Der Trend im Skitourengehen ist langanhaltend: Ein Ende ist nicht in Sicht. Denn immer mehr Skisportler zieht es von der Piste ins Gelände. Das Skitourengehen ist aber keine neue Disziplin. Bereits in den Anfängen des Skisports im 19. Jahrhundert nutzten Skipioniere wie Karl Otto Tourenski, um Berge zu besteigen und später auch Skigebiete zu erschließen. Mit Aufnahme des Skibetriebs und dem Einsetzen des Skisports als Massenphänomen in den 1950er Jahren blieb das Tourengehen eher etwas für hartgesottene Alpinisten.
Ein Wandel hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten bemerkbar gemacht. Der Deutsche Alpenverein schätzt, dass allein in Deutschland 300.000 potentielle Skitourengeher registriert sind, in Österreich sind in etwa 500.000 Skitourengeher aktiv. Dass sich das Skitourengehen einer solchen Beliebtheit erfreut, hat der Sport auch seiner Vielseitigkeit zu verdanken.
Biker, Schwimmer und Läufer nutzen Skitouren als Ausgleichssport im Winter, Wanderer als Alternative, um auch im Winter in den Bergen unterwegs zu sein und Alpinisten dazu, winterliche Besteigungen in extremem Gelände zu absolvieren. Unternehmungen reichen von einfachen Pistentouren, über Bergbesteigungen bis hin zu Skidurchquerungen mit Hüttenübernachtungen.
Die Skiindustrie hat sich auf diesen Trend entsprechend eingestellt. Tourengeher legen vor allem Wert auf leichte und funktionelle Produkte, weil der Aufstieg körperlich sehr fordernd ist und die Abfahrt nicht mit unnötigem Ballast erschwert werden soll.
Aber auch das Thema Sicherheit erfährt sehr viel Aufmerksamkeit, weil die Gefahrenlage im ungesicherten Gelände nicht unterschätzt werden darf. Das Risikobewusstsein der Wintersportler hat sich dank der Weiterentwicklungen im Bereich Lawinennotfall-Ausrüstung und einem breiten Ausbildungsprogramm, teils von Unternehmen aber vor allem vom Alpenverein initiiert, gesteigert.
Aber lässt sich dieser Trend auch als eine Gegenbewegung zum regulären Skibetrieb auf der Piste begreifen – oder verlaufen die Entwicklungen parallel? Eines ist sicher: Das Interesse der Sportler am Skitourengehen wird eher weiter zunehmen, als abnehmen. ISPO.com hat die Branchenexperten führender Wintersportmarken gefragt, welche Entwicklungen und Trends sich im Sektor Skitouren abzeichnen. Spannende Einblicke liefern:
- Black Diamond: Stephan Hagenbusch, Vice-President of International Sales
- Dynafit: Alexander Nehls, International Marketing Director
- Fischer: Franz Föttinger, CEO
- Hagan: Walter Wiesinger, Verkaufsleiter
- Rossignol: Hilmar Bolle, Country Manager
- K2 Sports: Stefan Stankalla, Sales-Manager K2 Skis
- Mammut: Valentin Strohmaier, PR
- Ortovox: Hendrik Reschke, Head of Communication
- ABS: Michael Vogt, Marketingleiter
Black Diamond Equipment ist ein Hersteller von Kletter-, Ski- und Bergsportausrüstung mit Sitz in Utah, USA. Das Unternehmen wurde 1954 gegründet und unterhält auch globale Niederlassungen in Innsbruck, Österreich, und Zhuhai, China.
Stephan Hagenbusch, Vice-President of International Sales: „Als Marke, dessen Employees genauso Kletterer und Skifahrer sind, sind uns derartige Trends im Sport bewusst. Für uns ist es wichtig, für diese Zielgruppe die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um auf Trends reagieren zu können und diesen voraus zu sein. Besonders beim Skifahren lag unser Fokus immer darauf, multifunktionale Bekleidung zu entwickeln und dem Konsumenten die Tür offen zu lassen, ob diese auf der Piste oder im Backcountry eingesetzt wird. Das Touren- und Backcountrysegment liegt bei Black Diamond schon immer im Fokus.“
Dynafit Sports GmbH ist eine Bergsport- und Skitourenspezialist mit Hauptsitz in München. Seit 2003 ist Dynafit Teil der Salewa Gruppe/ Oberalp Group und beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiter.
