Wenn Skitourengehen ein Trend ist, dann gehören Pistentouren eindeutig dazu. Viele Wintersportler zieht es auf präparierte Pisten nicht mehr nur zum Abfahren. Immer häufiger trifft man auf Tourer, die unten im Tal Felle auf ihre Tourenski aufziehen und sich wenig später entlang der Piste einer Bergstation oder einem nahegelegenen Gipfel entgegen bewegen.
Beim Pistentouren steht bei den meisten Tourern der Fitness- und Trainingsaspekt im Vordergrund. Auch als Einstieg in den Sport sind Pistentouren sehr gut geeignet, weil sich Anfänger in gesichertem Gelände mit der Technik und Ausrüstung vertraut machen können. Menschen, die sich nach der Arbeit sportlich betätigen wollen, greifen auf die vielerorts angebotenen After-Work-Skitouren auf beleuchteten Pisten zurück.
Die erhöhte und andersartige Frequenz der Pisten führt aber auch zu Spannungen – zum einen, weil sich Pistenfahrer finanziell benachteiligt sehen und es andererseits zu Kollisionen kommen kann. Pistenbetreiber leisten hier schon Aufklärungsarbeit. Sie erkennen Pistentouren als eine Chance, wieder mehr Wintersportler in ihre Gebiete zu holen. In den meisten Gebieten gibt es eigens eingerichtete Aufstiegsrouten, die auf Pfaden fern der Piste durch die Natur führen. Einige Skigebiete sind zudem dazu übergegangen, Gebührenmodelle zu implementieren, die Tourengeher zur Kasse bitten.
Der Deutsche Alpenverein hat außerdem Regeln veröffentlicht, die Pistentourer zu mehr Rücksichtnahme veranlassen sollen. Das Aufsteigen soll nur am Pistenrand und auf ausgewiesenen Routen erfolgen, Pistensperrungen müssen beachtet werden, vor allem dann, wenn die Piste am Abend unter Einsatz von Seilwinden präpariert wird oder bei Lawinengefahr.
Solange sich alle an gewisse Spielregeln halten, dürften sich die Konflikte zwischen Tourern, Alpinskifahrern und Skigebietsbetreibern beruhigen. Aber wie steht die Branche dazu – hat das Pistentouren Vorteile für den Sport? Sechs Experten erläutern ihre Einstellung zu Pistentouren – und ob und wie sie die Entwicklung unterstützen.
- Black Diamond: Stephan Hagenbusch, Vice-President of International Sales
- Dynafit: Alexander Nehls, International Marketing Director
- Hagan: Walter Wiesinger, Verkaufsleiter
- Rossignol: Hilmar Bolle, Country Manager
- K2 Sports: Stefan Stankalla, Sales-Manager K2 Skis
- Ortovox: Hendrik Reschke, Head of Communication
Black Diamond Equipment ist ein Hersteller von Kletter-, Ski- und Bergsportausrüstung mit Sitz in Utah, USA. Das Unternehmen wurde 1954 gegründet und unterhält auch globale Niederlassungen in Innsbruck, Österreich, und Zhuhai, China.
Stephan Hagenbusch, Vice-President of International Sales: „Wer sich auf den Pisten für eine 'richtige' Backcountry Tour vorbereitet, muss sich an die Reglements der Piste oder des Betreibers halten. Genauso bei einer Backcountry Tour auf die lokalen Naturschutz und Sicherheitsempfehlungen und Regeln im lokalen Skitourengebiet.“
Dynafit Sports GmbH ist eine Bergsport- und Skitourenspezialist mit Hauptsitz in München. Seit 2003 ist Dynafit Teil der Salewa Gruppe/ Oberalp Group und beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiter.
Alexander Nehls, International Marketing Director: „Ja, wir begrüßen diese Entwicklung sehr. Als erster Anbieter haben wir daher auch seit der Wintersaison 2017/18 ein eigenes Set-up im Portfolio, das speziell für das Pistentourengehen konzipiert ist. Die Skipiste wird nicht mehr nur zum alpinen Skifahren genutzt, sondern auch zum Tourengehen. Der Gemeinschaftsaspekt geht dabei aber nicht verloren, sondern spielt gerade für Hobbysportler weiterhin eine große Rolle. Afterwork-Skitouren mit anschließendem Hüttenabend erfreuen sich sehr großer Beliebtheit.
Neben einem leichten Einstieg in das Skitourengehen bietet die Piste eine Vielzahl weiterer Vorteile. Viele Athleten trainieren auf der Piste. Es ist sicher, da die Lawinengefahr sehr gering ist und es gibt auch eine sehr hohe soziale Komponente, da man zwischendurch auch gemütlich nebeneinander laufen kann.
