Wer an die prägendsten Persönlichkeiten der Snowboard-Szene der letzten zehn Jahre denkt, kommt an Jess Kimura nicht vorbei. 2010 ließ die Kanadierin in ihrem allerersten Video-Part und Eröffnungs-Segment des Think Thank Films “Right Brain Left Brain” die Szene grübeln, ob es sich hier tatsächlich um eine Frau auf dem Board handelte. Und als weibliche Snowboarderin ist die heute 37-Jährige eine der einflussreichsten der Szene, vor allem wenn es darum geht, Mädels als Fahrerinnen eine Plattform zu bieten und fürs Snowboarden zu begeistern.
Wer glaubt, der eigene Erfolg sei Jess einfach so zugeflogen, weit gefehlt. Vor ihrem Durchbruch arbeitete sie auf dem Bau, um sich das Snowboarden zu finanzieren. Und wenn etwas an den 10.000 Stunden dran ist, die man in eine Sache stecken muss, um ihrer Meister zu werden, gilt das auf jeden Fall auch für Kimura und das Snowboarden. Über die Jahre sammelte sie nicht nur eine Vielzahl von Auszeichnungen und Awards, sondern auch zahlreiche Verletzungen. Was Jess als Snowboarderin auszeichnet? Kampfgeist, Aufopferung, harte Arbeit und Charakter.
Doch wie das Leben immer wieder auf schmerzliche Weise beweist: Selbst ganz oben ist man nicht vor schlimmen Rückschlägen gefeit. 2012 verlor Jess Kimura ihren Partner tragisch durch einen Unfall. Wie ist die Sportlerin mit diesem Verlust umgegangen und wie hat sie die Trauer überwunden?
Was als persönliches, kleines Video-Projekt für sie selbst gedacht war, wurde mit Unterstützung von The North Face bedeutend größer. Eine Filmcrew hat Jess Kimura auf einem Road-Trip nach Mexiko begleitet. Eine Reise, die sie ursprünglich mit ihrem Partner Mark geplant hatte. Daraus entstand mit Hilfe von Regisseur Ben Knight ein mehrfach preisgekrönter Dokumentar-Kurzfilm, der auf Youtube kostenlos gestreamt werden kann.
Der Film zeigt, wie sie trotz ihrer panischen Angst vor Wasser das Surfen lernt, fast als meditative Form des Selbstausdrucks und der Selbstfindung. Dabei erzählt sie nicht nur offen von ihrem eigenen Umgang mit ihrem Körper, sondern auch über depressive Phasen, ihren Kampf gegen die Depression ebenso wie ihre Suche nach einem Weg ihrer Trauer Ausdruck zu geben.
Auf Film-Festivals und in ihrem Umfeld hat der Film ein wahnsinniges Feedback erfahren. “Dass so viele verschiedene Menschen in irgendeiner Weise damit etwas anfangen konnten, hat mich am meisten überrascht. Ich spreche von kleinen Jungen bis zu 70-jährigen Frauen. Ich habe von vielen Menschen gehört, dass der Film ein Feuer in ihnen entfacht hat, von dem sie nicht wussten, dass es existiert, oder dass sie sich wünschten, sie hätten einen anderen Weg in ihrem Leben eingeschlagen. Der Film hat sie dazu inspiriert, alles zurückzustellen und ihre Träume zu verfolgen”, so erzählt Kimura gegenüber ISPO von den Erfahrungen und Geschichten, die sie in Verbindung mit ihrem Film zurückbekommen hat. Und neben Inspiration sein Leben neu zu ordnen, kann auch jeder, der irgendwann einmal jemand verloren hat, sich mit dem Film identifizieren.
“Und natürlich hörte ich von denen, die jemanden verloren hatten, den sie liebten, und damit zu kämpfen hatten. Als ich an meinem Tiefpunkt angelangt war, gab es mir die Kraft, weiterzumachen, wenn ich Geschichten von Menschen hörte, die dasselbe durchgemacht hatten. Es ist schwer, sich in dieser Situation nicht völlig allein zu fühlen, vor allem wenn man das Gefühl hat, dass die andere Hälfte von einem selbst fehlt.”
Neben ihren waghalsigen Stunts und ihre Offenheit, was persönliche Probleme anbelangt, stellt sich die Frage, ob Jess Kimura überhaupt vor irgendetwas Angst hat. Sie erklärt das wie folgt: “Ich glaube, bevor das mit Mark passiert ist, hätte ich vielleicht Angst gehabt. Aber das durchzustehen hat für mich Mut und Furchtlosigkeit neu definiert. Ich habe erkannt, dass echte Stärke darin besteht, sich der Reise zu stellen, die uns vorgegeben ist. Den guten und schlechten Seiten. Ich hatte auch das Gefühl, dass mir das Schlimmste bereits passiert war. Wenn es also anderen Menschen helfen könnte, dass ich offen bin und meine Geschichte erzähle, warum sollte ich es nicht tun?”
Sie zeigt damit auch, was sie als Persönlichkeit so facettenreich und nahbar macht und ihr auch eine so große Fanbase beschert. Zwar fordert ihre Form sich körperlich auszudrücken zwar vieles ab, genauso lebt sie fürs Snowboarding, das viel mehr ist als nur ein Sport für sie. Denn sie entwickelt diesen weiter, engagiert sich über Grassroots-Events, produzierte “The Uninvited - An All Girls Snowboard Movie”, einen Film nur mit weiblichen Fahrerinnen, in dem sie auch jungen Talenten eine Bühne gibt sich zu präsentieren. Das zwei Jahresprojekt des ersten Films finanzierte sie auf eigene Kosten. Bei den weiteren beiden Teilen waren dann auch ihre Sponsoren an Bord.
Auf die Frage, ob sie unter anderen Umständen ebenso hartnäckig versucht hätte Surfen zu lernen, antwortet Kimura, dass sie es wahrscheinlich nicht mal versucht hätte. Durch ihre Erfahrungen und ihren Trip hat sie aber mittlerweile einen ganz anderen Zugang zum Surfen und zu sich selbst gefunden. “Es ist das Heilsamste, Erstaunlichste, Spirituellste und Erfüllendste, was ich je erlebt habe. Abgesehen von meiner Beziehung zu Mark.” Abschließendes Fazit: inspirierender, kraftvoller und mutiger Film über den Umgang mit Schmerz und dem Kampf um sich dabei nicht selbst zu verlieren.
Den ganzen Film “Learning to Drown” über Pro-Snowboarderin Jess Kimura gibt es kostenlos auf dem Youtube Kanal von The North Face zu schauen:
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