Alexander Nehls, International Marketing Director: „Der Skisport ist in den letzten Jahren variantenreicher geworden. Von einer stärkeren Individualisierung würde ich in diesem Zusammenhang jedoch nicht unbedingt sprechen. Der Skisport und der Wintersport im Allgemeinen verändern sich. Neues Equipment und neue Technologien kommen auf den Markt. Viele Wintersportler lassen sich nicht auf eine einzige Disziplin festlegen. Alpines Skifahren ist nicht unser Metier. Dynafit ist im breiten Feld des Skisports als reine Skitourenmarke positioniert - und das nicht erst seit gestern.“
Die Fischer Sports GmbH stellt Artikel für den alpinen und nordischen Skisport her. Die Firmenzentrale befindet sich in Ried im Innkreis, wo das Unternehmen mehr als 450 Mitarbeiter beschäftigt.
Franz Föttinger, CEO: „Der Pistenskilauf in allen Facetten wird bleiben und bildet auch künftig das Grundgerüst. Individualisierung okay, aber nicht als Ersatz für den Skisport als Massensport. Die Aussage, dass der sportliche Aspekt fehlt, trifft unseres Erachtens nur auf eine kleine Gruppe an Skifahrern zu. Wir erzeugen Ski, Schuhe, Bindungen und Stöcke für alle Zielgruppen und Facetten des Skisports.“
Der Wintersportartikelhersteller Hagan entwickelt und vertreibt Tourenski, Bindungen sowie Zubehör. Firmenstandort des Familienunternehmens ist Antiesenhofen in Oberösterreich.
Walter Wiesinger, Verkaufsleiter: „Der Skisport ist im Wandel, denn auch hier wird immer mehr das individuelle Erlebnis in der Natur und im Schnee gesucht. Dennoch hält der Trend vom Massensport – vom klassischen Alpinskisport mit allen seinen Facetten – noch weiter an.
Das schwankende Klima stellt eine große Herausforderung für die Unternehmen dar, vor allem für Spezialisten wie uns, da wir nur im Tourensegement Zuhause sind und somit noch mehr vom Naturschnee abhängig sind. Eine Möglichkeit ist, sich breiter aufzustellen – wie es einige Mitbewerber auch machen – und zum Beispiel auch Textilien und Schuhe anzubieten. Wir setzen auf ein starkes Engagement im Heimatmarkt, sind aber auch global vertreten.“
Das Unternehmen Rossignol ist ein Ski- und Snowboardspezialist mit Sitz im französischen Saint-Jean-de-Moirans. 2005 schloss sich das 1907 gegründete Unternehmen mit Quiksilver Inc. zusammen. Seinen deutschen Sitz hat Rossignol in Saarbrücken.
Hilmar Bolle, Country Manager: "Wir beobachten einen Trend: Viele Ausdauersportler schätzen im Winter das Skitourengehen. Es verbindet den Fitnessgedanken mit dem Naturerlebnis. Gerade die „After Work-Skitouren“ erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Wir bauen das Segment Skitouring konsequent aus und liefern hervorragende Produkte, die volle Leistungsfähigkeit und bestechenden Komfort für die Skitourengeher bieten."
K2 Sports ist ein im Jahre 1961 als K2 Inc. auf Vashon Island, nahe Seattle, USA, gegründetes Unternehmen, welches Ski, Inline-Skates, Snowboards und Mountainbikes herstellt. K2 Skis ist Gesamtanbieter für den Alpinsport- und Tourenbereich.
Stefan Stankalla, Sales-Manager K2 Skis: "Der Skisport bietet viele Facetten und der Anspruch des Kunden an den Sport an sich als auch an das Produkt ist immer im Wandel. Sei es durch äußere Umstände wie Wetter und Schneebedingungen oder auch Trends wie Freeride und Skitouren. Gerade im Skitourenbereich spielt neben dem Erlebnis in der Natur der Fitnessgedanke eine immer größere Rolle, wie man auch an den steigenden Zahlen der Pistenskitourengeher und entsprechender Angebote der Skigebiete sieht.