Wichtig ist dabei aber, dass sich Skigebiete und Tourengeher auf Augenhöhe begegnen und gute, praktikable Lösungen gefunden werden. Die Skigebiete investieren in ihre Pisten und deren Präparierung. Daher sollten auch Pistengeher ihren Anteil leisten, etwa durch Parkplatzgebühren o.ä. Auf dem Pitztal Gletscher Skigebiet gibt es zum Beispiel seit Kurzem einen Skitourenpark mit drei permanenten Aufstiegsrouten. Um diesen nutzen zu können, kauft man sich eine Gletscherbahnfahrt."
Der Wintersportartikelhersteller Hagan entwickelt und vertreibt Tourenski, Bindungen sowie Zubehör. Firmenstandort des Familienunternehmens ist Antiesenhofen in Oberösterreich.
Walter Wiesinger, Verkaufsleiter: „Grundsätzlich begrüßen wir diese Entwicklung. Wir glauben auch, dass ein Großteil der Pistengeher bereit ist, eine faire Gebühr zu bezahlen. Da sie die Infrastruktur (Parkplatz, präparierte Piste, Lawinen sichere Piste,…) in Anspruch nehmen. Vor allem aber sehen wir das auch als Chance für Skigebiete, eine neue Zielgruppe zu erreichen. Denn hier sehen wir einerseits den Trend, dass mehr Frauen und jüngere mit dem Pistentouren starten, aber auch die 60+ Genussgeher.“
Das Unternehmen Rossignol ist ein Ski- und Snowboardspezialist mit Sitz im französischen Saint-Jean-de-Moirans. 2005 schloss sich das 1907 gegründete Unternehmen mit Quiksilver Inc. zusammen. Seinen deutschen Sitz hat Rossignol in Saarbrücken.
Hilmar Bolle, Country Manager: „Wir begrüßen sowohl eigens eingerichtete Routen für Tourengeher wie auch gut durchdachte Gebührenmodelle. Ein Skitourengeher nutzt das Skigebiet und seine Infrastruktur aktiv. Vom Parkplatz bis hin zu der Pistenpräparierung greift er auf die Angebote der Skigebietsbetreiber zurück. Unserer Meinung nach soll daher auch der Pistentourengeher seinen Beitrag hierfür leisten.“
K2 Sports ist ein im Jahre 1961 als K2 Inc. auf Vashon Island, nahe Seattle, USA, gegründetes Unternehmen, welches Ski, Inline-Skates, Snowboards und Mountainbikes herstellt. K2 Skis ist Gesamtanbieter für den Alpinsport- und Tourenbereich.
Stefan Stankalla, Sales-Manager K2 Skis: „Wir finden es gut, wenn Tourengehern die Möglichkeit geboten wird, auch auf bzw. neben der Piste sicher zu gehen. Gerade Anfänger sollten erstmal mit dem Material und den Begebenheiten vertraut werden und können nicht gleich im freien Gelände losstarten. Wichtig ist hier aber eine Kanalisierung mit z.B. vorgegebenen Aufstiegsspuren, Tourenabenden, etc., und dass von beiden Seiten – Skigebiete und Tourengeher – Verständnis für die Notwendigkeit von Regeln nötig ist, um eine gemeinsames und friedliches Miteinander zu ermöglichen.“
Die ORTOVOX Sportartikel GmbH hat sich auf Bergsport spezialisiert und produziert LVS-Geräte, Rucksäcke, Lawinennotfallausrüstung und Sportbekleidung aus Merinowolle und Schweizer Wolle. Das Unternehmen beschäftigt 45 Mitarbeiter und hat seinen Sitz in Taufkirchen bei München.
Hendrik Reschke, Head of Communication: „In meinen Augen ist es gerechtfertigt, Gebühren für Pistentourer zu erheben, solange auch eine entsprechende Infrastruktur bereitgestellt wird. Dazu gehören deutlich abgegrenzte und markierte Aufstiegsrouten, die ebenfalls beschneit sind sowie Pistenskifahrer und Tourengeher vor Unfällen schützen. Ohne derartige Einrichtungen einfach nur die Hand aufzuhalten, halte ich für zu wenig, da fehlt vielen Tourengehern einfach das Verständnis, für etwas zu zahlen, das gestern noch selbstverständlich war.
Generell erwarten wir, dass v.a. das Skitourengehen auf präparierten Pisten weiter zunimmt. Was früher die abendliche Joggingrunde war, wird zunehmend die Spritztour auf der Piste, auch bei Nacht. Auch erwarten wir, dass unsere Kunden immer diverser werden. Heute Skitour, morgen Freeriden, übermorgen Piste. Dementsprechend werden wohl mehr Produkte fortan dem Multiuse-Gedanken entsprechen.“
- Sports BusinessZwischen Powder und Prinzipien: Skitouren mit Mehrwert
- SportsTechStatus Quo: Snowboard Step-In-Bindungen
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