen - nur sehen kann man davon in Deutschland bislang wenig. Ganz anders in Skandinavien und China, wo an jeder kleinen Imbissbude per Smartphone bezahlt wird. Laut dem Marktforschungsinstitut Gartner haben 2017 über 141 Millionen Menschen im asiatischen Raum Mobile-Payment-Anwendungen genutzt – so viele wie nirgendwo sonst auf der Welt.
In Deutschland kam das kontaktlose Zahlen 2018 erst langsam in Schwung: 2018 stieg Google mit seinem Google Pay Service ein, der jedoch erst von wenigen Banken unterstützt wird. Mitte Dezember startete dann auch Apples Bezahlservice Apple Pay in Deutschland.
Das erste Problem beim Mobile Payment besteht darin, dass jeder etwas anderes unter dem Begriff versteht. Früher wurde damit vor allem der Bezahlvorgang am Ende eines mobilen Einkaufs per Smartphone oder Tablet gemeint. Diese Form des Mobile Payment hat sich als Alltagspraxis durchgesetzt.
Auch das Bezahlen an mobilen Kartenterminals am stationären Point of Sale kann damit gemeint sein. Mobile Kartenterminals sind im Sportfachhandel bislang unbekannt. Ende Oktober 2018 hat SportScheck in seinen neuen Filialen mobiles Bezahlen einführen. Gemeint ist hier ein Mobile-Payment-Service, der eine Bezahlung mit EC- oder Kreditkarte direkt bei den Mitarbeitern ermöglicht.
Damit können Kunden gleich bei ihrem Verkaufsberater bezahlen und müssen nicht mehr an der Kasse anstehen. Möglich wurde das über die Einführung von Tablets und einer selbst entwickelten In-Store App, die die Mitarbeiter auf der Verkaufsfläche mit sich tragen.
Wenn von der Abschaffung des Bargelds die Rede ist, dann wird vor allem vom Bezahlen über eine Bezahl-App auf dem Smartphone gesprochen. Deshalb heißen diese Apps „Wallets“ und ersetzen das Bargeld, das Plastikgeld und damit das ganze Portemonnaie. Sie funktionieren mal über eingescannte QR-Codes, mal über eingescannte Barcodes und mal über NFC-Technologie.
Bezahltransaktionen können zwischen Smartphone und Kassenterminal oder auch nur zwischen zwei Smartphones stattfinden. Solange eine Internetverbindung hergestellt werden kann, kann man damit praktisch an jedem beliebigen Ort der Welt bezahlen.
Warum dauert es in Deutschland nun so lange? Weil Mobile Payment ein Problem lösen will, das eigentlich nicht existiert. Warum soll man mit dem Handy bezahlen, wenn man auch mit Karte oder bar zahlen kann? Nur wenn das mobile Bezahlen mit einem Mehrwert verknüpft wird, kann es in Deutschland erfolgreich sein, argumentieren viele. In dieser Hinsicht sind Bezahl-Apps von Unternehmen wie Payback im Vorteil, die mit dem Bezahlvorgang automatisch Punkte sammeln.
Letztlich, so eine weitere Zukunftsthese, wird das lästige Bezahlen bald ganz in den Hintergrund treten und als eigenständige Handlung verschwinden. In den AmazonGo-Läden erfolgt das Bezahlen automatisch beim Hinausgehen, mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz registriert der Markt genau, welche Produkte sich im Warenkorb befinden. Per Smartphone kann die Warenliste nach dem Hinausgehen noch einmal abgeglichen werden. Bis zum Jahr 2021 will Amazon 3.000 AmazonGo-Läden ohne Kassierer bauen, meldet die Nachrichtenagentur Bloomberg.
Gute Beispiele gibt es auch aus dem Sport: Garmin Pay. Seit Mitte 2018 bietet Garmin deutschen Bankkunden das mobile Bezahlen per Smartwatch und einer integrierten digitalen VIMpay Mastercard sowie einer boon by Wirecard Karte an. boon by Wirecard funktioniert bankenunabhängig in Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Spanien, der Schweiz und Großbritannien und überall dort, wo Mastercard für das kontaktlose Bezahlen zur Verfügung steht.
„Das ist beispielsweise dann komfortabel“, erklärt Peter Weirether, Head of Category Management DACH bei Garmin, „wenn man nicht für jeden kleinen Betrag den Geldbeutel aus der Tasche holen muss. Und für Sportler ist es natürlich ein großer Vorteil, wenn sie den Geldbeutel bei ihrer Laufrunde komplett zu Hause lassen und trotzdem jederzeit eine Flasche Wasser an der nächsten Tankstelle kaufen können.“
Eine der größten Hürden ist bislang, dass es zu viele verschiedene Insellösungen im Markt gibt. Mobiles Bezahlen wird erst dann massentauglich, wenn ein- und dieselbe Anwendung in vielen verschiedenen Alltagssituationen und auf möglichst vielen Geräten funktioniert. Ohne große internationale Namen wie Google oder auch Apple ist das jedoch kaum vorstellbar.
Über 80 Prozent der deutschen Smartphone-Nutzer haben ein Android-Gerät und somit auch einen Google-Account: Da ist der Schritt zu Google Pay nicht mehr weit. 20 Prozent nutzen Apple-Geräte. Googles mobiler Bezahldienst Google Pay ist 2018 in Deutschland gestartet – aber nur wenige Banken unterstützen das Bezahlsystem. Apple Pay gibt es hierzulande noch gar nicht. Der Start in Deutschland wird in den nächsten Tagen erwartet.
Parallel investieren die Banken in ihre eigenen Bezahl-Apps und statten ihre Kreditkarten mit NFC-Technologie zum kontaktlosen Bezahlen aus.
Händler haben es derzeit schwer, angesichts der vielen verschiedenen Anbieter und technischen Lösungen den Überblick zu behalten und die entsprechenden Funktionen ins eigene Kassensystem zu integrieren. Das wäre aber wichtig, um nicht den Anschluss zu verlieren oder ausländische Kunden zu vergraulen, die z.B. aus China das Bezahlen per WeChatPay oder Alipay gewohnt sind. Sicher ist, dass die Bezahlverfahren vor einem tiefgreifenden Wandel stehen. Sich darauf vorzubereiten, wäre ratsam.
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