Wir versuchen entsprechend passende Produkte für eine Vielzahl an Einsatzbereichen und Zielgruppen zu Verfügung zu stellen und auch zu zeigen, dass Skifahren Spaß macht, wenn es länger nicht schneit und man nur auf den Pisten unterwegs sein kann. Jeder perfekte Turn kann ein Lächeln im Gesicht verursachen egal in welchem Terrain! Der diesjährige Winter zeigt uns ja zum Glück, dass auch früh wieder viel Schnee fallen kann.
Wir sind schon sehr lange und auch erfolgreich im Tourenbereich aktiv und werden dieses Thema auch in Zukunft weiter im Fokus haben. Für 2018/19 bringen wir eine komplett neue Tourenkollektion auf den Markt und setzen damit wieder neue Maßstäbe. Man kann gespannt sein!"
Die Mammut Sports Group AG ist ein Schweizer Hersteller von Berg- und Trekkingausrüstung mit Sitz in Seon, Schweiz. Das Unternehmen mit 465 Mitarbeitern wurde 1862 gegründet.
Valentin Strohmaier, PR: „Die Kundenwünsche werden immer vielseitiger und die Technologien immer ausgereifter – es gilt, den richtigen Mix zwischen Angebotsbreite und dem Bedürfnis nach Individualisierung zu finden. Performance ist tief in der DnA von Mammut verwurzelt. Insofern wird bei der Entwicklungsarbeit und Innovationen auch auf die Bedürfnisse von Skitourengängern geachtet. Beim Skitourengehen steht vor allem die Sicherheit und das Gewicht der Ausrüstung im Vordergrund. Die Entwicklung der Produkte macht es dem Skitourengänger heute zum Beispiel komfortabler, das Sicherheits-Equipment mitzuführen.“
Die ORTOVOX Sportartikel GmbH hat sich auf Bergsport spezialisiert und produziert LVS-Geräte, Rucksäcke, Lawinennotfallausrüstung und Sportbekleidung aus Merinowolle und Schweizer Wolle. Das Unternehmen beschäftigt 45 Mitarbeiter und hat seinen Sitz in Taufkirchen bei München.
Hendrik Reschke, Head of Communication: „In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Skitourengeher enorm gesteigert. Was früher nur das Metier einiger weniger ambitionierter Bergsteiger war, hat sich heute im Wintertourismus zum Trendsport etabliert. Besonders in den letzten Jahren hat es immer mehr Menschen ins ungesichterte Gelände gezogen: Powder, Gipfel und steile Hänge statt präparierte Pisten.
Die ABS Protection GmbH entwickelt und produziert seit Mitte der 1980er Jahre Sicherheitsausrüstung für Skitourengeher, Snowboarder und Ski-Freerider. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Grafing bei München. Bis heute wird ausschließlich in Bayern gefertigt.
Michael Vogt, Marketingleiter: „Wie bei vielen anderen Freizeitaktivitäten ist auch im Skisport von einer Demokratisierung des Abenteuers zu sprechen. Auch in Zukunft möchte der Konsument so individuell wie möglich unterwegs sein. Das zeigt sich nicht nur bei den Aktivitäten, sondern auch in der möglichst individuellen Form der Bekleidung.“
Dieser Trend ist aus unserer Perspektive natürlich erfreulich: Die Menschen wollen abseits der Massen aus eigener Kraft den Berg hinauf und einzigartige Momente auf schneebedeckten Gipfeln erleben. Zum anderen steigt damit gleichzeitig das Risiko, welches uns in den Bergen begegnet: Sind Skitourengeher unvorbereitet, ohne richtige Ausrüstung und ohne genügend Know-How im Gelände unterwegs, können schnell Unfälle passieren. Eine richtige LVS-Ausrüstung sowie umfangreiches Wissen auch um das Lawinenrisiko sind abseits der Piste essentiell. Nur so können Lawinenunfälle vermieden und im Notfall Leben gerettet werden.“
- Sports BusinessZwischen Powder und Prinzipien: Skitouren mit Mehrwert
- SportsTechStatus Quo: Snowboard Step-In-Bindungen
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